Auch Nationalisten und Ultrareligiöse sollen mit ins Kabinett. Die Gemäßigten wie Kadima und Arbeitspartei geben Netanjahu jedoch weiter einen Korb.

Hamburg/Jerusalem/Brüssel. Der Warnschuss mit dem größten Kaliber kam von der EU, aus Brüssel. Der Chefdiplomat der Union, Javier Solana, sagte Richtung Jerusalem: "Wir sind bereit, normal mit einer israelischen Regierung zusammenzuarbeiten, die die Gespräche fortsetzt und die für eine Zwei-Staaten-Lösung arbeitet. Wenn das nicht der Fall ist - dann wäre es sehr, sehr anders als jetzt."

Mit anderen Worten: Wenn ihr nicht mehr mit den Palästinensern redet, dann reden wir Europäer nicht mehr mit euch.

Das Koalitionsabkommen zwischen dem Likud von Israels designiertem Ministerpräsidenten, dem konservativen Hardliner Benjamin Netanjahu, und der Partei Israel Beitenu des schillernden Rechtsaußen Avigdor Lieberman, hat Europäer wie Amerikaner alarmiert.

Lieberman gilt vielen Beobachtern selbst in Israel als Rassist und Araber-Feind, mit dem ein Friedensabkommen unmöglich wäre. Und mit Israel Beitenu allein kann Netanjahu nicht regieren; es wird erwartet, dass er dazu noch die ultraorthodoxe Schas-Partei, die Vereinigte Thora-Liste und die Ultrarechten von der Nationalen Union und dem Jüdischen Haus mit ins Boot holt. Sie stützen die rechten Siedler in den Palästinensergebieten.

Dann hätte "Bibi" Netanjahu 65 der 120 Sitze in der Knesset und somit eine stabile, allerdings auch äußerst rechte Regierung. Das ist nicht in seinem Sinne, aber weder die bei den Parlamentswahlen furchtbar abgestrafte Arbeitspartei des bisherigen Verteidigungsministers Ehud Barak noch der eigentliche Wahlsieger, die gemäßigte Kadima-Partei von Außenministerin Zipi Livni, wollen derzeit mit Netanjahu und Lieberman regieren.

Spätestens am 3. April muss Netanjahu, der von Staatspräsident Schimon Peres mit der Regierungsbildung beauftragt worden war, weil er dafür einfach bessere Chancen hat als Zipi Livni, sein Kabinett vorstellen.

Lieberman soll das Amt des Außenministers bekommen - was vor allem in der arabischen Welt einige Bestürzung auslöst. Hat der einstige Türsteher doch die Bombardierung des Iran und sogar des ägyptischen Assuan-Staudamms gefordert, sollte Kairo kein Wohlverhalten zeigen. Der in Moldawien geborene Lieberman hat auch verlangt, arabische Knesset-Abgeordnete als "Verräter" hinrichten zu lassen, die mit Israels Feinden Kontakte unterhalten. Arabische Israelis will er einem "Loyalitätstest" unterziehen lassen und jene, die ihn nicht bestehen, verbannen. Unter anderem dies hat ihm den Vorwurf des Rassismus eingetragen. Lieberman bedauert zudem, dass die israelische Armee ihren Einsatz im Gazastreifen beendet hat. Nach seiner Ansicht sollte sie dort vorgehen wie "die russische Armee in Tschetschenien". Allerdings gibt es von Avigdor Lieberman auch die überraschende Äußerung aus jüngster Zeit, er befürworte einen "lebensfähigen Palästinenserstaat". Das wäre ein Indiz dafür, dass Lieberman doch weniger Ultranationalist als vielmehr Populist ist, wie manche Experten meinen.