Washington. Bei Amazon.com und in den großen US-Buchläden türmen sich die Bestellungen für die mit Spannung erwarteten Memoiren des ehemaligen CIA-Chefs George Tenet. "At the Center of the Storm" (Im Zentrum des Sturmes") heißt das Buch, und laut Ankündigung soll es ab 6. Februar in den USA im Handel erhältlich sein. Auch wenn Tenets Verleger noch an diesem Datum festhält, dürften sich die Lebenserinnerungen dann wohl nicht in den Regalen der Buchläden finden, sondern noch im Weißen Haus.

Dorthin nämlich haben Buchprüfer der CIA-Geheimdienstzentrale in Langley (Virginia) das Werk ihres ehemaligen Chefs "zur weiteren Beobachtung" geschickt. Offiziell soll kontrolliert werden, "ob nicht geheime Informationen in dem Manuskript stehen", so CIA-Sprecher Mark Mansfield. Im Weißen Haus ist es jedoch kein Geheimnis, dass der wahre Grund der Prüfung in "extrem kritischen Passagen über Präsident Bush" (so ein enger Berater von George W. Bush) liegt.

Sowohl im Weißen Haus als auch bei der CIA bezeichnet man den Vorgang offiziell als "Routine". Insider wissen jedoch, dass es keineswegs normal ist, dass von der CIA geprüfte Bücher auch vom Präsidenten noch das Okay bekommen. Es ist lediglich gesetzlich vorgeschrieben, dass alle Mitarbeiter oder ehemaligen Angestellten der CIA, die Bücher veröffentlichen wollen, die sich mit dem wichtigsten Geheimdienst der USA auseinandersetzen, diese vorher in Langley vorlegen müssen: um sicherzustellen, dass nicht Staatsgeheimnisse ausgeplaudert werden.

Washington wartet gespannt auf Enthüllungen und Einzelheiten über Entscheidungen, die letztendlich zum Militärschlag gegen Irak führten. Tenet war ein Befürworter der Invasion und versicherte Bush angeblich, dass es keinen Zweifel daran geben könne, dass Saddam Hussein über Massenvernichtungswaffen verfüge - obwohl keine gefunden wurden.

Man ist im Weißen Haus und bei der CIA jedoch nicht nur über die Ergüsse Tenets wenig begeistert, sondern auch von denen Valerie Plames. Die ehemalige Undercover-Agentin der CIA, deren Tarnung durch Mitarbeiter aus dem Umfeld von Bush aufflog, möchte auch ihre Geschichte erzählen. Lewis Libby, Ex-Generalstabschef von US-Vize-Präsident Dick Cheney, wird sich in dieser Sache vor Gericht verantworten müssen. Anders als bei Tenet soll das Plame-Manuskript jedoch weder ans Weiße Haus noch an die Autorin zurückgeschickt werden, sondern in einem Schredder landen. Offizielle Begründung: "CIA-Undercover-Agenten dürfen grundsätzlich keine Bücher veröffentlichen - da sie offiziell gar nicht existieren."