Das bayerische Fernsehduell von CSU-Chef Seehofer und seinem SPD-Herausforderer Ude verläuft wesentlich unterhaltsamer als das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück.

Unterföhring. Das bayerische Fernsehduell beginnt schon vor der Fernsehsendung: Noch bevor CSU-Chef Horst Seehofer und sein SPD-Herausforderer Christian Ude im Studio Unterföhring des Bayerischen Rundfunks eintreffen, liefern sich die Anhänger ein Sprechchor-Duell vor dem Tor – mit leichtem numerischem Vorteil für die Sozialdemokratie: 32 Ude-Fans intonieren rhythmisch: „Christian Ude, Christian Ude“. „Ab nach Mykonos“, schallt es von 26 Junge-Union-Anhängern auf der anderen Straßenseite in Anspielung auf Udes bevorzugtes Urlaubsziel zurück.

Und auch Ude geht schon vor Beginn in Angriffsposition: „Ich habe keine Variationen, dass ich mal der brüllende Löwe bin, mal der schnurrende Kater“, spottet Ude über den Amtsinhaber. „Ich bin immer derselbe.“

Ude ist nach den Umfragen nahezu hoffnungslos im Rückstand – doch das bedeutet, dass Seehofer bei dem Fernsehduell auch mehr zu verlieren hat als Ude. Der Münchner Oberbürgermeister hingegen muss angreifen, um unentschiedene Wähler auf seine Seite zu ziehen. Das wird auch von der CSU so gesehen: „Es ist wie bei einem guten Boxkampf. Der Herausforderer muss zeigen, was er kann“, sagt CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt.

Dennoch tun beide Kandidaten zunächst so, als sei es ein Tag wie jeder andere. Sowohl Seehofer als auch Ude sagen, sie hätten sich nicht eigens vorbereitet. Beide wollen sein wie immer: „Da ist nichts geschauspielert, nichts eingeübt“, sagt Seehofer vor der Livesendung. Doch ein Detail zeigt, dass es eben doch ein Tag von großer Bedeutung im bayerischen Wahlkampf ist: Beide haben sich einen Tag frei genommen, bevor sie sich auf den Weg zum Studio Unterföhring des Bayerischen Rundfunks vor den Toren Münchens machen. „Den ersten seit langer Zeit“, sagt Seehofer.

Sowohl Ude als auch Seehofer sind streitlustig – und Seehofer gerät gleich zum Auftakt der Sendung in die Defensive: BR-Fernsehchef Siegmund Gottlieb spricht als erstes Thema die Pkw-Maut an, die Seehofer durchsetzen will, obwohl Kanzlerin Angela Merkel Nein sagt. „Wie man etwas durchsetzt in Berlin und Brüssel, da habe ich jetzt wirklich reichlich Erfahrung“, versichert Seehofer. „Im Übrigen ist das kein Konflikt mit der Kanzlerin. (...) Wir werden eine Lösung finden.“

Doch Ude kann genüsslich darauf verweisen, dass eine Autobahnmaut nur für Ausländer auch nach Einschätzung von CDU und FDP in Europa rechtlich schwierig wäre – unter Berufung auf Kronzeugin Merkel: „Die Kanzlerin vertritt die selbe richtige Auffassung wie in den letzten Jahren. (...) Es ist ein Thema, das deutlich macht, wie mit haltlosen Versprechungen die Öffentlichkeit irre geführt wird“, spottet Ude.

Nächstes Thema: die Bildung. Ude hält der CSU vor, dass sie vor zehn Jahren versprach, am neunjährigen Gymnasium festzuhalten – aber Seehofers Vorvorgänger Edmund Stoiber kurz nach der Wahl das Versprechen brach und das G8 ankündigte. Seitdem gebe es „G8-Murks“, wirft Ude Seehofer vor. Der CSU-Chef verteidigt sich mit dem Hinweis, dass Bayern in 15 von 17 Bildungsstudien vorne gelegen habe.

So geht es weiter: Moderator Gottlieb spricht Seehofers großen Plan zum Abbau der Staatsschulden an, und Ude sagt: „Die Schuldentilgung ist eine Märchenstunde“ – weil die bayerische Staatsverschuldung in Seehofers Amtszeit wegen der Rettung der BayernLB unter dem Strich um mehr als acht Milliarden Euro angestiegen ist. Seehofer wirft Ude vor, die Rettung der Landesbank hätte auch der Sparkasse München sehr geholfen: „Ich habe Sie geschont um eine halbe Milliarde Euro“, sagt er zum Münchner Oberbürgermeister.

Seehofer kann ein ums andere Mal auf die gute Lage verweisen: „Ich bewerbe mich um eine Vertragsverlängerung für diese Regierung, denn es waren keine schlechten Jahre für dieses Land. Das kann niemand bestreiten.“ Am Ende zollen sich beide gegenseitig Respekt.

Das bayerische Duell verläuft viel munterer als die Auseinandersetzung von Kanzlerin Merkel und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück – vor allem dank Moderator Gottlieb, der mit seinen Fragen den Finger in empfindliche Punkte legt – und beiden Kontrahenten Freiraum für ihre Antworten lässt. Wer letztendlich Sieger bleibt, wird sich am 15. September zeigen: „Das Urteil hat der Souverän“, sagt Seehofer.