Berlin. “Weder sind Griechen Faulenzer, noch sind Deutsche Schuld an Übeln und Missständen in Griechenland“, sagte Tsipras.

Kurz vor dem ersten offiziellen Besuch des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am heutigen Montag in Berlin sind neue Einzelheiten über die dramatische Finanzlage des Landes bekannt geworden. Die EU-Kommission geht laut „FAS“ davon aus, dass Athen nur noch bis zum 8. April über genügend Geld zur Begleichung seiner finanziellen Verpflichtungen verfügt. Danach werde die Lage als „kritisch“ eingeschätzt. Die griechische Regierung will binnen Kurzem konkrete Reformschritte vorweisen, um neue Milliardenhilfen der Euro-Partner zu erhalten. Ein wichtiger Punkt ist das Eintreiben ausstehender Steuern.

Abendblatt.de hält Sie über den Tsipras-Besuch in Berlin auf dem Laufenden:

Tsipras plant Besuch von Holocaust-Mahnmal in Berlin

21:13 Uhr: Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras will am Dienstag im Rahmen seines Deutschland-Aufenthalts auch das Holocaust-Mahnmal besuchen. Das bestätigte das Büro des griechischen Ministerpräsidenten am Montag. Zudem werde Tsipras am zweiten Tag seines Antrittsbesuchs als Ministerpräsident neben Politikern der Linkspartei und der Grünen auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier und SPD-Chef Sigmar Gabriel treffen.

Der Besuch des Holocaust-Mahnmals, das an die Ermordung von Millionen Juden durch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg erinnert, hat besondere symbolische Bedeutung. Die neue Links-Rechts-Regierung in Athen hat von Deutschland Reparationen für die NS-Besatzungszeit gefordert. Tsipras betonte allerdings in der Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag, dass es dabei vorrangig um eine moralische Schuld gehe. Er hatte mit Bezug auf die NS-Zeit gesagt, dass dies ein dunkles Kapitel der Vergangenheit sei, "das wir überwinden müssen". Die von Athener Regierungsmitgliedern ins Gespräch gebrachte Beschlagnahmung deutschen Eigentums in Griechenland im Zusammenhang mit deutschen Kriegsschulden schloss Tsipras aus.

Tsipras hatte im Januar als eine der ersten Amtshandlungen den Schießstand von Kesariani bei Athen besucht, der als Erinnerungsstätte an die von der deutschen Besatzung ermordeten Griechen gilt.

Tsipras und Merkel wollen neues Kapitel in Beziehungen aufschlagen

19:46 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Athens Regierungschef Alexis Tsipras haben sich am Montag zu einem Neustart des deutsch-griechischen Verhältnisses bekannt. "Weder sind Griechen Faulenzer, noch sind Deutsche Schuld an Übeln und Missständen in Griechenland", sagte Tsipras im Anschluss an ein Gespräch mit Merkel im Kanzleramt. "Wir müssen hart daran arbeiten, die schrecklichen Stereotype zu überwinden."Dessen ungeachtet blieb der Gast aus Athen bei seiner Forderung nach einer Neuausrichtung in der Schuldenkrise. Die bisherige Sparstrategie habe "schreckliche Auswirkungen" gehabt, nun müsse "ein neuer politischer Mix erreicht werden", sagte Tsipras. Zu diesem gehörten "große Strukturreformen", mehr Steuergerechtigkeit und die Bekämpfung von Korruption.

Merkel drängte Tsipras, den Reformkurs der vergangenen Jahre fortzusetzen, aber in Eigenregie: "Wichtig ist, dass die ökonomischen Eckdaten stimmen. Welche Art von Reformen durchgeführt werden, kann von der Regierung mit den Institutionen besprochen werden." Mit dem Begriff ist die frühere Troika aus EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) gemeint. Auch die Kanzlerin bemühte sich nach den Konfrontationen der vergangenen Wochen um eine Entspannung: "Es ist uns beiden daran gelegen, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu finden", sagte sie in Berlin.

Merkel signalisiert Tsipras grundsätzliche Hilfsbereitschaft

19:19 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Bereitschaft zum Aufbau einer Entwicklungsbank zur Unterstützung Griechenlands signalisiert. Wenn Hilfe gewünscht werde, könne man darüber reden, sagte Merkel nach einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras am Montag in Berlin. Konkrete Zusagen könne sie aber nicht machen. Merkel beteuerte, ihr sei an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem neuen griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras gelegen. Mit Blick auf die anstehenden Auszahlungen weiterer Mittel an Griechenland erneuerte Merkel ihre Haltung, wonach die entsprechenden Entscheidungen in den zuständigen europäischen Gremien wie der Eurogruppe fallen müssten. "Ich kann Griechenland nichts in Aussicht stellen oder zusagen", sagte Merkel.

Tsipras in Berlin - Spaltung der Euro-Zone verhindern

19:06 Uhr: Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras will im Schuldenstreit mit seinen internationalen Geldgebern eine Spaltung der Euro-Zone verhindern. "Wir sind entschlossen, eine gemeinsame Lösung zu finden", sagte Tsipras am Montag bei seinem Antrittsbesuch in Berlin. Das Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sei wichtig gewesen, um sich besser zu verstehen. Es sei falsch, Ausländer für die Probleme Griechenlands verantwortlich zu machen. Athen müsse die Politik ändern, um mit den Problemen fertig zu werden. Es sei Zeit für eine große Strukturreform in Griechenland, um Steuervermeidung und Korruption zu bekämpfen. Griechenland wolle seinen Verpflichtungen nachkommen. Merkel sagte, dass Griechenland Strukturreformen und einen soliden Haushalt brauche.

Tsipras im Kanzleramt mit militärischen Ehren empfangen

17:32 Uhr: Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras ist am Montag im Kanzleramt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfangen worden. Der Ministerpräsident wurde mit militärischen Ehren begrüßt. Anschließend begannen er und die Bundeskanzlerin ein erstes Gespräch. Merkel und Tsipras wollen danach eine gemeinsame Pressekonferenz geben. Später ist ein Abendessen angesetzt.Bei den Beratungen dürfte der Streit über Wege aus der griechischen Schuldenkrise im Mittelpunkt stehen. Eine konkrete Lösung werde es bei der Begegnung im Kanzleramt aber nicht geben, wurde vorher von der Bundesregierung betont. Auch die deutsch-griechischen Beziehungen dürften ausführlicher besprochen werden, die im Zuge des Schuldenstreits zuletzt stark gelitten hatten. Die griechische Forderung nach Reparationen lehnt die Bundesregierung strikt ab.

Tsipras bei Merkel - Erstes Treffen im Kanzleramt

17:15 Uhr: Zum Auftakt eines zweitägigen Berlin-Besuchs ist Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras am Montag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammengetroffen. Der linke Regierungschef wurde von Merkel vor dem Kanzleramt mit militärischen Ehren begrüßt. Für Tsipras ist dies der erste Deutschland-Aufenthalt seit seiner Ernennung zum Ministerpräsidenten Ende Januar. Im Mittelpunkt steht der Streit um die Reformpolitik des pleitebedrohten Landes.

EZB-Chef: Griechenland soll sich zu Verpflichtungen bekennen

16:47 Uhr: EZB-Präsident Mario Draghi hat die griechische Regierung aufgefordert die Schuldenverpflichtungen des Landes zu akzeptieren. "Die griechische Regierung sollte sich dazu bekennen, ihre Schuldenverpflichtungen gegenüber allen Kreditgebern voll anzuerkennen", sagte Draghi am Montag vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss im Europa-Parlament. Jegliche künftige Politik der griechischen Regierung sollte darauf beruhen. Draghi äußerte sich zugleich vorsichtig zuversichtlich, dass die aktuellen Verhandlungen ein positives Ende nehmen. Mit gutem Willen auf allen Seiten könne eine glaubwürdige Perspektive für einen erfolgreichen Abschluss des Überprüfungsprozesses erzielt werden.

Befragt ob die EZB Griechenland erpressen würde, sagte der Italiener, die EZB habe sich inzwischen mit insgesamt rund 104 Milliarden Euro engagiert. "Das entspricht 65 Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts", sagte Draghi. Das sei der höchste Wert im Euro-Raum. "Um was für eine Art von Erpressung soll es sich da handeln?", fragte der EZB-Präsident.

Draghi äußerte sich vor den Europa-Parlamentariern auch zu einer möglichen Wiedereinführung von Sonderregeln für griechische Bonds. Dafür müssten aber mehrere Bedingungen erfüllt sein. Das sei aber noch nicht der Fall. "Es wird einen Zeitpunkt geben, an dem wir in der Lage sein werden die Sonderregel wieder einzuführen", sagte Draghi. Das trifft laut dem EZB-Präsidenten auch auf die Frage einer Teilnahme des Landes am großen Staatsanleihen-Kaufprogramm der Währungshüter zu. Bislang sind griechische Bonds von dem Programm ausgeschlossen.

Berlin dämpft Erwartungen vor Treffen Merkels mit Tsipras

15:45 Uhr: Die Spannung ist groß - doch ein Durchbruch in Sachen Schuldenkrise oder Reparationsstreit ist von der Begegnung zwischen dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Berlin nicht zu erwarten. Lösungen in der Schuldenfrage würden in Brüssel und nicht in Berlin erarbeitet, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert. Und einen griechischen Vorschlag im Reparationsstreit wies die Bundesregierung umgehend ab. Merkel empfängt Tsipras am späten Montagnachmittag im Kanzleramt zu dessen Antrittsbesuch - rund acht Wochen nach Amtsantritt des Linkspolitikers. Dabei soll nach den Worten Seiberts über "die ganze Bandbreite des freundschaftlichen Verhältnisses" zwischen Deutschland und Griechenland gesprochen werden.

Diese Freundschaft war zuletzt aber arg ramponiert worden: Pfändungs-Drohungen, die Warnung aus Athen, Flüchtlinge und sogar mögliche Terroristen nach Berlin weiterzuschicken und eine diplomatische Protestnote wegen angeblich "herablassender" Äußerungen sind nur einige Beispiele für den vergifteten Ton zwischen den beiden Regierungen. Der Sprecher des Auswärtiges Amts sprach am Montag von "schwerem Fahrwasser" für die deutsch-griechischen Beziehungen. Zugleich wurde ein Brief bekannt, in dem Tsipras Merkel warnte, dass Athen ohne Finanzhilfen von der EU seine Schulden nicht zurückzahlen könne. Ansonsten werde Athen gezwungen sein, sich zwischen der Bedienung von Schulden und der Zahlung von Sozialleistungen zu entscheiden, hieß es in dem Brief vom 15. März, aus dem die "Financial Times" am Montag zitierte. Ein griechischer Regierungssprecher bestätigte das Schreiben. Nach seinen Angaben war es Anlass für das Krisentreffen am Rande des EU-Gipfels vergangene Woche, an dem auch Merkel und Tsipras teilnahmen.

Die dort vereinbarte Reformliste soll am Montag im Kanzleramt nach Angaben der Bundesregierung nicht im Einzelnen besprochen werden. "Wenn es eine Reformliste gibt, wozu sich ja Griechenland verpflichtet hat, dann wird die der Eurogruppe vorgelegt und nicht einzelnen Regierungen", sagte Seibert. Merkel habe aber "selbstverständlich" Interesse daran, von Tsipras persönlich zu hören, welche Reformvorstellungen er habe.

Tsirpas trifft auch Parteispitze der Grünen

14:50 Uhr: Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras wird bei seinem Deutschland-Besuch auch die Parteispitze der Grünen treffen. Wie Grünen-Chef Cem Özdemir am Montag in Berlin mitteilte, werde es auf Anfrage von Tsipras am Dienstag Gespräche mit Co-Parteichefin Simone Peter und ihm geben.

Tsipras zu Antrittsbesuch in Berlin eingetroffen

14:30 Uhr: Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras ist am Montag zu seinem ersten offiziellen Besuch in Berlin eingetroffen. Der Syriza-Chef landete auf dem militärischen Teil des Flughafens Tegel, wo ihn eine Ehreneskorte in Empfang nahm. Um 17 Uhr will Kanzlerin Angela Merkel ihn dann mit militärischen Ehren vor dem Bundeskanzleramt begrüßen. Im Mittelpunkt ihres Gesprächs sollte der Streit um die Reformpolitik des pleitebedrohten Landes stehen. Tsipras will Merkel dabei eine Liste mit Reformen zur Überwindung der schweren Finanz- und Schuldenkrise seines Landes vorstellen. Damit hofft er, die europäischen und internationalen Geldgeber zur Auszahlung bereits in Aussicht gestellter Finanzhilfen zu bewegen.

SPD offen für deutsch-griechischen Versöhungsfonds

14:26 Uhr: In der Debatte um die griechische Forderung nach deutschen Reparationen für erlittenes NS-Unrecht hat sich die SPD offen für eine Fondslösung gezeigt. "Ein Zukunftsfonds, der der historischen Aufarbeitung dient und der Versöhnung, den können wir uns sehr wohl vorstellen", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Montag in Berlin. Deutschland müsse sich seiner historischen Verantwortung stellen. Fahimi betonte aber auch, die Reparationsfrage dürfe nicht mit der aktuellen Schuldenproblematik vermischt werden. Beide Probleme "haben nichts miteinander zu tun". Auch bekräftigte die SPD-Politikerin die Haltung der Bundesregierung, wonach rechtlich gesehen die Reparationsfrage abgeschlossen sei.

Griechischer Wirt aus Bremerhaven lädt Merkel ein

13.25 Uhr: Trivialität am Rande: Ein griechischer Wirt hat Kanzlerin Merkel in sein Restaurant in Bremerhaven eingeladen. Damit will Alexis Vaiou ein Zeichen für griechische Gastfreundschaft setzen. „Ich finde es nicht in Ordnung, dass die griechischen Politiker immer Angela Merkel die Schuld an allem geben“, sagt der 38-Jährige. Er hofft, dass Merkel am 24. April vorbeischaut, wenn sie auf einem Wahlkampftermin in Bremerhaven ist. Eine Antwort aus Berlin hat er jedoch noch nicht erhalten. Zuvor hatte die „Nordsee-Zeitung“ über die Einladung des Wirtes berichtet.

Vaiou hofft, dass der Besuch von Tsipras in Berlin zur Entspannung im deutsch-griechischen Verhältnis beiträgt. „Ich wünsche mir, dass er sich entschuldigt.“ Auch Vaiou will zu besseren Beziehungen betragen: mit gebackenem Schafskäse, Fleischbällchen und viel griechischer Herzlichkeit.

EU: Athen soll Beihilfen für Piräus-Hafen zurückfordern

13.18 Uhr: Die neue griechische Regierung soll nach dem Willen der EU-Kommission früher gewährte Beihilfen von den Betreibern des Containerhafens in Piräus zurückfordern. Die Vorteile unter anderem bei der Besteuerung hätten Piraeus Container Terminal (PCT) und dem chinesischen Mutterkonzern Cosco Pacific unrechtmäßige Wettbewerbsvorteile verschafft, erklärte die Brüsseler Behörde am Montag. Die Firmen dürften diese Vorteile nicht weiter erhalten und müssten die bereits gewährten Hilfen an den griechischen Staat zurückzahlen.

Cosco hatte sich nach dem Kauf der Containerterminals in Piräus auch um einen Erwerb des Rests des Hafens bemüht. Die neue linksgerichtete Regierung in Athen stoppte allerdings den Verkaufsprozess im Januar, obwohl die Privatisierung von Staatseigentum eine der Auflagen der internationalen Geldgeber für das hoch verschuldete Land ist.

EZB-Direktor erwartet Änderungen an Hilfsprogramm

12.56 Uhr: Das Hilfsprogramm für Griechenland dürfte nach Einschätzung von EZB-Direktor Benoit Coeure abgeändert werden, um der griechischen Regierung entgegenzukommen. Diese Änderungen spiegelten voraussichtlich die neuen Prioritäten der Regierung in Athen wider, sagte der Notenbanker auf einer Veranstaltung in Montenegro. "Das ist dasjenige, was in den nächsten Tagen diskutiert wird." Die Änderungen sollten allerdings auch entsprechende Ergebnisse in puncto Haushaltstabilität nach sich ziehen, mahnte er.

Coeure zufolge arbeiten Griechenland und die Euro-Staaten fieberhaft an einem Ausweg aus der Schuldenkrise für das Mittelmeerland. "Sie wollen eine Lösung finden", sagte der Notenbanker. Als Rahmen dienten die Vereinbarungen in der Eurogruppe vom 23. Februar. "Es gibt eine klare Bereitschaft und Vertrauen auf allen Seiten, die Anstrengungen zu erhöhen und innerhalb dieses Rahmen etwas zu liefern", sagte Coeure.

Unterdessen forderte EZB-Ratsmitglied Christian Noyer von der griechischen Regierung einen klaren Reformplan. Sie solle alles tun, um wieder Vertrauen herzustellen, sagte der Zentralbanker zu Bloomberg TV.

Tsipras trifft auch Gysi und Kipping

12.43 Uhr: Alexis Tsipras wird in Deutschland auch Spitzenpolitiker der Linkspartei treffen. Am Dienstag kämen der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi und die Parteivorsitzende Katja Kipping zu einem Gespräch mit Tsipras zusammen, sagte eine Parteisprecherin in Berlin.

Die Linke teilt als einzige Bundestagspartei die umfassende Kritik von Tsipras an den Reformauflagen, die die Euro-Partner und der Internationale Währungsfonds für finanzielle Hilfen an Griechenland durchgesetzt haben. Die Partei befürwortet zudem die Zahlung von Reparationen an Griechenland für die während des Zweiten Weltkriegs von deutschen Besatzern verübten Verbrechen. Dies hat die Bundesregierung wiederholt abgelehnt.

Regierungssprecher Seibert dämpft Erwartungen

12.24 Uhr: Wenige Stunden vor Tsipras' Antrittsbesuch in Berlin hat die Bundesregierung die Erwartungen gedämpft. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, niemand solle sich von der Begegnung Lösungen in der Schuldendebatte erhoffen. Das Treffen "kann und soll eine Lösung in der Eurogruppe nicht ersetzen", betonte er. Griechenland habe sich dort verpflichtet, eine Liste mit Reformen vorzulegen und nicht anderen Regierungen bilateral.

"Eine Lösung kann es nur geben, wenn die griechische Seite eine umfassende Liste vorgelegt hat und diese Liste dann von den drei Institutionen (EU, IWF, EZB) geprüft worden ist", sagte Seibert. Merkel empfängt Tsipras am Nachmittag mit militärischen Ehren, anschließend sind mehrere Gesprächsrunden geplant.

Bundesregierung lehnt "Rat der Weisen" ab

12.16 Uhr: Die Bundesregierung lehnt den griechischen Vorstoß für einen neuen „Rat der Weisen“ zur Frage von deutschen Wiedergutmachungszahlen ab. Zu einem entsprechenden Vorschlag von Außenminister Nikos Kotzias sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, am Montag in Berlin: „Für uns ist das Kapitel Reparationen juristisch und politisch abgeschlossen.“

Die Entwicklung des Schuldendramas

April/Mai 2010

Die Euro-Länder einigen sich auf ein Rettungspaket. Griechenland soll über drei Jahre Kredithilfen der Eurostaaten und des Internationalen Währungsfonds (IWF) von 110 Milliarden Euro bekommen. Athen beschließt ein Sparprogramm, Massenproteste folgen.

Juni 2011

Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone einigen sich auf ein weiteres milliardenschweres Hilfsprogramm.

Oktober 2011

Die Euroländer beschließen, Griechenlands private Gläubiger wie Banken und Versicherer sollten auf die Hälfte ihrer Forderungen verzichten.

November 2011

Regierungschef Giorgos Papandreou tritt zurück. Sein Nachfolger Lucas Papademos soll die verlangten Reformen durchsetzen.

Februar 2012

Das Parlament in Athen billigt ein neues Sparpaket, um weitere Hilfen zu erhalten. Es folgen schwere Ausschreitungen.

Juni 2012

Der Konservative Antonis Samaras wird Ministerpräsident.

Juli 2012

Die neue griechische Regierung macht Ernst mit der Verschlankung des Staates: Mehr als 200 Behörden werden geschlossen.

November 2012

Das griechische Parlament billigt ein neues Sparpaket als Voraussetzung für weitere Hilfen aus dem Ausland.

Juli 2013

Das Parlament billigt ein weiteres Sparpaket, das unter anderem die Entlassung von 15.000 Staatsbediensteten ermöglicht.

März 2014

Nach langen Verhandlungen Griechenlands mit den internationalen Geldgebern ist der Weg für weitere Hilfsmilliarden frei. Das Parlament in Athen billigt weitere Reformgesetze.

April 2014

Griechenland feiert eine erfolgreiche Rückkehr an den Kapitalmarkt und sammelt mit Staatsanleihen drei Milliarden Euro ein.

Januar 2015

Die Linkspartei Syriza unter Alexis Tsipras gewinnt die Parlamentswahl in Griechenland. Seine Popularität verdankt er der Ablehnung des vereinbarten Sparkurses.

Februar 2015

Finanzminister Gianis Varoufakis beantragt in einem Brief an Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem weitere Hilfen. Im dritten Anlauf einigen sich die Euro-Finanzminister grundsätzlich auf eine Verlängerung der dringend benötigten Finanzhilfen.

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Bundesbank mahnt Euro-Zone

12.13 Uhr: Auch diese Nachricht ist wichtig im Hinblick auf den Schuldenstreit um Griechenland: Die Euro-Zone muss nach Ansicht der Bundesbank auch die Insolvenz eines Mitgliedslandes aushalten können. Staaten seien grundsätzlich selbst für ihre Schulden verantwortlich, erklärte die Bundesbank in ihrem am Montag veröffentlichten Monatsbericht. "Insofern muss in der Währungsunion auch der Extremfall einer Insolvenz eines Mitgliedsstaates möglichst verkraftbar sein." Eine Finanzierung von Staaten in finanzieller Schieflage durch die Notenbank sei genauso untersagt wie eine gemeinschaftliche Haftung. Die Bundesbank pochte daher auf Reformen, um das Finanzsystem im Währungsraum krisenfester zu machen.

Generell gilt laut Bundesbank, dass die Finanzstabilität in der Euro-Zone unabhängiger gemacht werden muss von der Entwicklung einzelner Staatshaushalte. Ansteckungseffekte durch Länder in Schieflage müssten beseitigt werden. "Dies würde ebenfalls Druck von der Geldpolitik nehmen, in die Verantwortung für die Finanzstabilität oder die staatliche Schuldentragfähigkeit genommen zu werden." Geldpolitik, die auf Stabilität ausgerichtet sei, müsse dem Druck widerstehen, bei einer Überschuldung von Banken oder Staaten in die Verantwortung genommen zu werden.

Eine wichtige Rolle kommt der Bundesbank zufolge der Regulierung zu. Sie bekräftigte dabei ihre Forderung, bislang geltende Ausnahmen für Staatsanleihen bei der Eigenkapital-Hinterlegung aufzuheben. Diese Regelungen sollten "mittelfristig zurückgedrängt und langfristig beendet" werden. Bislang müssen Banken für ihr Engagement in Staatsbonds kein Kapital hinterlegen, weil die Papiere als risikofrei bewertet werden. Wegen der Euro-Schuldenkrise gilt diese Sicht aber als überholt: Denn Länder wie Griechenland konnten von ihren EU-Partnern nur mit Milliardenhilfen vor dem Kollaps gerettet werden. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hatte im Januar eine Überprüfung der Ausnahmeregeln angekündigt.

Appelle deutsch-griechischer Lobbyisten

11.48 Uhr: Der Vizevorsitzende der deutsch-griechischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Kai Gehring, hat von beiden Seiten Willen zur Zusammenarbeit gefordert. "Merkel und Tsipras müssen der deutsch-griechischen Partnerschaft eine neue Chance geben", erklärte der Grünen-Politiker am Montag in Berlin. "Für Europa und den Euro steht zu viel auf dem Spiel, daher braucht es neue Sachlichkeit und konstruktive Problemlösung statt Konfrontation."

Angesichts der aktuellen Spannungen im deutsch-griechischen Verhältnis warnte Gehring: "Harsche Rhetorik und Schuldzuweisungen auf beiden Seiten dürfen das gemeinsame Fundament der deutsch-griechischen Freundschaft nicht erschüttern." Von Merkel forderte er, sie solle "ein Zeichen für europäische Solidarität und Verständigung setzen". Tsipras und seine Regierungsmannschaft rief Gehring dazu auf, "jetzt mehr Reformarbeit als Medienarbeit" zu leisten.

Auch die Deutsch-Hellenische Wirtschaftsvereinigung (DHW) äußerte die Hoffnung auf eine Verständigung zwischen Merkel und Tsipras. "Wir hoffen, dass der Besuch des griechischen Ministerpräsidenten in Berlin eine Deeskalation in den deutsch-griechischen Beziehungen und ein Wiederaufblühen des jahrhundertealten freundschaftlichen Verhältnisses bringen wird", erklärte der DHW-Vizepräsident Phedon Codjambopoulo. Angesichts der guten Wirtschafts- und Finanzlage Deutschlands "wünschen wir uns eine großzügigere Haltung Deutschlands gegenüber Griechenland".

Seehofer für mehr Diplomatie

11.42 Uhr: CSU-Chef Horst Seehofer fordert vor dem Tsipras-Besuch ein Ende der verbalen Streitereien und eine Rückkehr zur Sacharbeit. „Die griechische Regierung hat schon sehr viel Zeit eingesetzt für etwas abseitige Diskussionen. Ich glaube, jetzt ist es an der Zeit, sich um die Problemlösung zu kümmern“, sagte der bayerische Ministerpräsident vor einer Sitzung des CSU-Präsidiums in München.

Seehofer betonte erneut, dass es Hilfe für Griechenland nur gegen Reformen geben könne. „Das ist der Maßstab für uns.“ Weitergehende Forderungen oder gar Drohungen vermied er ausdrücklich. „Wir werden sehen, wann die Griechen Geld wirklich brauchen und was in diesem Zusammenhang erfüllt sein muss. Das wird jetzt nicht besser, wenn man es mit öffentlichen Bedingungen begleitet.“

Insbesondere lehnte Seehofer es ab, über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone zu spekulieren. „Da ist jetzt so viel geplaudert worden, dass alle aufatmen, wenn jetzt mehr an der Problemlösung gearbeitet wird und nicht an öffentlichen Disputen“, betonte der CSU-Chef.

Tsipras warnt Merkel in einem Brief

11.15 Uhr: Tsipras hat Merkel einem Zeitungsbericht zufolge davor gewarnt, dass Athen ohne Finanzhilfen von der EU seine Schulden nicht zurückzahlen können werde. Es werde für Griechenland ohne kurzfristige Hilfen in den kommenden Wochen "unmöglich" sein, seine Kreditverpflichtungen zu bedienen, berichtete die "Financial Times" am Montag, der nach eigenen Angaben ein Brief von Tsipras an Merkel vom 15. März in Kopie vorlag.

Ansonsten werde Athen gezwungen sein, sich zwischen der Rückzahlung von Schulden und der Zahlung von Sozialleistungen zu entscheiden, zitiert die Zeitung weiter aus dem Schreiben.

Neue Details aus griechischer Reformliste

11.08 Uhr: Vor dem Tsipras-Besuch in Berlin sind weitere Details seiner mit Spannung erwarteten Reformliste bekanntgeworden. Demnach will die Regierungskoalition in Athen mit einem Mix aus Steuererhöhungen, Privatisierungen und Rückzahlungen von Steuersündern Geld in die leeren Staatskassen spülen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Regierungskreisen in Athen.

Tsipras, Vizeregierungschef Giannis Dragasakis und Finanzminister Gianis Varoufakis hatten am Wochenende intensiv an der Reformliste gearbeitet. Das endgültige Dokument und die Details würden noch ausgearbeitet, hieß es am Montag aus Regierungskreisen in Athen. Die internationalen Geldgeber haben die Umsetzung konkreter Reformen zur Bedingung für die Auszahlung ausstehender Hilfsgelder gemacht.

Zu den Plänen der griechischen Regierung gehört auch eine Rentenreform. Wichtigste Maßnahme: Arbeitnehmer sollen künftig erst im Alter von 67 Jahren in Rente gehen können. Eine Rente mit 62 Jahren soll es nur für jene geben, die mindestens 40 Jahre lang gearbeitet haben. Dieses Vorhaben gilt als besonders heikel, weil es zu den zentralen Wahlversprechen des Linksbündnisses zählte, dass die Renten nicht angetastet werden sollen.

Zudem wollen die Steuerbehörden in den kommenden Tagen alle Griechen, die Schwarzgeld ins Ausland überwiesen haben, aufrufen, sich beim Finanzamt zu melden. „Wir wissen, wer sie sind, und geben ihnen eine letzte Chance, sich zu retten“, sagte ein hoher Beamter im Finanzministerium der Deutschen Presse-Agentur.

In Athen liegen bereits die Listen Tausender Griechen vor, die in den vergangenen Jahren jeweils mehr als 100.000 Euro ins Ausland überwiesen haben. Bereits in der Nacht zum Samstag hatte das griechische Parlament erhebliche Erleichterungen für Personen und Unternehmen beschlossen, die mit ihren Steuern und Zahlungen an Sozialkassen im Rückstand sind. Steuerzahlern, die noch im März ihre Schulden begleichen, werden Bußgelder und Verzugszinsen erlassen. Auch sind zeitlich gestreckte Ratenzahlungen möglich.

Athen hofft darauf, auf diese Weise bis zu 8,9 Milliarden Euro in die Kassen zu spülen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen bereits mehr als 100.000 Steuerzahler elektronisch bei den Steuerbehörden angemeldet haben, dass sie von dem neuen Gesetz Gebrauch machen wollen. Die tatsächlichen Außenstände sind allerdings viel höher: Laut Finanzministerium schulden rund 3,7 Millionen Griechen und 447.000 Unternehmen dem Staat etwa 76 Milliarden Euro.

Darüber hinaus will Athen die Mehrwertsteuer für Touristeninseln in der Ägäis erhöhen - wie beispielsweise Mykonos und Santorin. Auch für Hotels soll die Mehrwertsteuer angehoben werden, ebenso wie die Steuern auf Tabakwaren und Alkohol. Unklar ist noch, wie die Regierung ihr Versprechen erfüllen will, die Reichen zur Kasse zu bitten.

Tsipras will die Grundrisse des Programms nach Angaben aus Regierungskreisen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montagabend in Berlin vorstellen. Er wolle dabei auch seine Entschlossenheit zeigen, sich mit jenen in Griechenland anzulegen, die seit Jahrzehnten Steuern hinterzogen und Vetternwirtschaft betrieben hätten, hieß es.

Unruhe wegen Schmiergeld-Berichten

10.33 Uhr: Kurz vor Tsipras' Deutschland-Besuch sorgen Medienberichte über Schmiergeldzahlungen deutscher Firmen in Griechenland und vergleichsweise hohe Rentenzahlungen in dem Land für Unruhe. Die "Bild"-Zeitung berichtet, die griechische Regierung fordere mehr als 100 Millionen Euro Entschädigung von deutschen Firmen, weil diese Schmiergelder an Politiker des Landes gezahlt hätten, um Rüstungsgeschäfte zu ermöglichen. In einem "Handelsblatt"-Bericht ist davon die Rede, dass die griechischen Durchschnittsrenten trotz der deutlich niedrigeren Leistungsfähigkeit der Wirtschaft des Landes nur wenig unter dem deutschen Niveau liegen würden.

"Bild" berief sich auf ihr vorliegende Dokumente aus dem Verteidigungsministerium in Athen. So sollen beim Kauf von 20 NH-90-Hubschraubern vom deutsch-französischen Eurocopter-Konzern 41 Millionen Euro Schwarzgeld geflossen sein. Die deutschen Firmen STN, Rheinmetall und Atlas sollen den Verkauf von U-Booten angeblich mit 62 Millionen Euro Schmiergeld gefördert haben. Zusätzlich untersuche das griechische Verteidigungsministerium 14 weitere Fälle, auch Geschäfte mit Leopard-Kampfpanzern. Die Zeitung zitierte einen Regierungsbeamten: "Die Gesamtforderung wird am Ende mehrere Hundert Millionen Euro betragen."

Nach Handelsblatt-Informationen aus dem Kreis der Troika-Institutionen EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank liegen die Renten in Griechenland überraschend hoch. So soll die Standardrente - wenn über die volle Beitragszeit eingezahlt wurde - in Griechenland mit 80 Prozent des Durchschnittslohnes bei rund 1100 Euro liegen. Das sei nur geringfügig weniger als in Deutschland. Allerdings seien die Unterschiede drastisch. Nach einem Bericht des griechischen Arbeitsministeriums müsse jeder Fünfte griechische Rentner mit weniger als 500 Euro im Monat auskommen.

Tsipras wird am frühen Nachmittag erwartet

10.07 Uhr: Nach dpa-Informationen trífft Tsipras am frühen Nachmittag zum ersten offiziellen Besuch in Berlin ein. Tsipras fliegt mit einer Sondermaschine des griechischen Staates. Um 17 Uhr will Merkel ihn mit militärischen Ehren vor dem Kanzleramt empfangen. Im Mittelpunkt des anschließenden Gesprächs steht der Streit um die Reformpolitik des pleitebedrohten Landes. Gegen 18.15 Uhr ist eine gemeinsame Pressekonferenz Merkels mit Tsipras geplant. Nach der verbalen Eskalation der vergangenen Tage bemühten sich beide Seiten am Sonntag um eine Versachlichung.

Regierung beklagt Verleumdung

9.40 Uhr: Griechische Regierungskreise haben die Korruptionsvorwürfe gegen den stellvertretenden Innenminister Giorgos Katrougalos als gezielte Attacke gegen Ministerpräsident Tsipras gewertet. „Das ist eine Verleumdung und der Versuch, die Glaubwürdigkeit der Regierung Tsipras ausgerechnet an dem Tag zu untergraben, an dem er nach Berlin reist, hieß es am Montag aus Kreisen der Regierung in Athen. Katrougalos selbst wies erneut alle Vorwürfe zurück und drohte damit, die Blätter anzuzeigen, die die Korruptionsvorwürfe veröffentlicht hatten.

Nach einem Bericht der Athener Sonntagszeitung „To Vima“ soll Vize-Innenminister Giorgos Katrougalos als Anwalt entlassene Beamte vertreten haben, deren Wiedereinstellung er als Minister angekündigt hat. Das Blatt veröffentlichte Dokumente, aus denen hervorgehen soll, dass die Kanzlei von Katrougalos noch am 27. Januar - dem Tag, an dem er das Ressort für Inneres und Verwaltungsreform übernahm - solche Verträge unterzeichnet hat. Als Honorar seien zwölf Prozent des Streitwerts vereinbart worden. Die Opposition fordert seitdem den Rücktritt des Ministers. (HA/dpa/rtr/afp)