Ein als gefährlich eingestufter Häftling aus Bayern wollte entlassen werdsen. Jetzt scheiterte er vor dem höchsten deutschen Gericht.

Kalrsruhe. Trotz der Entscheidung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs hat das Bundesverfassungsgericht einen als gefährlich geltenden Straftäter weiter in Sicherungsverwahrung belassen. In einer Entscheidung vom Dienstag lehnte eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts den Eilantrag des Straftäters ab. Der Menschengerichtshof in Straßburg hatte am 17. Dezember die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung als Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention bewertet.

Der Kläger in Karlsruhe, ein mehrfach vorbestrafte Mann, war 1995 nicht nur zu Gefängnis verurteilt worden, sondern es wurde zugleich die Sicherungsverwahrung gegen ihn verhängt. Zu diesem Zeitpunkt war die Maßnahme noch auf zehn Jahre beschränkt. Die Zehnjahres-Grenze wurde dann aber rückwirkend aufgehoben, weshalb der als gefährlich geltende Straftäter noch heute in Sicherungsverwahrung sitzt. Das Bundesverfassungsgericht hatte die nachträgliche Verlängerungsmöglichkeit im Jahr 2004 gebilligt. Denn bei der Sicherungsverwahrung handele es sich nicht um eine Strafe, sondern um eine Sicherungsmaßnahme, lautete die damalige Begründung. Das Rückwirkungsverbot sei deshalb nicht verletzt.

Am 17. Dezember 2009 hatte nun ein Häftling aus Hessen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Erfolg, dessen Sicherungsverwahrung nachträglich verlängert worden war. Der EGMR beurteilte die Sicherungsverwahrung anders als Karlsruhe als Strafe und sah in der nachträglichen Verlängerung einen Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention. Ein Häftling aus Bayern, der ebenfalls von der nachträglichen Verlängerung betroffen ist, beantragte nun aufgrund der Straßburger Entscheidung per einstweiliger Anordnung seine sofortige Entlassung vor dem Bundesverfassungsgericht. Eine Kammer des Zweiten Senats lehnte das am Dienstag einstimmig ab. Die drei zuständigen Verfassungsrichter verwiesen dabei auch auf ein psychologisches Gutachten, das den Mann als gefährlich einschätzt.

Die Folgen für die Sicherheit der Allgemeinheit seien deshalb schwerwiegender, wenn der Häftling jetzt entlassen würde, sich seine Verfassungsbeschwerde später aber als unbegründet erweisen würde, als wenn der Freiheitsentzug jetzt fortdauere und die Verfassungsbeschwerde später Erfolg hätte. Die neuen Rechtsfragen zur Sicherungsverwahrung, die sich nach dem EGMR-Urteil stellten, müssten im Hauptsacheverfahren geklärt werden, hieß es im Beschluss.

(Aktenzeichen: Bundesverfassungsgericht 1 BvR 2365/09)