Janos Ader, der von Ministerpräsident Orban anerkennend als “Ankermann“ der Nation bezeichnet wird, erhielt die große Mehrheit der Stimmen.

Budapest. Ungarn hat einen neuen Staatspräsidenten: Janos Ader. 262 Abgeordnete stimmten in Budapest für den Abgeordneten des Europaparlaments, 40 gegen ihn. Ader folgt Pal Schmitt, der im April zurücktrat, nachdem ihm wegen eines Plagiatsvorwurf der Doktortitel entzogen wurde. Ader gilt als enger Verbündeter von Ministerpräsident Viktor Orban und seiner konservativen Partei Fidesz. Ader sagte bei der Vereidigung, Ungarn biete seinen Nachbarn Freundschaft und Respekt und erwarte dasselbe zurück. „Das Heimatland vor allem anderen!“ fügte er hinzu.

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Der „Ankermann“ der Nation, wie ihn Orban bei der Nominierung vor zwei Wochen nannte, soll nun über die von Orban geschaffene, umstrittene Verfassungsordnung wachen. Er wird bis 2017 im Amt sein. Schafft Orban beim nächsten Urnengang 2014 die Wiederwahl, kann seine Mehrheit Ader noch einmal bestätigen und bis 2022 im Amt halten. Eine künftige Regierung der heutigen Opposition wird dann so oder so mit dem auch als Taktiker versierten Juristen Ader „ko-habitieren“ müssen.

Der 52-jährige Jurist Ader stammt aus der Kleinstadt Csorna in Westungarn. Zum FIDESZ stieß der wortkarge Jüngling bald nach dessen Gründung 1988. In der damals bunten und chaotischen Jugendpartei begann man recht bald seinen Fleiß, seine Genauigkeit und sein Organisationstalent zu schätzen. Bald gehörte er der Parteiführung an und wurde Wahlkampfleiter, ohne selbst Ambitionen auf den von Orban erstmals 1993 eingenommenen Chefposten zu entwickeln. 2002 kühlte das Verhältnis zu Orban merklich ab. Dieser hatte nach seiner ersten Ministerpräsidentschaft überraschend die Parlamentswahl verloren und machte Ader dafür verantwortlich. Der empfand das wiederum als ungerecht. 2007 warf ihm das FIDESZ-Organ „Magyar Nemzet“ sogar Konspiration gegen Orban vor, in der heutigen Regierungspartei das schwerste denkbare Verbrechen. 2009 ließ sich Ader ins Europaparlament wählen, was einer Art selbst gewähltem Exil gleichkam.

Zugleich blieb er der Ideenwelt des Orbanschen FIDESZ treu. Der seit 2010 wieder amtierende Regierungschef schätzte das. Bereitwillig ließ sich Ader von diesem Aufgaben im Zusammenhang mit dem Staatsumbau zuteilen. Von ihm stammen die Justiznovelle, durch die die EU-Kommission die Unabhängigkeit des Gerichtswesens gefährdet sieht, und die neue Wahlordnung, die den FIDESZ unverhältnismäßig bevorzugt. Es sind wohl diese Dienste, die ihn in Orbans Augen für das höchste Staatsamt qualifiziert haben.

Mit Material von dpa/dapd