Wahlkampf mit einem Toten: Bei der Landtagswahl in Kärnten geben sich die rechtspopulistischen Parteien als Erben Jörg Haiders, der im Herbst betrunken in den Tod raste. Sein Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) hat am Sonntag gute Chancen, stärkste Partei zu bleiben.

Klagenfurt. Der Geist des toten Landesvaters Jörg Haider ist überall präsent: "Wir passen auf Dein Kärnten auf!" versprechen ihm die drei Spitzenpolitiker von "Bündnis Zukunft Österreich" (BZÖ) auf einem Wahlplakat in der hübschen Bistumsstadt Gurck. Wenige Tage vor der Landtagswahl in Kärnten am 1. März wird in Österreichs südlichstem Bundesland politisch mobil gemacht. Und Haider, der Mann, dessen Name wie kein anderer mit diesem Land verbunden ist, wird vier Monate nach seinem Unfalltod noch allenthalben bemüht. Wenn die Kärntner am Sonntag zu den Urnen gehen, steht der umstrittene Rechtspopulist sogar indirekt zur Wahl. Denn die von ihm gegründete Partei tritt offiziell als "BZÖ, Liste Jörg Haider" an.

Bei der Landtagswahl in Kärnten im Jahre eins "nach Haider" geht es um viel. Sollte seine nun verwaiste Partei hier von den Sozialdemokraten von der Spitze verdrängt werden, droht ihr mittelfristig die Bedeutungslosigkeit. Im vergangenen Jahr hatte das BZÖ mit dem 58-Jährigen bei der Parlamentswahl überraschend rund elf Prozent der Stimmen geholt; bei der Wahl in Kärnten geht es um die Verteidigung seiner einzigen Hochburg. Und die Chancen, dass das von Haider 2005 gegründete "Bündnis" in seinem Kernland von den Sozialdemokraten überholt wird, stehen nicht schlecht. Meinungsforscher erwarten ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Ein Doppelsieg für die auch in Wien als Mehrheitsfraktion regierende SPÖ in Kärnten und bei der ebenfalls am Sonntag stattfindenden Landtagswahl im Bundesland Salzburg sei durchaus drin.

"Es wäre eine große Überraschung, wenn die SPÖ in Salzburg verliert. Es wäre eine geringere Überraschung, wenn es sich in Kärnten dreht", glaubt Gallup-Meinungsforscher Harald Pitters. Hier hatte Haider 2004 noch als Galionsfigur der Freiheitlichen Partei FPÖ 42,4 Prozent gewonnen und die "Roten" damit klar distanziert (39,4 Prozent). Kärnten aber ist für die Haider-Partei die einzige Machtbasis in der Alpenrepublik. "Außerhalb" liegt sie im niedrigen einstelligen Bereich.

Kein Wunder also, dass Haiders Erben mit seinem blassen Amtsnachfolger Gerhard Dörfler (53) an der Spitze mit dem Namen und Andenken Haiders hausieren gehen. "Der Jörg" ist immer dabei, wenn das BZÖ im erzkonservativen Ländchen um Stimmen wirbt. Dörfler und die anderen Haider-Erben, wie der Haider-Intimus und "Lebensmensch" Stefan Penzler, bauen darauf, dass die starke Zuneigung und Trauer seiner Anhänger nach dem schrecklichen Unfall vom 11. Oktober 2008 jetzt ihnen zugutekommt.

Mit dem lebenden Jörg Haider, das scheint sicher, hätte das BZÖ diese Landtagswahl wohl gewonnen. Haider hatte seine Partei 2008 bundesweit zu einem unerwarteten Erfolg geführt und in Kärnten sein bestes Nationalratswahl-Ergebnis erzielt. Bei den Prognosen für die Kärntner Landtagswahl lag das BZÖ sogar im Bereich einer absoluten Mehrheit.

Doch dann kam der 11. Oktober: An diesem Morgen verliert der stark alkoholisierte Haider auf der Heimfahrt mit seinem Dienstwagen bei 170 Stundenkilometern die Kontrolle über sein Fahrzeug und überschlägt sich mehrfach. Der Landeshauptmann ist sofort tot. Die Trauerfeierlichkeiten ziehen Zehntausende nach Klagenfurt. Überall hängen schwarz umrandete Fotos des Toten in Schaufenstern. Die Menschen weinen ungeniert und hemmungslos auf den Straßen.

Jörg Haider wird zum Mythos, doch er hinterlässt eine zunächst kopflose und zutiefst schockierte Partei, die in ihrer ersten Not den jungen Haider-Vertrauten Penzler zum Parteichef wählt. Der wiederum kratzt ungewollt am bereits errichteten Denkmal seines "Lebensmenschen", indem er ihn öffentlich in den Bereich der Homosexualität rückt. Nach wenigen Wochen wird Penzler entmachtet. Die Partei wird von "bewährten" Männern übernommen, Dörfler wird als Haiders offizieller Stellvertreter neuer Landeshauptmann (Ministerpräsident).

Seither bastelt die BZÖ-Führung energisch am Denkmal Haiders. Eine Brücke wurde bereits nach ihm benannt, ein Park in Klagenfurt soll dazukommen. Nur mit dem geplanten "Marterl", einer kleinen Kapelle am Unfallort Haiders, hat es noch nicht geklappt. Doch das scheint nicht so wichtig. "Es gibt nur einen Kandidaten bei dieser Wahl und der heißt Jörg Haider, auch wenn er schon in der Urne ist", meinte die frühere österreichische Justizministerin Karin Gastinger.

Und so wundert es nicht, dass praktisch alle Kärntner Parteien "den Jörg" im Wahlkampf für sich in Anspruch nehmen. Alle, bis auf die Grünen, die stets Front gegen die Eskapaden des Rechtspopulisten gemacht haben. Die Grünen, so ihr Nationalratsabgeordneter Peter Pilz, seien in Kärnten ""mit vier Parteien konfrontiert, die alle behaupten, persönlich von Jörg Haider abzustammen". Selbst die konservative ÖVP griff im Wahlkampf zu einem Haider-Trick. Sie wirbt auf einem Plakat mit dem Slogan: "Früher habe ich Jörg Haider gewählt, aber jetzt wähl ich ÖVP."