Die Parteien in Athen können sich offenbar nicht auf eine Regierung einigen. Müssen die Griechen im kommenden Monat erneut wählen?

Athen/Luxemburg. Nach dem Scheitern von Konservativen und Radikalen Linken will der Sozialist Evangelos Venizelos am Donnerstag einen letzten Versuch zur Bildung einer neuen griechischen Regierung starten. Die Erfolgschancen werden als nicht sehr hoch eingeschätzt. Die Pasok war bei der Wahl am Sonntag drittstärkste Kraft im Parlament in Athen geworden. Sollten alle Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Regierung scheitern, böte ein Treffen aller Parteiführer bei Präsident Karolos Papoulias die allerletzte Chance, Neuwahlen innerhalb von 30 Tagen abzuwenden. Falls das nicht gelingt, gilt der 17. Juni als wahrscheinlicher Wahltermin.

Der Chef des Bündnisses der Radikalen Linken (Syriza), Alexis Tsipras konnte sich am Mittwoch in getrennten Gesprächen mit dem Vorsitzenden der Konservativen, Antonis Samaras, und Sozialistenchef Venizelos nicht auf die Bildung einer Regierung mit anderen Kräften im Parlament einigen. Tsipras erklärte am Mittwoch: „Ich werde das Mandat morgen zurückgeben.“

+++ EU mahnt Athen: Ohne Reformen keine Finanzspritze +++
+++ Sozialisten und Linksradikale können sich nicht einigen +++

Die Europäische Union reagierte mit klaren Worten auf das Ansinnen der griechischen Radikallinken, den Sparpakt mit der EU aufzukündigen. Die EU-Spitze ermahnte Griechenland in Brüssel zur Vertragstreue. „Es gibt zwischen Griechenland und der Eurozone eine Vereinbarung. Und Griechenland muss die einhalten“, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Mittwoch in Brüssel.

Griechenland kann mit weiteren Milliardenhilfen der anderen Euroländer nur rechnen, wenn es die mit der EU und dem Internationalem Währungsfonds (IWF) vertraglich festgelegten Spar- und Reformvorhaben verwirklicht.

Trotz der Unsicherheit über die künftige Regierung erhält das hoch verschuldete Land die nächste internationale Hilfszahlung. Das habe das Direktorium des Euro-Krisenfonds EFSF bei einer Sitzung am Mittwoch bestätigt, teilte der EFSF am Mittwochabend in Luxemburg mit. Von der Kreditrate in Höhe von 5,2 Milliarden Euro werden 4,2 Milliarden Euro bereits heute (Donnerstag) ausgezahlt. Es handelt sich um das erste Geld aus dem nach langem Ringen beschlossenen zweiten Hilfspaket.

Die restlichen 1,0 Milliarde Euro benötige Athen nicht vor Juni. Dieses Geld werde „abhängig von den finanziellen Bedürfnissen Griechenlands“ überwiesen, schrieb der Fonds. Der EFSF betonte, dass – wie bereits zuvor – die 4,2 Milliarden Euro auf ein separates Konto fließen, das Griechenland allein zur Rückzahlung seiner Schulden nutzen darf.

Der EFSF hatte im März die Ermächtigung erhalten, insgesamt 39,4 Milliarden Euro aus dem zweiten Griechenland-Paket in mehreren Tranchen auszuzahlen. Der 2010 vereinbarte Rettungsfonds für Euro-Länder EFSF gibt für kriselnde Euro-Staaten an den Finanzmärkten Anleihen heraus – für die die Mitgliedsstaaten garantieren – und reicht dieses Geld als Notkredit an Krisenstaaten weiter.

Söder hält EU-Austritt Griechenlands für notwendig

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) hält einen „geordneten Austritt“ Griechenlands aus der Euro-Zone für notwendig. Nur dann sei es möglich, die gegenwärtigen Probleme in den Griff zu bekommen, sagte Söder am Donnerstag in München. Auch über einen sofortigen „Zahlungsstopp“ bei den vereinbarten Hilfsleistungen müsse diskutiert werden, wenn Griechenland nicht zu Reformen bereit sei. Söder betonte: „Wir wollen einen starken, stabilen Euro.“ Deshalb dürfe die Euro-Zone nicht ständig „einen schwierigen Patienten mitschleppen“, sondern müsse Griechenland „die Hilfe geben, sich selbst zu helfen“. Der CSU-Politiker verwies auf eine Studie des Münchner Ifo-Instituts. Ihr zufolge sei ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone „volkswirtschaftlich“ möglich.

Auch der Ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen warb auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Söder für diesen Schritt. In der Studie heißt es unter anderem: „Ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion, verbunden mit einer externen Abwertung der neuen Währung, stellt eine organisatorische Herausforderung, aber letztlich eine gangbare Alternative zur derzeitigen Strategie der internen Abwertung dar.“