Ein Augsburger Imker hatte gegen das Land Bayern geklagt, weil neben seinen Bienenstöcken Gen-Mais angebaut worden war. Er bekommt Schadenersatz.

Luxemburg/Augsburg. Honig mit Spuren gentechnisch veränderter Pflanzen dürfte nach einem EU-Urteil bald aus den Supermarktregalen verschwunden sein. Lebensmittel, die auch nur geringste Rückstände wie Pollen von solchen Pflanzen enthalten, müssten vorher geprüft und zugelassen werden. Sonst dürfe die Ware nicht in den Handel gelangen, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg (Rechtssache C-442/09). Er reagierte damit auf die Klage eines Imkers aus Augsburg gegen den Freistaat Bayern .

Im konkreten Fall ging es um Honig aus Bayern, der Pollen des gentechnisch verränderten Maises vom Typ MON 810 enthielt. Da dieser in der EU nicht als Lebensmittel zugelassen ist, dürfe der Honig nicht mehr verkauft werden, schrieb der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nach dem Urteil. Imker könnten von Landwirten nun Entschädigung verlangen, wenn ihr Honig Spuren von Gentechnik enthalte.

Hintergrund war die Klage des Imkers Karl Heinz Bablok aus Kaisheim in der Nähe von Augsburg gegen den Freistaat Bayern. Der Mann produzierte Honig und Met (Honigwein). Seine Bienenstöcke standen nur 500 Meter von einem Grundstück entfernt, auf dem der Freistaat zu Forschungszwecken gentechnisch veränderten Mais des Typs MON 810 anbauen ließ. Das Unternehmen Monsanto hatte 1998 die Genehmigung für den Anbau erhalten. Dieser Mais enthält das Gen eines Bakteriums, das Larven eines Parasiten abtötet.

2005 entdeckte der Imker Karl Heinz Bablok in seinen Bienenstöcken und seinem Honig Pollen des Gen-Maises. Seine Jahresernte, 342 Kilo Honig und Met, landete in den Kesseln der Müllverbrennungsanlage Augsburg.

Auf Anordnung des Verwaltungsgerichts Augsburg musste Bablok die Bienenvölker aus der Umgebung der staatlichen Anbauflächen entfernen und insgesamt 50 Bienenvölker umsiedeln. Allein die Kosten für die Analyse seines vernichteten Honigs betragen 746,73 Euro. Die Mehrkosten durch die Umsiedlung der Bienenvölker, der Mehraufwand für ihre Betreuung, die Entsorgungskosten für den Honig und der Ertragsausfall liegen nach erster Schätzung bei etwa 10.000 Euro.

Der Imker verklagte den Freistaat auf Schadenersatz durch alle Instanzen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof verwies den Fall schließlich nach Luxemburg.

Nach dem Urteil zeigte sich Bablok erleichtert: „Ich hätte nie gedacht, dass ich solche Wellen schlagen werde“, sagte er. „Aber die kleine Biene kann eben doch ganz schön stechen.“

Das Bundeslandwirtschaftsministerium will das Urteil prüfen und mit den zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über Konsequenzen beraten. Dabei gehe es nun besonders darum, „wie die Vorgaben des Gerichts für den Handel mit Honig möglichst schnell umgesetzt werden können“, sagte ein Sprecher in Berlin. Zudem sei die Europäische Kommission gebeten, einen Vorschlag über ein einheitliches Vorgehen in der gesamten EU vorzulegen.

Das Urteil gilt als wegweisend. Vor allem Importhonige aus Nord- und Südamerika dürften betroffen sein, wo weitaus mehr Gentechnik-Pflanzen angebaut werden als hierzulande. Der Richterspruch ist auch eine Schlappe für die EU-Kommission und Lobbygruppen der Agrarindustrie. Die EU-Kommission hatte argumentiert, der Honig bedürfe keiner Zulassung, weil Mais-Pollen ja zufällig und ohne menschliches Zutun in den Honig gelangt seien. Der Gerichtshof ist dagegen der Auffassung, dass es nicht darauf ankommt, „ob der Pollen dem Honig absichtlich hinzugefügt oder zufällig eingetragen wurde.“

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte, die europäische und die deutsche Gesetzgebung müsse nun angepasst werden. Erforderlich sei, einen Mindestabstand zwischen Gentechnikfeldern und Bienenstöcken festzulegen. Die Umweltschützer von Greenpeace forderten von der Bundesregierung, sie müsse „jeglichen weiteren Anbau von riskanten genmanipulierten Pflanzen unterbinden“.