BAGDAD. Bürgerkrieg oder sogar die Spaltung des Landes - zu dieser pessimistischen Einschätzung kommt der scheidende britische Botschafter im Irak, William Patey. "Die Aussicht auf einen Bürgerkrieg mit einer geringen Intensität und eine faktische Teilung des Irak sind derzeit wahrscheinlicher als ein erfolgreicher Übergang zu einer stabilen Demokratie", schrieb der Botschafter in seinem letzten Bericht, den BBC gestern in Auszügen verbreitete.

Pateys Beurteilung fällt damit weitaus pessimistischer aus als die bislang von Großbritannien vertretene offizielle Position zur Lage im Irak. Der Diplomat steht mit seiner Auffassung nicht allein. Sie wird vor allem von irakischen Politikern geteilt. So äußerte ein führender Behördenvertreter, der Irak als politisches Projekt sei am Ende, und es werde schon an einer Aufteilung des Landes entlang der religiösen und ethnischen Grenzen gearbeitet.

Und auch die nicht abreißende Serie von Bombenanschlägen scheint die düsteren Prognosen zu bestätigen. So wurden bei einem nächtlichen Angriff auf einen Kontrollposten an der Straße nach Kut im Süden Bagdads 14 Menschen getötet. Nicht weit entfernt töteten irakische Polizisten und Militärs bei einem gemeinsamen Einsatz 15 Aufständische. Bei einem Bombenanschlag in einem Geschäftsviertel im Zentrum der Hauptstadt starben mindestens 12 Menschen, etwa 30 weitere wurden verletzt.

Auch immer mehr Journalisten werden Opfer der Gewalt im Irak. So rief die Organisation Reporter ohne Grenzen nach dem Tod zweier weiterer Journalisten in den letzten Tagen zum besseren Schutz der Medienvertreter auf. Seit Beginn der US-Offensive seien bereits 100 Journalisten und Assistenten getötet worden. Kein bewaffneter Konflikt seit dem Zweiten Weltkrieg habe so viele Opfer unter Journalisten gefordert.