Moskau/Minsk. Zwischen Wladimir Putin (54) und Alexander Lukaschenko (52) ist "eine Katze durchgelaufen", wie ein russisches Sprichwort sagt - und damit die tiefe Verstimmung zwischen den Präsidenten von Russland und Weißrussland deutlich macht.

Dass die USA ihn den letzten Diktator Europas genannt und zum Paria erklärt haben, hat Lukaschenko leichten Herzens verschmerzt. Dass die Europäer Einreiseverbote für ihn und weitere Drahtzieher der Fälschungen bei der Präsidentenwahl im März 2006 verhängten, tat er als undemokratische Handlung ab. Aber dass Putin ihn jetzt schmäht, schmerzt Lukaschenko.

Vorher hatte der Kremlchef, damals noch Finanzier des weißrussischen Wirtschaftswachstums, Lukaschenko beim Thema Wahlen Absolution erteilt und den Urnengang als demokratisch bezeichnet. Damals war die einvernehmliche Schaffung einer russisch-weißrussischen Union, vereinbart vom Putin-Vorgänger Boris Jelzin in den Neunzigerjahren, noch Ziel der Kremlpolitik.

Nun hat sich der Wind gedreht. Moskau will den anmaßenden Herrscher in Minsk nicht mehr mit niedrigen Tarifen für Gas und Öl subventionieren. Zumal die ursprünglich auch von Putin gewollte Union stockt. Hauptgrund: Lukaschenko meint, er könnte mit Putin auf Augenhöhe verhandeln und eine gleichberechtigte Fusion beider Staaten durchsetzen. Dem hatte Putin allerdings schon 2004 eine Absage erteilt. Weißrussland könne sich als 89. Provinz an Russland anschließen, ließ er den daraufhin wutschnaubenden Lukaschenko wissen.

Jetzt, so glaubt die Politikwissenschaftlerin Tatjana Stanowaja, will Russland über die Anhebung der Rohstoffpreise die Annahme einer Unionsverfassung von Lukaschenko erpressen, die ihn entmachten würde. Es geht um die Einführung des gemeinsamen Rubels und einen Passus in der Verfassung, wonach das Amt des Oberhauptes der Union direkt wählbar ist. Damit wäre Lukaschenko chancenlos. In Russland leben 143 Millionen, in Weißrussland zehn Millionen Menschen.

Zweites Planspiel laut Stanowaja: Gasprom will den weißrussischen Pipeline-Betreiber Beltransgas übernehmen. Gelingt dieses, dann wäre es mit der weißrussischen Eigenständigkeit nach Lukaschenkos Art ebenfalls vorbei - Moskau säße endgültig an allen Schalthebeln der Rohstoffmacht.

Eine europäische Option oder Hilfe aus dem Westen gibt es für Lukaschenko nicht. Dafür müsste er demokratischen Reformen zustimmen. Und die scheut er wie der Teufel das Weihwasser.