„Roadshow“ nennt der griechische Ministerpräsident sein Werben um einen neuen Schulden-Deal. Mit Angela Merkel spricht Alexis Tsipras nicht. Doch die Kanzlerin hat einen prominenten Informanten.

Athen/Brüssel/Berlin. Geschickt und provokant im Stile eines ausgebufften Populisten macht er das, der neue griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras: Düpiert den Präsidenten des Europa-Parlaments, Martin Schulz, bei dessen Athen-Besuch. Lässt seinen neuen Finanzminister gegen die Troika blaffen – und fährt selbst mit Kreide in der Stimme nicht nach Berlin zu Angela Merkel, sondern zu seinen Sozialisten-Freunden nach Paris und Rom. Nach scharfen Tönen in Richtung der Euro-Partner will der neue griechische Premier Tsipras nun eine gemeinsame Linie mit den Geldgebern ausloten.

Dabei zeigte er sich am Wochenende deutlich gemäßigter als noch zuletzt. „Obwohl es unterschiedliche Perspektiven gibt, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir bald eine für beide Seiten zufriedenstellende Vereinbarung treffen können, für Griechenland und für Europa als Ganzes“, teilte Tsipras der Nachrichtenagentur Bloomberg nach deren Bericht in einer E-Mail mit.

Auf einer „Roadshow“ führt der 40-jährige Chef der frisch gewählten Links-Rechts-Regierung diese Woche dazu Gespräche unter anderem in Frankreich und Italien sowie mit der EU-Kommission. Zuvor war es am Freitag zu einem Eklat gekommen, als der neue griechische Finanzminister Gianis Varoufakis Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem eröffnete, sein Land werde nicht mehr mit der „Troika“ der Spar-Kontrolleure zusammenarbeiten.

Allerdings versuchte Tsipras anschließend bereits, in Telefonaten mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, die Wogen wieder etwas zu glätten. Das Gespräch mit Juncker sei freundschaftlich verlaufen, hieß es am Sonntag aus dem Umfeld des luxemburgischen Politikers. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte der „Welt am Sonntag“, er habe Tsirpas „nachdrücklich ans Herz gelegt, verbal abzurüsten“.

Merkel im Abendblatt: „Warten auf griechische Vorschläge“

Berlin steht bisher nicht auf dem Reiseplan Tsipras', nach Angaben aus EU-Kreisen stimmt sich Juncker aber laufend mit der Bundesregierung ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich trotz des zunächst forschen Auftretens der neuen Athener Regierung versöhnlich. „Wir, also in Deutschland und die anderen europäischen Partner, warten jetzt erst einmal ab, mit welchem Konzept die neue griechische Regierung auf uns zukommen wird“, sagte Merkel dem Hamburger Abendblatt.

Wenn Reformanstrengungen unternommen würden, werde es „auch weiterhin Solidarität für Griechenland“ geben, sagte die wegen des harten Sparkurses bei vielen Griechen unbeliebte Bundeskanzlerin und betonte: „Ich freue mich darauf, die Freundschaft unserer beiden Völker weiter stärken zu können.“

Alexis Tsipras hat die Troika düpiert

Gleichzeitig sprach sich Merkel ebenso wie Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erneut gegen einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland aus. Ein solcher Erlass gehört bisher zu den Forderungen von Tsipras' Regierung. Sie engagierte zur Vorbereitung die französische Investmentbank Lazard, die bereits an dem ersten Schuldenschnitt 2012 für private Gläubiger mitgewirkt hatte.

Tsipras will am Mittwoch (4.2.) mit Juncker ebenso wie mit Frankreichs Staatspräsident François Hollande zusammenkommen. Zuvor reist er nach Zypern und Italien. Juncker zeigt bisher Verständnis für Tsipras' sozialpolitische Initiativen. Eine Rückkehr der in Griechenland verhassten Troika aus EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) könne von der griechischen Öffentlichkeit als „Provokation“ empfunden werden, hatte er betont. Einen Schuldenschnitt lehnt der EU-Spitzenpolitiker jedoch ebenfalls ab.

Die Gespräche dürften auch auf den geplanten EU-Gipfel und das nächste Treffen der Euro-Finanzminister Mitte Februar zielen. Ende des Monats läuft das zweite Hilfsprogramm für Griechenland aus. Nach Einschätzung von Experten wird Athen aber weiterhin auf den Beistand der Euro-Partner angewiesen sein – vor allem die griechischen Banken könnten ohne einen komplexen Unterstützungsmechanismus der EZB Probleme bekommen. Notwendig wäre daher wohl eine Übergangsregelung bis zum Sommer. „Wir brauchen Zeit zum Atmen, um unser eigenes mittelfristiges Reformprogramm zu erarbeiten“, sagte Tsipras der Nachrichtenagentur Bloomberg.