Weltweite Solidarität für einen Inhaftierten: Die Vergabe des Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo stößt auf breite Zustimmung.

Berlin/Peking. Starke Botschaft an einen mutigen Mann: Die Auszeichnung des chinesischen Bürgerrechtlers Liu Xiaobo mit dem Friedensnobelpreis in Oslo ist weltweit auf große Zustimmung gestoßen. US-Präsident Barack Obama forderte wie die Bundesregierung in Berlin die unverzügliche Freilassung des Inhaftierten. Scharfe Kritik gab es hingegen von der chinesischen Regierung.

„Liu hat seine Freiheit für seine Überzeugung geopfert“, sagte Obama. Der Preisträger trete mutig und auf gewaltlose Weise für Demokratie und Menschenrechte ein. Der US-Präsident forderte, Liu müsse „so schnell wie möglich“ freigelassen werden.

Nach Ansicht des Dalai Lama würdigt die internationale Gemeinschaft mit der Verleihung des Preises die immer lauter werdenden Stimmen in der chinesischen Bevölkerung, die sich für grundlegende politische und rechtsstaatliche Reformen einsetzen. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter hatte den Preis 1989 selbst erhalten.

Auch der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel, der Liu selbst nominiert hatte, begrüßte die Entscheidung des Nobelkomitees, das es ungeachtet der Warnungen aus Peking abgelehnt habe, ökonomische Interessen über die Menschenrechte zu stellen. Er bezeichnete Liu als „Prototyp eines engagierten Bürgers, dem ein solcher Preis gebührt“.

Bundespräsident Christian Wulff sagte Liu die Unterstützung Deutschlands zu. „Ihr Mut, sich für die Menschenrechte in Ihrem Land friedlich einzusetzen, hat meinen größten Respekt“, schrieb Wulff in seinem Glückwunschschreiben. Durch seine Freilassung solle Liu den Preis selber in Empfang nehmen können, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der Preisträger sei „ein mutiger Mann, der in seiner Heimat Demokratie und Menschenrechten zur Durchsetzung verhelfen will“.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach von einer mutigen Entscheidung des Komitees: „Das sendet auch ein Signal in die Welt, dass das Eintreten für Menschenrechte unterstützt wird.“

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, forderte die Freilassung aller politischen Häftlinge in China. Peking solle diese Gelegenheit für einen Richtungswechsel nutzen, sagte er der Deutschen Welle.

Auch die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay würdigte die Auszeichnung Lius. „Wir begrüßen diese Anerkennung für die bedeutende Rolle bei der Verteidigung der Menschenrechte in China und in vielen anderen Staaten“, sagte Pillay in Genf.

Der Preis ehre nicht nur Liu Xiabo, „sondern auch all jene, die täglich kämpfen, um die Regierung zur Verantwortung zu ziehen“, erklärte Sophie Richardson von Human Rights Watch.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wertete den Nobelpreis für Liu Xiaobo als „starke Botschaft der Unterstützung für all jene in der Welt, die gelegentlich unter großen persönlichen Opfern für Freiheit und Menschenrechte kämpfen“.

„Diese Entscheidung steht für die Verteidigung der Menschenrechte überall auf der Welt“, heißt es in einer Erklärung von Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner.

Norwegens Regierungschef Jens Stoltenberg gratulierte dem Menschenrechtler, vermied aber jede direkte Kritik an Peking. China hatte Norwegen mit einer Verschlechterung der Beziehungen gedroht, sollte Liu Xiaobo oder ein anderer Dissident ausgezeichnet werden. Peking bestellte noch am Freitag den norwegischen Botschafter ein.

Bei spontanen Feiern in Peking wurden nach Angaben der Bürgerrechtlerin Wang Lihong rund 20 prodemokratische Aktivisten festgenommen.

Viel Zustimmung gab es auch im Internet, wo viele Nutzer in Kommentaren auf einen Sinneswandel der chinesischen Führung im Umgang mit Menschenrechten hoffen. „Komm schon China, lasst ihn aus dem Gefängnis raus!“, schrieb ein „NickKristof“ in einem häufig verbreiteten Tweet.

Als Ermutigung für die Menschenrechtsbewegung in China bezeichnete auch der deutsche Ableger des Schriftstellerverbandes PEN die Ehrung. Die Organisation hatte bereits am Donnerstag mitgeteilt, dass auch der mit 10000 Euro dotierte Hermann-Kesten-Preis in diesem Jahr an Liu Xiaobo geht.

Der mit Liu befreundete Schriftstellers Liao Yiwu zeigte sich zuversichtlich, dass der Friedensnobelpreis dem Dissidenten helfen könnte. Wenn die chinesische Führung „noch ein bisschen Vernunft“ habe, werde sie jetzt als Reaktion die Haftbedingungen Lius nicht noch verschlechtern, sagte er auf der Frankfurter Buchmesse.

Die chinesische Regierung nannte den 54-jährigen Preisträger in einer Erklärung des Außenministeriums einen Kriminellen, der wegen Gesetzesverstößen im Gefängnis sitze. Liu war im Dezember 2009 zu elf Jahren Haft verurteilt worden.

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