Ein Gewaltverbrecher hat gegen seine Sicherungsverwahrung geklagt. Die Bundesregierung muss jetzt Schmerzensgeld zahlen.

Straßburg. Deutschland hat mit der rückwirkenden Sicherungsverwahrung eines Gewaltverbrechers gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte die Bundesregierung deshalb zur Zahlung von 50.000 Euro Schmerzensgeld an den 52-jährigen Beschwerdeführer.

Der Mann, ein mehrfach vorbestrafter Gewaltverbrecher, wird seit 18 Jahren im hessischen Schwalmstadt in Sicherungsverwahrung gehalten, weil er immer noch als gefährlich eingestuft wird. Als er 1986 in Marburg wegen versuchten Raubmords zu fünf Jahren Haft und gleichzeitig zu einer Sicherungsverwahrung verurteilt wurde, galt für diese eine Höchstzeit von zehn Jahren. Seit 1998 ist die Sicherungsverwahrung jedoch unbegrenzt.

Der Mann hatte sich darüber beschwert, dass die neue Bestimmung rückwirkend auf ihn angewandt wurde. Eigentlich hätte er 2001 freigelassen werden sollen. Der Mann berief sich bei seiner Grundrechtsbeschwerde auf Artikel sieben der Menschenrechtskonvention (Verbot rückwirkender Strafverschärfung) ebenso wie auf Artikel fünf über das Recht auf Freiheit.

Die Straßburger Richter wandten sich mit ihrem Urteil gegen ein Leiturteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2004. Das höchste deutsche Gericht hatte darin zwischen „Strafen“ und „Maßregeln der Besserung und Sicherung“ unterschieden. Das Europagericht stufte die Sicherungsverwahrung nun als Strafe ein. Es argumentierte unter anderem, „dass diese Form der Haft genau wie eine gewöhnliche Haftstrafe einen Freiheitsentzug bedeutet und dass in der Praxis Häftlinge in der Sicherungsverwahrung in gewöhnlichen Gefängnissen untergebracht sind“.