Doch keine Einzelfälle? Kabul fordert von Berlin Konsequenzen. Bundesregierung verstärkt Schutz der deutschen Botschaften.

Berlin/Kabul. Der Skandal um die Fotos von mutmaßlichen Totenschändungen durch deutsche Soldaten in Afghanistan weitet sich aus. Der Fernsehsender RTL veröffentlichte gestern Fotos, die erneut deutsche Soldaten in Afghanistan in obszön-geschmacklosen Posen mit einem Totenschädel zeigen. Die Regierung in Kabul reagierte mit Entsetzen auf die Bilder.

Die neuen Aufnahmen zeigen als Kennung den 11. März 2004 und sind demnach jüngeren Datums als die bislang veröffentlichten Fotos aus dem Frühjahr 2003. Auf einem Bild ist zu sehen, wie ein Unteroffizier einen Schädel küsst, der auf dem Bizeps seines linken Oberarms liegt. Auf einem anderen Foto posiert ein Soldat vor einem Jeep der Isaf, auf dessen Motorhaube ebenfalls ein Totenschädel liegt. Das Verteidigungsministerium sprach von "weiteren Einzelfällen". Die Grünen behaupten dagegen, es existierten "Hunderte" ähnlicher Fotos.

Die Regierung in Kabul verurteilte die Totenschändung als Verstoß "gegen islamische Werte und afghanische Traditionen" und forderte Konsequenzen. Berlin müsse die Schuldigen zur Rechenschaft ziehen und sicherstellen, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholten. Gewalttätige Proteste in der islamischen Welt wurden vorerst nicht bekannt.

Dennoch wies das Auswärtige Amt seine Botschaften im Nahen und Mittleren Osten zu besonderer Vorsicht an. Die Sicherheitsvorkehrungen sollten verstärkt werden. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagte, wer sich so verhalte wie die Soldaten auf den Fotos, habe in der Bundeswehr keinen Platz. Alle sechs Beteiligten der ersten Tat wurden ermittelt.