Präsident Dmirtri Medwedew begnadigte im Gegenzug vier Häftlinge. Das US-Außenministerium behauptet: Wir haben einen guten Deal gemacht.

New York. In Wien haben Russland und die USA offenbar den größten Agentenaustausch seit dem Zweiten Weltkrieg vollzogen. In der österreichischen Hauptstadt startete am Freitag zunächst eine russische Regierungsmaschine, die vermutlich zehn von den USA abgeschobenen Agenten an Bord hatte. Kurz danach hob auch eine US-Maschine ab, die vier von Russland freigelassene Häftlinge in die USA bringen sollte, die wegen Kontakts zu westlichen Geheimdiensten verurteilt worden waren.

Die zehn russischen Spione waren von New York nach Wien geflogen worden, wie aus Behördenkreisen verlautete. Dorthin brachte eine russische Maschine auch die vier zum Austausch vorgesehen Personen aus Moskau. Die Flugzeuge landeten im Abstand weniger Minuten und parkten nebeneinander in einem entlegenen Abschnitt des Flughafens. Etwa eineinhalb Stunden später starteten sie wieder. Das US-Flugzeug sollte möglicherweise einen Zwischenstopp in London einlegen.

Die russischen Spione hatten sich wenige Stunden zuvor vor einem Bundesgericht in New York der Verschwörung schuldig bekannt. Sie wurden verurteilt, und ihre Abschiebung wurde verfügt. Sie waren in der vergangenen Woche in einer spektakulären Aktion festgenommen worden.

In Moskau begnadigte der russische Präsident Dmitri Medwedew nach Angaben des Kremls die vier verurteilten Spione, um den Agentenaustausch zu ermöglichen. Es handele sich um die ehemaligen Geheimdienstoberste Sergej Skripal und Alexander Saporoschski, den wegen Spionage verurteilten Wissenschaftler Igor Sutjagin sowie einen weiteren russischen Staatsbürger mit den Namen Gennadi Wasilenko. Dessen genaue Identität war zunächst unklar.

Aus US-Regierungskreisen verlautete, die vier Männer hätten sich als Bedingung für ihre Freilassung schuldig bekennen müssen. Einige von ihnen seien in schlechtem gesundheitlichen Zustand, sagte eine Gewährsperson in Washington. Vor Gericht in New York äußerten sich die zehn Agenten nicht dazu, welche Art von Spionage sie tatsächlich für Russland betrieben. Anna Chapman, deren Fotos in der Boulevard-Presse erschienen, erklärte auf eine Frage des Richters, ob sie gewusst habe, dass ihre Taten illegal seien: „Ja, das habe ich.“

Ihr Anwalt erklärte später in einem Fernsehinterview, Chapman habe keine Geheimnisse an die Russen verraten. Sie habe sich nur schuldig bekannt, um aus dem Gefängnis zu kommen. Chapman habe lediglich von einem Laptop aus mit einem russischen Agenten kommuniziert. Der Anwalt einer russischen Agentin, die unter dem Namen Vicky Pelaez in den USA lebte, erklärte, die russische Regierung habe seiner Mandantin 2000 Dollar monatlich und eine Wohnung angeboten, wenn sie in Russland bleibe. Pelaez wolle aber stattdessen in ihr Geburtsland Peru zurückkehren.

„Das Netzwerk von in den USA operierenden Agenten wurde zerschlagen“, sagte ein Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, Mark Toner. „Es hätte sich kein Gewinn für die nationale Sicherheit ergeben, wenn diese zehn Agenten länger in den USA inhaftiert worden wären.“ Der ehemalige CIA-Agent Peter Earnest sagte der Nachrichtenagentur AP, Washington könne mit dem Deal zufrieden sein. Die USA hätten zehn weniger wichtige russische Agenten aufgegeben und im Gegenzug vier Personen zurückbekommen, die in Russland wegen Spionage verurteilt worden waren.