Der gestern bekannt gewordene Brief des Papstes an die “lieben Mitbrüder im Bischöflichen Dienst“ ist so überraschend und ungewöhnlich wie die umstrittene Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der erzkonservativen Pius-Bruderschaft vor sechs Wochen.

Hamburg/Rom. Der gestern bekannt gewordene Brief des Papstes an die "lieben Mitbrüder im Bischöflichen Dienst" ist so überraschend und ungewöhnlich wie die umstrittene Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der erzkonservativen Pius-Bruderschaft vor sechs Wochen. Denn das Oberhaupt der katholischen Kirche gebraucht gleich zweimal das Wort "Panne" und gesteht damit entscheidende Fehler in der Kommunikation der römischen Kurie ein.

"Eine für mich nicht vorhersehbare Panne bestand darin, dass die Aufhebung der Exkommunikation überlagert wurde von dem Fall Williamson", schreibt der deutsche Papst. Der britische Bischof Richard Williamson hatte in einem Interview den Holocaust geleugnet. "Dass diese Überlagerung zweier gegensätzlicher Vorgänge eingetreten ist und den Frieden zwischen Christen und Juden wie auch den Frieden in der Kirche für einen Augenblick gestört hat, kann ich nur zutiefst bedauern", schreibt der Papst weiter.

Weil die provozierenden Äußerungen Williamsons im Internet jedermann zugänglich gewesen seien, lerne er daraus, so der Papst, "dass wir beim Heiligen Stuhl auf diese Nachrichtenquelle in Zukunft aufmerksamer achten müssen". Das zeigte sich gleich gestern. Denn Benedikts Brief sollte eigentlich erst heute um 12 Uhr veröffentlicht werden. Doch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" setzte den kompletten Wortlaut am Nachmittag auf ihre Internetseite. Laut Radio Vatikan handele es sich bei dem in deutscher Sprache abgefassten Text um eine nicht autorisierte Fassung. Dennoch reagierten die deutschen Bischöfe prompt. "Wir sind dem Heiligen Vater für seinen freimütigen Brief sehr dankbar", erklärte Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Das Schreiben sei ein Dokument des brüderlichen Umgangs mit den Mitbischöfen, der geistlichen Unterscheidung und der ehrlichen Rechenschaft gegenüber allen Gläubigen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland reagierte mit "Respekt und Hochachtung", erneuerte aber seine Kritik an der Pius-Bruderschaft. Auf insgesamt vier DIN-A4-Seiten begründet und rechtfertigt der Papst seine umstrittene Entscheidung als Gebot der Versöhnung. Andererseits beklagt er, dass "auch Katholiken, die es eigentlich besser wissen konnten, mit sprungbereiter Feindseligkeit auf mich einschlagen zu müssen glaubten". Er habe gelegentlich den Eindruck gehabt, dass er selber ohne Scheu und Zurückhaltung mit Hass bedacht worden sei. Umso mehr danke er "den jüdischen Freunden, die geholfen haben, das Missverständnis schnell aus der Welt zu schaffen und die Atmosphäre der Freundschaft und des Vertrauens wiederherzustellen".