Bürgermeisterwahl: Der Box-Weltmeister geht mit geringen Chancen in sein Polit-Debüt

Kiew. Wenn Vitali Klitschko (34) in Kiew Wahlkampf macht, zählen Autogramme mehr als Programme. Menschen umringen den Riesen und wollen eine Unterschrift. "Ich werde Bürgermeister von Kiew", verkündet der ehemalige Boxweltmeister, den sein grenzenloses Selbstvertrauen im Sport ganz nach oben brachte.

Eine erste Ahnung von den politischen Klitschkos erhielt die Welt bei der "Orangenen Revolution" im Winter 2004/2005. Vitali Klitschko und sein jüngerer Bruder Wladimir traten bei Demonstrationen offen für den damaligen Oppositionsführer und heutigen Präsidenten Viktor Juschtschenko ein.

Beim zweimaligen Weltmeister Vitali, der bis 2004 vom Hamburger Boxstall Universum gemanagt wurde, erzwang nach 37 Profikämpfen mit 35 Siegen im November 2005 eine Dauerverletzung das Ende der Karriere. Doch statt des Sportmanagements wählte der promovierte Sportwissenschaftler mit dem Spitznamen "Dr. Faust" die ukrainische Politik als nächste Laufbahn.

Da Wahlen keinen K.o.-Sieg kennen, muß Klitschko bis zur Abstimmung am kommenden Sonntag punkten. Er versucht das mit dem Image der Weltläufigkeit, Unverbrauchtheit und Ehrlichkeit. Als empfindliche Stelle des amtierenden Bürgermeisters Omeltschenkos hat er die Korruption ausgemacht. "Die Korruption hat sich in der Kiewer Verwaltung bis hinauf in die Spitze breitgemacht", schlägt er verbal zu. Klitschko selbst will aus der Metropole am Dnjepr die "angenehmste Stadt in Mittel- und Osteuropa" machen. "Junge, erfolgreiche Leute wie er sollten das Land in die Hand nehmen", sagt der Arzt Pawel Kolomojzew, der mit Frau und Tochter einen Klitschko-Auftritt beobachtet. "Leider ist er allein unter so vielen schlechten Menschen", meint die Studentin Wika Butschaksipskaja. "Er ist auf jeden Fall besser als Omeltschenko."

Dieser galt bislang als politischer Ziehvater Klitschkos und hat den Boxer nun zum Gegner. Korruptionsvorwürfe hin oder her - in den zehn Jahren unter Omeltschenkos Führung hat sich die Drei-Millionen-Stadt deutlich entwickelt. In der "Orangenen Revolution" stand der Bürgermeister den Demonstranten bei, die Amtsgebäude als Wärmehallen nutzen durften. In Umfragen liegt Omeltschenko mit 36 Prozent weit vor Klitschko (15).

Doch Klitschko hat am 26. März noch ein Eisen im Feuer. Parallel wird ein neues ukrainisches Parlament gewählt, und Klitschko führt die Liste von "Pora" (Jetzt) an. Aus der Bewegung jugendlicher Revolutionsprofis, dem harten Kern der Juschtschenko-Unterstützer, ist eine Partei geworden. Das Bündnis Pora-PRP könnte es mit Glück ins Parlament schaffen.