Da jedoch seine Männer bewaffneten Widerstand geleistet hätten, war die Tötung unvermeidlich. Osamas Ehefrau stürmte auf die Soldaten zu.

WashingtonParis/Islamabad. Aus dem Weißen Haus kommen immer wieder Details zu dem Ablauf der Aktion gegen Osama bin Laden. Zentrale Angaben zum Ablauf der Kommandoaktion zur Tötung von El-Kaida-Chef Osama bin Laden hat die US-Regierung jetzt revidiert. Bin Laden sei bei seiner Tötung durch US-Elitesoldaten nicht bewaffnet gewesen, teilte das Weiße Haus mit. Außerdem sei seine Ehefrau bei dem Sturm auf Bin Ladens Versteck im pakistanischen Abbottabad nicht getötet, sondern nur durch einen Beinschuss verletzt worden.

„Er war nicht bewaffnet“, sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Jay Carney. Allerdings seien andere Männer in dem Anwesen bewaffnet gewesen und hätten Widerstand geleistet. Bin Laden sei bei einem „unberechenbaren Schusswechsel“ ums Leben gekommen. Ein US-Sonderkommando hatte den Gründer und Chef des Terrornetzwerks El Kaida in der Nacht zum Montag erschossen. Zunächst hatten ranghohe Vertreter der US-Regierung den Eindruck erweckt, Bin Laden habe sich bei der Kommandoaktion in der Stadt Abbottabad gewehrt und auch selbst geschossen.

Carney bekräftigte, dass das Ziel des Einsatzes die Festnahme und nicht die Tötung Bin Ladens gewesen sei. Wegen des „großen Widerstandes“ sei der El-Kaida-Chef aber erschossen worden. Die US-Spezialkräfte hätten bei dem Einsatz mit „allergrößter Prossionalität“ gehandelt.

Das Weiße Haus ruderte auch bei der angeblichen Tötung einer Ehefrau Bin Ladens zurück. Anders als zunächst mitgeteilt sei die Frau lediglich mit einem Schuss ins Bein verletzt worden, sagte Carney. Die Frau habe sich im gleichen Zimmer befunden wie Bin Laden und sei auf die US-Soldaten zugestürmt. Damit rückte die US-Regierung auch von der Version von Obamas Anti-Terror-Berater John Brennan ab, wonach die Ehefrau getötet worden sei, weil Bin Laden sie als menschlichen Schutzschild missbraucht habe.

Unterdessen gehen die Spekulationen weiter, ob die Fotos des toten Osama bin Laden doch noch veröffentlicht werden. Damit würde der Gerüchteküche wohl Einhalt geboten. Dagegen spricht, dass Sprecher Jay Carney die Bilder der Leiche als zweifellos „grausig“ beschrieb. Vor diesem Hintergrund werde geprüft, ob es nötig sei, sie zu veröffentlichen. Bin Laden soll zwei Mal in den Kopf getroffen worden sein, einmal direkt über dem linken Auge. Wie es in Medienberichten hieß, „explodierte sein Kopf“.

Unterdessen wird die Rolle Pakistans immer unklarer: Wusste das Land von dem Versteck Osama bin Ladens, hat es ihn sogar gedeckt oder unterstützt? Während Pakistan alles abstreitet, wird in der westlichen Welt wild über die Rolle des Landes spekuliert.

Der französische Außenminister Alain Juppé hat Zweifel am angeblichen Unwissen der pakistanischen Regierung über den Aufenthaltsort von Osama bin Laden geäußert. Es sei „schwer zu glauben“, dass pakistanische Beamte nicht gewusst hätten, dass der Terrorchef im eigenen Land lebte, sagte Juppé am Dienstag am Rande eines Treffens anlässlich des Internationalen Tags der Pressefreiheit. Es sei kaum vorstellbar, dass die Anwesenheit einer Person „wie bin Laden auf einem großen Gelände in einer relativ kleinen Stadt“ nicht bemerkt wurde.

Juppé sollte mit dem pakistanischen Ministerpräsidenten Yousuf Raza Gilani zusammenkommen, der am Dienstag in Paris eintraf. Er werde Gilani auffordern, ihm „zu erklären, wie das alles passiert ist“, sagte der französische Politiker.

Die USA haben demnach nach den Worten von CIA-Chef Leon Panetta bei der Kommandoaktion gegen Osama bin Laden aus Angst vor Verrat auf die Hilfe Pakistans verzichtet. „Man hat entschieden, dass alle Versuche einer Zusammenarbeit mit den Pakistanern die Mission gefährden könnten“, sagte Panetta dem US-Magazin „Time“. Die USA hätten befürchtet, dass „sie die Ziele alarmieren könnten“.

US-Präsident Barack Obamas Anti-Terror-Berater John Brennan hatte am Dienstag im Fernsehen erklärt, die Regierung in Islamabad sei ein „starker Partner“ im Kampf gegen den Terrorismus. Zwar habe man bisweilen verschiedene Ansichten. Die Partnerschaft gehe aber weiter.

Der britische Premierminister David Cameron sagte unterdessen, er glaube, dass bin Laden in den Jahren vor seinem Tod ein „weitreichendes“ Netzwerk der Unterstützung gehabt habe. Großbritannien werde „suchende Fragen“ über das Ausmaß dieses Netzwerks stellen, sagte er britischen Abgeordneten am Dienstag. Allerdings werde London seine Hilfsprogramme für Pakistan fortsetzen und weiterhin mit Islamabad bei der Terrorbekämpfung zusammenarbeiten.

Die pakistanische Regierung hat das eigenmächtige Vorgehen der USA bei ihrem Angriff auf das Versteck von Osama bin Laden scharf kritisiert. Der „unautorisierte“ Einsatz der US-Spezialeinheit dürfe nicht als Präzedenzfall für zukünftige Missionen der amerikanischen Streitkräfte auf pakistanischem Gebiet dienen, hieß es am Dienstag in einer Mitteilung. (dapd/dpa)