Benedikt XVI. reagiert erstmals auf Holocaust-Leugnung durch erzkonservativen Bischof.

Rom/Regensburg. Erstmals seit der umstrittenen Rehabilitierung des traditionalistischen Bischofs Richard Williamson hat Papst Benedikt XVI. persönlich auf dessen Holocaust-Leugnung reagiert. Er empfinde "volle und unstrittige Solidarität" mit den Juden, sagte Benedikt gestern während einer öffentlichen Audienz in Rom. Der Mord an den Juden solle jedem Mahnung gegen das Vergessen und Leugnen sein.

Er hoffe, dass die Erinnerung an den Holocaust auch als Warnung diene vor "der unberechenbaren Kraft des Bösen, wenn es die Herzen der Menschen erobert", erklärte Benedikt. Er erinnerte an seinen Besuch im Konzentrationslager Auschwitz 2006 und an das Massaker an Millionen Juden, die unschuldige Opfer rassistischen und religiösen Hasses geworden seien.

Der Papst hatte sich scharfe Kritik vor allem jüdischer Organisationen zugezogen, weil er vergangenes Wochenende nach mehr als 20 Jahren die Exkommunizierung von Williamson und drei weiteren Bischöfen um den verstorbenen ultrakonservativen Erzbischof Marcel Lefebvre aufgehoben hatte. Die Äußerung Williamsons war bereits zuvor bekannt geworden. Er hatte im schwedischen Fernsehen erklärt, es gebe Beweismaterial, das gegen die Vergasung von sechs Millionen Juden während des Zweiten Weltkriegs spreche. Es seien vielleicht 200 000 bis 300 000 Juden in Konzentrationslagern umgekommen, aber keiner von ihnen sei vergast worden.

Der sowieso schon mühsame Dialog zwischen Katholiken und Juden scheint gefährdet. Das israelische Ober-Rabbinat hat die Kontakte zum Vatikan "unbefristet" eingefroren und verlangt wenig verhüllt eine Rücknahme der heiklen päpstlichen Entscheidung. Als einen diplomatischen Schuss vor den Bug des Vatikans sagten die Rabbiner - allerdings noch vor Benedikts Erklärung - eine für März geplante christlich-jüdische Dialogrunde ab. Und das nur Monate vor der geplanten Reise Benedikts ins Heilige Land.

Wie konnte dies passieren, und so nahe am Holocaust-Gedenktag? Warum ließ der Papst das heikle Rehabilitierungsdekret, auch wenn er es bereits unterschrieben hatte, nicht erst einmal auf seinem Schreibtisch im Vatikan liegen, als alle Welt über Williamson zu reden begann? Darüber rätseln Vatikan-Kenner auch noch Tage später, manche werten es als einen größeren Schnitzer des Vatikans. Möglicherweise sei Benedikt in der Sache schlecht beraten gewesen. Die Traditionalisten, die weltweit 600 000 Mitglieder haben, baten ihn mittlerweile um Verzeihung für die Leugnung des Holocaust durch ihren Mitbruder. Der aber bleibt trotzig bei seiner Haltung.

Williamson hatte das umstrittene Interview im November in Zaitzkofen nahe Regensburg gegeben. Dort ist ein Priesterseminar der ultrakonservativen katholischen Bruderschaft Pius X., der Williamsonangehört. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft Regensburg wegen Volksverhetzung. Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller hat Williamson inzwischen ein Hausverbot für alle Kirchen und Einrichtungen der Diözese erteilt.