Auf der Krim haben die Bewohner für einen Anschluss der ukrainischen Halbinsel an Russland gestimmt. Der Westen lehnt die Abstimmung als völkerrechtswidrig ab, Putin kündigt Erklärung für Dienstag an.

Simferopol/Hamburg. Ungeachtet aller Drohungen der internationalen Gemeinschaft hat Russland die ukrainische Halbinsel Krim als „souveränes und unabhängiges Land“ anerkannt. Einen entsprechenden Erlass unterzeichnete der russische Präsident Wladimir Putin am Montag. Mit diesem Schritt bereitet Moskau die Eingliederung der Krim in die Russische Föderation vor. Der Westen reagierte auf die Unabhängigkeitserklärung der Krim mit den schärfsten Sanktionen gegen Russland seit dem Ende des Kalten Krieges. Die EU und die USA sperrten die Konten mehrerer Vertrauter von Präsident Wladimir Putin und belegten sie mit Reiseverboten.

Am Sonntag hatten die Bewohner der Krim bei einem Referendum mit überwältigender Mehrheit für die Loslösung von der Ukraine und eine Eingliederung in die Russische Föderation gestimmt. Das Parlament der Halbinsel erklärte die Region am Montag zum unabhängigen Staat.

Die USA ließen derweil die Konten von sieben russischen Spitzenfunktionären einfrieren, die das Referendum auf der Krim aktiv unterstützt hatten. Die verhängten Sanktionen würden den Betroffenen klarmachen, dass „ihre Taten Konsequenzen haben“, teilte US-Präsident Barack Obama mit. Gleichzeitig drohte er, die „Kosten weiter zu erhöhen“, sollte Russland sich nicht aus der Ukraine fernhalten. Gegen Putin selbst seien keine Sanktionen verhängt worden, weil man dabei üblicherweise nicht mit dem Staatschef beginne, hieß es aus Regierungskreisen.

Auch die EU-Außenminister beschlossen in Brüssel gegen 21 Menschen Reiseverbote und ließen ihre Konten sperren. 13 von ihnen seien Russen, acht stammten von der Krim, verlautete aus Diplomatenkreisen. Die EU gab die Namen zunächst nicht bekannt, doch nach Angaben aus Washington gab es einige Überschneidungen mit der US-Liste. Obama belangte unter anderem den russischen Vizeregierungschef Dmitri Rogosin, die Vorsitzende des Föderationsrates, Valentina Matwijenko, zwei enge Mitarbeiter Putins sowie mehrere Abgeordnete. Auch vier Ukrainer, unter ihnen Ex-Präsident Viktor Janukowitsch, wurden unter einem bereits bestehenden Dekret mit Sanktionen belegt.

Der Westen lehnt das Referendum auf der Krim als gesetzeswidrig ab, bei dem sich nach Angaben der Wahlkommission am Sonntag 96,8 Prozent der Wähler für eine Abspaltung von der Ukraine und eine Eingliederung in die Russische Föderation ausgesprochen hatten. Die US-Regierung sprach von „massiven Anomalitäten“ bei der Wahl.

Das Regionalparlament erklärte anschließend die Krim zu einem unabhängigen Staat, führte den russischen Rubel als offizielles Zahlungsmittel ein und beschloss die Beschlagnahmung des gesamten ukrainischen Staatseigentums in der Region. Vermummte in Schutzwesten blockierten den Zugang zum Parlament, ansonsten blieb es in der Region vergleichsweise ruhig.

Eine Delegation von Abgeordneten der Krim reiste nach den Beschlüssen nach Moskau. Dort wollte Putin am (morgigen) Dienstag auch Abgeordnete beider Häuser des Parlaments über das weitere Vorgehen informieren.

Die neue Führung in Kiew machte deutlich, dass sie ihr Territorium nicht so schnell aufgeben will. Das Parlament billigte ein Präsidentendekret zur Mobilisierung von bis zu 20 000 Freiwilligen und Reservisten. Zuletzt war in der Ukraine bereits eine 20 000 Mann starke Nationalgarde gegründet worden. Präsident Alexander Turtschinow erklärte, der Schritt sei „durch die anhaltende Aggression“ auf der Krim nötig geworden. Das Referendum bezeichnete er als „große Farce“.

Gleichzeitig sicherte die Nato der Ukraine eine verstärkte Zusammenarbeit zu. Das Militärbündnis wolle dabei helfen, die Fähigkeiten der ukrainischen Streitkräfte auszubauen, und mehr gemeinsame Ausbildungen und Übungen abhalten, teilte die Nato nach einem Treffen des ukrainischen Außenministers Andrej Deschtschiza mit Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen mit.

Die wichtigsten Ereignisse vom Montag zum Nachlesen im Abendblatt-Newsticker:

22.39 Uhr: Frankreich hat wegen der Krim-Krise eine für Dienstag geplante Moskau-Reise seiner Außen- und Verteidigungsminister auf unbestimmte Zeit verschoben. Bei den regelmäßigen Treffen diskutieren die beiden Staaten eigentlich Sicherheitsfragen.

22.01 Uhr: Putin will laut CNN mit eigenen Sanktionen auf die Strafmaßnahmen der USA reagieren. Die russischen Sanktionen sollten hochrangige Vertreter von Obamas Regierung sowie wichtige Senatoren treffen, berichtete das Online-Magazin „The Daily Beast“ unter Berufung auf Diplomatenkreise. Putin werde seine Liste der Betroffenen möglicherweise schon am Dienstag veröffentlichen, hieß es. Darunter seien etwa die US-Spitzendiplomatin Victoria Nuland sowie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im US-Senat, Dick Durbin, der Moskaus Vorgehen in der Ukraine zuletzt kritisiert hatte.

21.41 Uhr: Die verhängten EU-Sanktionen betreffen unter anderem den von Kiew nicht anerkannten Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow und den Befehlshaber der russischen Schwarzmeerflotte, Vizeadmiral Alexander Witko. Aksjonow wird im Amtsblatt der Europäischen Union vom Montag an erster Stelle erwähnt. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sagte, die 21 seien verantwortlich für die „Unterminierung oder Bedrohung der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine“. Gegen sie wurden Kontensperrungen und Einreiseverbote erlassen.

20.03 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die EU-Sanktionen verteidigt. „Das ist eine Maßnahme, die niemandem leicht gefallen ist. Wir haben das nicht angestrebt“, sagte Merkel.

19.33 Uhr: Putin hat die Krim als unabhängigen Staat anerkannt. Wie russische Nachrichtenagenturen berichteten, unterzeichnete er ein entsprechendes Dekret.

18.04 Uhr: Die EU-Sanktionen gegen Russland sollen auch den Kommandeur der Schwarzmeerflotte treffen, die auf der ukrainischen Halbinsel Krim stationiert ist. Das geht aus einem Dokument der EU hervor.

17.58 Uhr: Die selbst ernannte Führung der Krim hat mehrere ukrainische Staatsunternehmen auf der Halbinsel beschlagnahmt. Die moskautreue Regierung habe unter anderem den Energieversorger Tschernomorneftegas per Parlamentsbeschluss verstaatlicht, teilten Medien in Simferopol am Montag mit. Es gebe eine ganze Liste weiterer Objekte, sagte Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew. Privateigentum sei aber nicht betroffen. Die prowestliche Zentralregierung in Kiew protestierte gegen den Schritt.

17.27 Uhr: Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow erklärt sich zu Verhandlungen mit Russland über die Krim bereit. Eine Annexion der Halbinsel werde sein Land aber niemals hinnehmen.

16.24 Uhr: Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton kündigt an, dass die Namen der 21 Personen, gegen die die EU Sanktionen verhängt hat, noch am Montag veröffentlicht werden.

17.16 Uhr: Der letzte Staatschef der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, hat sich für einen Beitritt der Krim zu Russland ausgesprochen und die Sanktionen des Westens kritisiert. Die Halbinsel sei einst auf Beschluss von Ex-Staatschef Nikita Chruschtschow der Ukraine zugeschlagen worden, ohne das die Krim-Bevölkerung selbst gefragt worden wäre, sagte Gorbatschow am Montag der Nachrichtenagentur Interfax. „Jetzt haben die Menschen auf der Krim beschlossen, diesen Fehler zu korrigieren“.

16.59 Uhr: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat die Forderung Moskaus zurückgewiesen, eine „Unterstützergruppe“ solle Kiew zur Anerkennung der Realitäten auf der Krim bewegen. Es könne „keine internationale Kontaktgruppe, überhaupt kein internationales Format“ geben, das als Legitimation einer Annexion der Krim verstanden werden könnte, sagte der SPD-Politiker am Montag in Brüssel.

16.25 Uhr: Die Nato hat der Ukraine eine verstärkte Zusammenarbeit zugesagt. Das beinhalte, die Belastbarkeit des Militärs auszubauen sowie mehr gemeinsame Ausbildung und Übungen.

15.44 Uhr: Die Ukraine zieht ihren Botschafter aus Moskau ab, um sich mit ihm zu beraten. Das teilt das Außenministerium in Kiew mit.

15.18 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht sich nach Angaben von Teilnehmern in den CDU-Führungsgremien für einen entschiedenen Kurs gegenüber Russland in der Ukraine-Krise aus. Es sei sehr wichtig, notfalls mit weiteren Sanktionen aufzutreten, sagt sie nach Angaben von Teilnehmern sowohl im Präsidium als auch im Bundesvorstand der CDU.

14.49 Uhr: Die USA haben ihre Sanktionen verschärft. Die Regierung in Washington blockierte am Montag das US-Vermögen von sieben ranghohen russischen Regierungsvertretern und Parlamentariern, darunter der stellvertretende Ministerpräsident Dmitri Rogosin. Außerdem wurden der entmachtete ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch und der von Kiew nicht anerkannte Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow auf die Sanktionsliste gesetzt.

14.08 Uhr: Als Reaktion auf die von Russland vorangetriebene Abspaltung der ukrainischen Halbinsel Krim belegt die EU 21 Russen und Ukrainer mit Einreiseverboten und Kontosperren.

13.45 Uhr: In der schweren politischen Krise um die Ukraine hat die EU Sanktionen gegen Russland beschlossen. Die EU-Außenminister einigten sich am Montag in Brüssel auf eine Liste von 21 Personen, gegen die Einreiseverbote verhängt und deren Konten gesperrt werden, berichteten Diplomaten.

13.25 Uhr: Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow (83) hält die Voraussetzungen für einen Beitritt der Krim zu Russland für erfüllt. „Die Menschen (auf der Halbinsel) wollen es, und das bedeutet, dass man ihnen entgegenkommen muss“, sagte der frühere Sowjetpräsident am Montag der Agentur Itar-Tass in Moskau.

12.51 Uhr: Die Krim-Regierung verstaatlicht die ukrainischen Energiekonzerne Chornomornaftohaz und Ukrtransgaz auf der Halbinsel. Das melden russische Nachrichtenagenturen.

11.37 Uhr: Die Bundesregierung fordert ein Ende der militärischen Aktivitäten Russlands in der Ukraine. Das sagt Regierungssprecher Steffen Seibert.

11.30 Uhr: Die Bundesregierung verurteilt das Referendum auf der Krim. Deutschland erkenne es nicht an, sagt Regierungssprecher Steffen Seibert.

11.11 Uhr: Russland schlägt Bildung einer internationalen „Unterstützungsgruppe“ zur Vermittlung in der Ukraine-Krise vor.

10.40 Uhr: Das Parlament in Kiew hat einer Teilmobilisierung der Armee zugestimmt. 275 Abgeordnete genehmigten am Montagmorgen einen entsprechenden Antrag von Interimspräsident Alexander Turtschinow, während sich 33 Parlamentarier enthielten. Zur Begründung nannten die Abgeordneten „die Zuspitzung der politischen Lage im Land und die Einmischung Russlands in die inneren Angelegenheiten der Ukraine“.

10.28 Uhr: Nach den Worten des tschechischen Außenministers stehen auf der Liste der EU-Sanktionen gegen Russland rund 20 Namen. Im Verlauf der Woche könnten noch weitere dazukommen.

10.19 Uhr: Das Parlament der Ukraine billigt ein Präsidenten-Dekret, das eine Teilmobilisierung der Streitkräfte einschließlich der Mobilisierung von 40.000 Reservisten vorsieht. Davon sollen 20.000 in die Streitkräfte eingebunden werden und 20.000 in eine neu gebildete Nationalgarde.

10.12 Uhr: Der Präsident des Krim-Parlaments, Wladimir Konstantinow, teilt mit, die ukrainischen Militäreinheiten in der Krim-Region würden aufgelöst.

9.52 Uhr: Die Regionalregierung der Krim beantragt russischen Nachrichtenagenturen zufolge offiziell die Aufnahme in die Russische Föderation.

9.52 Uhr: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier fordert Russland auf, umgehend eine Beobachtermission in der Ukraine zuzulassen. Dies müsse in den nächsten Tagen geschehen, nicht erst in Wochen oder Monaten. Der Schwerpunkt der Mission solle im Osten und Süden der Ukraine liegen, sagt Steinmeier vor Beratungen mit seinen EU-Amtskollegen in Brüssel.

9.31 Uhr: Die EU-Sanktionen, die am Montag gegen Russland beschlossen werden sollen, werden nach den Worten von Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn zeitlich begrenzt sein. Damit solle die Möglichkeit für weitere Gespräche gegeben werden. Realpolitisch gesehen könnten aber keine Sanktionen der Welt ändern, was am Sonntag auf der Krim geschehen sei.

9.15 Uhr: Die EU wird sich nach den Worten des britischen Außenministers William Hague heute auf Einreiseverbote und das Einfrieren von Konten von Einzelpersonen einigen. Auf der Liste würden Namen aus Russland und der Krim stehen.

8.26 Uhr: Bei dem Krim-Referendum haben sich dem amtlichen Endergebnis zufolge 96,77 Prozent der Teilnehmer für den Anschluss an Russland ausgesprochen. Dies teilt die regionale Wahlleitung mit.