Als “führender Welt-Staatsmann“ sprach Gerhard Schröder an der Trinity-Universität. Die Honorar-Höhe blieb im Dunkeln.

San Antonio. Nein, ums Geld gehe es dem früheren SPD-Chef nicht. Versichert jedenfalls Rainer Münzel, der deutsche Generalkonsul in Houston, der Gerhard Schröder bei seiner Premiere als bezahlter Redner im US-Bundesstaat Texas als diplomatische Rückendeckung begleitet. "Eineinhalb Jahre ist die Universität ihm hinterhergelaufen, denn man wollte einen Dozenten vom Kaliber eines Jacques Chirac oder George Bush senior haben."

Wie viel er für den Auftritt bekomme? Niemand, auch Münzel nicht, will es wissen, niemand will es sagen. Auch die Vertreter der legendären New Yorker Redner-Makleragentur Harry Walker geben sich stumm: Mehrere Anfragen bleiben unbeantwortet. Denn Diskretion gehört zum lukrativen Geschäft mit dem gesprochenen Prominenten-Wort. Und so bleiben am Ende nur Schätzungen: Zwischen 80 000 und 100 000 Dollar, so Branchenkenner, werde wohl Gerhard Schröder für seinen ersten Vortrag in den USA bekommen. Er trägt den Titel "Multilateralismus im neuen Jahrtausend".

Jetzt, kurz vor 21 Uhr, steht "der führende Welt-Staatsmann" nach beendeter Rede vor einem gewaltigen Gobelin in der "Great Hall" der Trinity-Universität. Und die Schar jener Ehrengäste und lokaler Honoratioren aus San Antonio, die zum Händeschütteln und schnellen Erinnerungsfoto anstehen, will zum Leidwesen der Sicherheitsbeamten kein Ende nehmen. Das Käse- und Obst-Büfett bleibt unbeachtet, der eindeutige Star des Abends ist im Blitzlichtgewitter Gerhard Schröder. Und der genießt trotz Jetlag sichtlich die Komplimente. "Die Leute sind so freundlich hier."

Das gut 2700 Menschen fassende Auditorium ist gut gefüllt, der Applaus ist stark und scheint von Herzen zu kommen. Der Universitätsvertreter lobt Schröder zunächst als "den Ersten einer Generation dynamischer Führer", der schier Unglaubliches geleistet habe: "Er hat in sieben Jahren mehr für sein Land mit Reformen getan als andere in Jahrzehnten. Und er hat seit seinem Abschied als Bundeskanzler Englisch gelernt."

Schröders Vortrag ist ein Parforceritt durch das Geläuf aktueller Politik - und Schröder macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. In den ersten Reihe sitzen die zumeist etwas betagten "donors". Also jene, die mit ihren Spenden den Auftritt des Deutschen und den 36-Stunden-Kurztrip in die USA, First-Class-Ticket der Lufthansa inklusive, möglich gemacht haben. Sie hören, dass der Redner in Sachen Klimaschutz Präsident George W. Bush wegen der Nichtunterzeichnung der Kyoto-Protokolle abmahnt - und radikale neue Schritte fordert.

Sie vernehmen, dass der Mann am Pult daran erinnert, dass er gegen den Irak-Krieg gewesen sei ("das wissen Sie ja alle") - und nun für eine "sensible Abzugsstrategie" plädiert, die den Dialog mit allen Nachbarstaaten - auch Syrien und dem Iran - einschließen müsse. Was, ausgerechnet in Texas, einen weiteren Giftpfeil in Richtung Bush darstellt.

Und sie bekommen die Schröder-These mit auf den Weg, dass regionale Kooperation die wichtigste Voraussetzung für Frieden und Wohlstand sei. "Diese Lektion haben wir in Europa gelernt", doziert er und erntet bei der anschließende Frage- und Antwort-Runde mit dem Publikum gleich ein dickes Lob. "Ich stimme 98 Prozent von dem, was Sie gesagt haben, zu", schmeichelt ihm ein Zuhörer. Worauf Schröder schlagfertig kontert: "Das ist ein höherer Prozentsatz als jener, den ich zuletzt in Deutschland hatte." Wieder hat der Gast aus Deutschland die Lacher auf seiner Seite. Und ist in seinem Element: lehnt sich locker auf das Stehpult, genießt den Dialog mit der Menge.

Wie schon vor seiner Rede bei einer Diskussion mit ausgewählten Studenten. Sogar zur Gesundheitsreform in Deutschland habe man ihn befragt, lobt Schröder später die gut informierte amerikanische Jugend. Und zur Zukunft der Großen Koalition in Berlin habe man wissen wollen, ob sie halten werde. "Na klar", habe er geantwortet.