Generalsekretär Annan auf einen weltumspannenden Konsens im Kampf gegen den Terror - vergebens

Hamburg. Vor knapp einem Jahr enthüllten zwei leitende Redakteure der weltumspannenden Nachrichtenagentur Reuters in der "New York Times", daß Reuters in seiner Berichterstattung niemals das "T-Wort" benutze - "Terrorist" also. Man spreche lieber von "Militanten" . . ., "denn Terror ist ein emotionaler Begriff . . . Was des einen Terrorist, ist des anderen Freiheitskämpfer."

Ist es also nur eine Frage des Blickwinkels, ob das Legen von Bomben eine bestialische oder noble Tat ist? Verteidiger dieser zweischneidigen Definition verweisen auf unterdrückte Völker, die sich anders als mit Gewalt nicht zu helfen wüßten. Die Kurden etwa oder die Palästinenser.

Historisch ist der Begriff Terror keine Erfindung der Neuzeit. Im Mittelalter wurde das Zeigen der Folterwerkzeuge "Territio" genannt, "Schreckung". Denn der lateinische Kern des Wortes Terror - "terrere" - bedeutet "in Schrecken versetzen". Der düstere englische Philosoph Thomas Hobbes sprach im 17. Jahrhundert vom notwendigen "Terror der gesetzlichen Bestrafung". Und als sich in der Französischen Revolution das Bett der Madame Guillotine mit dem Blut Unschuldiger füllte, war "le terreur" ab 1793 offizielles Regierungsinstrument des Chef-Jakobiners Robespierre.

Auch die äußerst unterschiedliche Definition des Terrors bis an die Schmerzgrenze ist kein modernes Phänomen: So bezeichnete der schneidige deutsche Historiker Heinrich von Treitschke die Streiks von Sozialdemokraten als "Terror", verteidigte aber 1897 die Terrormaßnahmen der Briten in Indien, bei denen die Besatzer Hindus vor Kanonenmündungen banden, als notwendig.

Was unterscheidet also den Terroristen vom Freiheitskämpfer? Der israelische Wissenschaftler und Terror-Forscher Boaz Ganor definiert wie folgt: "Terrorismus ist die beabsichtigte und systematische Anwendung von Gewalt gegen Zivilisten oder zivile Ziele oder die Drohung, diese Gewalt anzuwenden, um politische Ziele zu erreichen."

An dieser Richtschnur kann man sich entlanghangeln, ethisch völlig blütenrein ist sie jedoch nicht. Demnach wären Freiheitskämpfer nämlich jene Iraker, die US-Invasoren in Uniform töten, Terroristen aber jene, die Bomben gegen Zivilisten legen. Und Freiheitskämpfer wären IRA-Rebellen, die nur britische Soldaten ins Visier nehmen, oder Palästinenser, die ausschließlich israelische Soldaten töten. Als damalige Terroristen und heute etablierte Freiheitskämpfer gelten die US-Freischärler im Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten 1775-83 ebenso wie Major Lützows "wilde verwegene Jagd" im Kampf gegen Napoleon 1813.

Der völkerrechtlich nicht legitimierte US-Feldzug im Irak mit seinen Bombardements, denen auch Zivilisten zum Opfer fielen, ist demnach aber kein Terrorismus, da der Tod der Menschen nicht vorsätzlich herbeigeführt wurde.

Es entsteht Unbehagen angesichts des Versuchs, den gewaltsamen Tod von Menschen begrifflich sauber einzuordnen.

Nach anderen Definitionen heißt Terror, die Ordnung einer Gesellschaft, ihre legale Verwaltung und das allgemeine Wohlbefinden durch Drohung und Gewalt zerstören zu wollen. Eine Begriffsbestimmung des Terrors ist anfällig durch subjektive Wahrnehmungen, doch im Kern unterscheidet sich der Terrorist vom Freiheitskämpfer durch die Bereitschaft, den Tod von Zivilisten absichtlich herbeizuführen.