Drei Offiziere der libyschen Armee sollen sich per Boot nach Tunesien abgesetzt haben. Die Nato setzt Angriffe auf Ziele in Tripolis fort.

Tripolis/Tunis. In Libyen suchen immer mehr Militärs und Politiker das Weite. Tunesische Medien meldeten in der Nacht zum Montag, drei Offiziere der libyschen Armee hätten sich mit einem Boot aus der Stadt Al-Sawija nach Tunesien abgesetzt. Zuvor hatte nach Angaben des Innenministeriums eine größere Gruppe von Funktionären, darunter der Chef der Zollbehörde und ein Diplomat, die Grenze überquert. Es war aber nicht klar, ob die Politiker und Beamten, die zum Flughafen von Djerba fuhren, fliehen wollten oder ob sie im Auftrag des bedrängten Machthabers Muammar al-Gaddafi reisen.

Die libysche Nachrichtenagentur JANA hatte am Sonntagabend Angriffe der Nato auf militärische und zivile Ziele in der Hauptstadt Tripolis gemeldet. In dem Bericht war die Rede von mehreren Opfern. Die Aufständischen erklärten auf ihren Websites, es sei unter anderem ein Munitionsdepot im Stadtteil Dschansur getroffen worden. In dem Vorort Tadschura sei es zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern von Gaddafi gekommen.

Die Oppositionszeitung „Libya al-Yom“ meldete, die Aufständischen hätten am vergangenen Samstag ein Komplott von Gaddafi-Anhängern in der östlichen Stadt Bengasi aufgedeckt. Diese hätten versucht, in einem Hotel den Generator in die Luft zu jagen und das Wasser zu vergiften. (abendblatt.de/dpa)

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Die Unruhen in Libyen gehen weiter. Noch immer greift die Nato militärische Ziele des libyschen Regimes von Muammar al-Gaddafi an. Am frühen Sonnabendmorgen waren vier laute Explosionen in Tripolis zu hören, zwei weitere in der Nacht zuvor, meldete der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira. Im Osten der libyschen Hauptstadt sei auch Rauch zu sehen gewesen. Die US-Regierung stärkte unterdessen dem Übergangsrat der Opposition den Rücken. Das Gremium in der ostlibyschen Metropole Bengasi sei aus Sicht Washingtons der legitime und glaubwürdige Gesprächspartner des libyschen Volkes, sagte Thomas Donilon, Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, dem Chef des Übergangsrates, Mahmud Dschibril.

Nach Angaben des Weißen Hauses lobte Donilon, dass der Übergangsrat eine demokratische Zukunft des Landes anstrebe. Beim Empfang Dschibrils am Freitag (Ortszeit) in Washington gingen die US-Verantwortlichen allerdings nicht so weit, die Führung der Aufständischen in Bengasi als einzige legitime Vertretung Libyens anzuerkennen. Bislang hatten sich Italien und Frankreich zu diesem Schritt entschlossen.

Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat am Sonnabend nach dem Tod eines Franzosen in der libyschen Rebellenhochburg Bengasi den libyschen Oppositionsführer Mahmud Dschibril in Paris getroffen. Der Chef eines französischen Militärunternehmens war diese Woche in Bengasi getötet worden, nur wenige Stunden vor einem vermeintlichen Treffen mit Dschibrils Übergangsregierung. Der Oppositionsführer selbst äußerte sich am Sonnabend nicht.

Libyens Machthaber Muammar Gaddafi hat derweil dem Staatsfernsehen zufolge die Nato als feige verspottet. Der Sender strahlte am Freitagabend eine kurze Audiobotschaft aus, die angeblich von Gaddafi stammt. „Ich sage den feigen Kreuzrittern, dass ich an einem Ort lebe, wo sie mich nicht finden und töten können“, hieß es in der Aufnahme. „Selbst wenn Sie den Körper töten, können Sie nicht die Seele töten, die in den Herzen von Millionen lebt.“ Die Echtheit der Aufnahme konnte nicht überprüft werden, sie hörte sich aber nach Gaddafi an.

Die italienische Regierung hatte zuvor erklärt, Gaddafi sei vermutlich verwundet und halte sich sehr wahrscheinlich nicht mehr in der Hauptstadt Tripolis auf. Die libysche Regierung wies entsprechende Äußerungen von Außenminister Franco Frattini am Freitag jedoch umgehend als Unsinn zurück. Ein Regierungssprecher erklärte, Gaddafi sei unverletzt und guter Dinge und befinde sich weiterhin in Tripolis. Die Nato fliegt Luftangriffe in dem nordafrikanischen Land und hat dabei auch Familienmitglieder Gaddafis getötet. Die Angriffe sollen erst enden, wenn Gaddafi sein Amt aufgibt.

Der Übergangsrat erklärte indes, dass ein bewaffneter Franzose, der am letzten Donnerstag an einem Miliz-Kontrollpunkt erschossen worden war, mit feindseligen Absichten nach Bengasi gekommen war. Der ehemalige Fallschirmjäger und seine vier festgenommenen Kollegen seien „illegalen Aktivitäten nachgegangen, die die Sicherheit des freien Libyen beeinträchtigten“, hieß es in einer offiziellen Erklärung, die am Freitagabend bekanntwurde. In französischen Medien wurde berichtet, die fünf Männer gehörten einer privaten Sicherheitsfirma aus Frankreich an. Bei dem erschossenen 47-jährigen Franzosen habe es sich um den Besitzer der Firma gehandelt, die dem Übergangsrat ihre Dienste habe anbieten wollen. (dpa)