Nach dem klaren Ja zu einem Anschluss der Krim an Russland will der Westen die Sanktionsschraube enger ziehen. Das Referendum auf der Halbinsel könnte sich damit für Kremlchef Putin als Pyrrhussieg erweisen.

Simferopol/Berlin. Nach dem umstrittenen Referendum, bei dem sich laut offiziellem Endergebnis 96,6 Prozent für die Eingliederung der ukrainischen Halbinsel in die Russische Föderation ausgesprochen, droht Russland eine Kaskade neuer Strafmaßnahmen von EU und USA. Am Montag beraten die EU-Außenminister über ein Einfrieren von Vermögenswerten und Einreiseverbote. Weitere Schritte könnten am Donnerstag bei einem Gipfel von EU-Regierungschefs beschlossen werden, verlautete aus Brüssel. US-Präsident Barack Obama bekräftigte in einem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin seine Ablehnung gegen das Votum auf der Krim und kündigte ebenfalls Sanktionen an. Die Regierung in Kiew prangerte die Abstimmung als Zirkus an.

Rund zwei Wochen nach der Besetzung der Halbinsel durch prorussische Milizen und Soldaten sprachen sich deren Bewohner am Sonntag klar für eine Abspaltung der Krim von der Ukraine und einen Anschluss an Russland aus. Jubelnde Menschen versammelten sich am Abend in den Straßen der Hauptstadt Simferopol. Viele schwenkten russische Fahnen, manche zündeten ein Feuerwerk.

Fast 60 Prozent der etwa zwei Millionen Krim-Bewohner sind ethnische Russen. Ukrainer und Krim-Tataren hingegen stemmen sich gegen die Angliederung an Russland, viele von ihnen boykottierten die Abstimmung. Die prorussische Führung auf der Krim will nun Fakten schaffen. Schon am Montag werde das Parlament in Simferopol Moskau offiziell um eine Annexion bitten, teilte der örtliche Regierungschef Sergej Aksjonow über Twitter mit. Am selben Tag wollten Abgeordnete der Krim zu entsprechenden Gesprächen in die russische Hauptstadt reisen.

Offen für deutschen Plan

Obama kritisierte das Vorgehen auf der Krim in einem Telefonat mit Putin scharf. Das Referendum würden die USA niemals anerkennen, hieß es aus dem Weißen Haus. Es verletze die ukrainische Verfassung und sei unter Androhung einer Militärintervention Moskaus erfolgt. Zugleich rief Obama den Kremlchef auf, mit der Regierung in Kiew und dem Westen eine diplomatische Lösung der Krise anzustreben. Zur Sprache kam dabei auch eine von Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeschlagene Ausweitung der internationalen Beobachtermission im prorussisch eingestellten Osten der Ukraine. Putin zeigte sich laut dem Kreml offen für den deutschen Plan, erklärte jedoch, dass sich eine solche Mission auf alle Landesregionen erstrecken müsse.

Zugleich verteidigte der russische Präsident seine Krim-Politik. Der Volksentscheid sei legal und im Einklang mit dem Recht auf Selbstbestimmung, erklärte der Kreml. Daraufhin habe Obama ihn daran erinnert, dass die USA und die EU Sanktionen gegen Russland verhängen würden, sollte es die Krim annektieren. Auch die neue Führung in Kiew gab sich entschlossen, das Referendum nicht anzuerkennen. „Derzeit läuft im Territorium der autonomen Republik Krim unter der Regie der Russischen Föderation eine Zirkusaufführung: das sogenannte Referendum“, sagte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk. „Teil der Aufführung sind auch 21.000 russische Soldaten, die versuchen, mit ihren Gewehren, die Legalität des Referendums zu beweisen.“

Die angespannte Lage auf der Halbinsel dürfte sich nun weiter verschärfen. Die russischorientierte Führung warnte die ukrainischen Soldaten auf der Halbinsel, dass sie als „illegal“ angesehen würden, sollten sie nach der Abstimmung ihre Kasernen nicht verlassen. Die Regierung in Kiew lehnte das ab. Der ukrainische Verteidigungsminister Igor Tenjuk wurde von der Agentur Interfax mit den Worten zitiert: „Das ist unser Land und wir gehen von diesem Land nirgendwohin.“

Bereits am Samstag hatten russische Soldaten nach Angaben aus Kiew erstmals auch ein ukrainisches Dorf rund zehn Kilometer von der Grenze zur Krim besetzt. Die Truppen hätten sich schließlich zurückgezogen, kontrollierten aber noch die nahe gelegene Gasanlage, wie der Sprecher des ukrainischen Grenzschutzes sagte. Ukrainische Soldaten errichteten am Sonntag Barrikaden rund um das Dorf und hoben Gräben aus.