Hamburg. Mit Entschiedenheit hat die Bundesregierung am Freitag Vorwürfe zurückgewiesen, durch unterlassene Hilfeleistung der Bundeswehr seien in Afghanistan zwölf kanadische Soldaten bei Gefechten mit den radikal-islamischen Taliban ums Leben gekommen. "Ein entsprechender Bericht der ,Frankfurter Allgemeinen Zeitung' entbehrt jeder Grundlage", betonte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums gegenüber dem Abendblatt. Die FAZ hatte den FDP-Bundestagsabgeordneten Rainer Stinner zitiert, der über große Verärgerung eines britischen Abgeordneten auf der Nato-Parlamentarierversammlung im kanadischen Quebec berichtet habe.

Der Brite habe erzählt, während der "Operation Medusa" im Sommer habe ein Kommandeur der Stabilisierungstruppe Isaf 150 Mann Kampftruppen angefordert, weil eine kanadische Einheit im Kampf mit den Taliban in schwere Bedrängnis geraten sei. Der Führer des deutschen Isaf-Kontingents habe geantwortet, er habe zwar die Truppen, aber keine Einsatzerlaubnis aus Berlin.

Wie das Verteidigungsministerium in Bonn dazu mitteilte, hat der damalige Kontingentführer, Brigadegeneral Markus Kneip, klar versichert, dass es eine derartige Anfrage nie gegeben hat.

Vor allem Amerikaner, Kanadier und Briten wollen, dass deutsche Kampftruppen im Süden Afghanistans gegen die Taliban antreten, anstatt im ruhigen Norden zu sitzen. Die Bundesregierung lehnt dies ab. "Ist das Leben eines deutschen Soldaten mehr wert als das eines Kanadiers?", fragte die Zeitung "The Gazette" aus Montreal provozierend und rechnete vor, in diesem Jahr sei erst einer der 3000 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan gefallen, aber 34 von 2500 Kanadiern.

"The Gazette" zitiert den Hamburger dpa-Kriegsfotografen Maurizio Gambarini, der früher Mitglied der elitären Bundeswehreinheit der Fernspäher war: "Die Deutschen sehen ihre Soldaten eher als Sozialarbeiter mit Waffen. Sie haben nicht Angst vor toten Deutschen. Sondern davor, dass deutsche Soldaten andere töten. Die Deutschen sind der Ansicht, dass sie im vergangenen Jahrhundert genug getötet haben." Gambarini bestätigte dem Abendblatt am Freitag, dass er dies dem "Gazette"-Korrespondenten Matthew Fisher, mit dem er früher in einer Einheit gedient habe, gesagt habe.

Der "Spiegel" hatte jüngst US- Vertreter mit der Forderung zitiert, die Deutschen müssten wieder "lernen zu töten". Seit 2002 hat die Bundeswehr in Afghanistan 18 Soldaten verloren.

Experten glauben indes, die Verärgerung der Alliierten komme daher, dass die Deutschen den Norden mit sehr geschicktem Vorgehen ruhig hielten, während vor allem Amerikaner und Briten ihre Einsätze im Süden falsch geplant hätten. So fährt die Bundeswehr ihre Patrouillen zusammen mit afghanischen Truppen und Polizisten, um zu demonstrieren, dass sie nicht als Besatzer dort ist. Zudem wird der Flugplatz von Masar-i-Scharif von den Deutschen zu einem Luftkreuz ausgebaut, das auch den Afghanen zur Verfügung steht. "Die Menschen sehen natürlich, was wir für sie tun", hieß es auf der Hardthöhe.