Der vorgeschlagene Hilfefonds soll insgesamt 100 Millionen Euro umfassen, die je zur Hälfte von Bund und Ländern gezahlt werden sollen

Berlin. Kurz vor einem Bilanztreffen des Runden Tisches zum Kindesmissbrauch hat der Missbrauchs-Beauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, an Bund und Länder appelliert, sich nicht länger gegen die Bereitstellung eines Hilfefonds zu sperren. „Es darf keinesfalls beim unverbindlichen Mitgefühl bleiben“, sagte Rörig am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. Die Bundesregierung müsse ihre Wertschätzung gegenüber den Betroffenen materiell unter Beweis stellen.

Der am Runden Tisch vorgeschlagene Hilfefonds soll insgesamt 100 Millionen Euro umfassen, die je zur Hälfte von Bund und Ländern gezahlt werden sollen. Die Bundesregierung hat ihren Anteil bereits zugesagt, den Start der Hilfen aber davon abhängig gemacht, dass jedes Land einzahlt. Bisher ist nur Bayern dazu bereit.

Wenn es der Bundesregierung nicht gelinge, die Länder mit ins Boot zu holen, müsse der Bund in die Vorhand gehen und mit 50 Millionen Euro starten, sagte Rörig. Betroffene könnten somit noch in diesem Jahr Anträge stellen und Sachleistungen erhalten. Kämen Bund und Länder nicht zu einer Einigung, sei die Kanzlerin gefragt.

Rörig kritisierte zudem den Stand des Gesetzes zur „Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs“ (STORMG). Seit 20 Monaten schlummere der Entwurf im Rechtsausschuss, dies müsse sich dringend ändern. Das Gesetz bezieht sich vor allem auf die Verjährungsfristen. Die zivilrechtliche Verjährungsfrist soll von derzeit drei auf 30 Jahre verlängert werden, gerechnet ab dem 21. Lebensjahr.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) verteidigte am Mittwoch im Deutschlandfunk ihren Gesetzesentwurf. Sie habe von ihrer Seite alle Forderungen der Betroffenen und Opfervertreter in der Gesetzesvorlage auf den Weg gebracht. Sie appellierte dagegen an die Länder, den angestrebten Hilfefonds einzurichten.

Kritik an der Umsetzung der Empfehlungen des Runden Tisches kam auch von den Grünen. Das sei „viel zu lasch angegangen“ worden, sagte Bundestagsfraktionschefin Renate Künast am Mittwoch im Südwestrundfunk (SWR).

Künast nahm die Länder indes in Schutz. So liege etwa der Entwurf für das Opferschutzgesetz seit Monaten im Bundestag, doch die Koalition beschließe es nicht. Es gebe Kompetenzgerangel, noch keinen Entschädigungsfonds und es werde zu wenig für die Prävention getan.

Der Vorsitzende des Vereins „Gegen Missbrauch“, Ingo Fock, warf der Bundesregierung ebenfalls vor, die Hilfen für Missbrauchsopfer zu verschleppen. Seit dem Abschluss des Runden Tisches im November 2011 lägen die Empfehlungen des Gremiums brach und es gebe keine greifbaren Hilfen, kritisierte Fock.

Vor 14 Monaten hat der Runde Tisch zu Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs seine Arbeit beendet. Am Mittwoch wollten Opfervertreter, Experten und Regierungsvertreter zu einem Bilanztreffen in Berlin zusammenkommen.