Kekse, Kugelschreiber oder freier Blick aufs Kapitol – der Ansturm auf Obamas Vereidigungsfest ist groß. Doch die große Begeisterung fehlt.

Washington. Es dauert nur eine Minute. First Lady Michelle Obama – im dunkelblauen Kleid und mit stolzem Blick – hält die Bibel aus ihrem Familienbesitz mit beiden Händen, die Töchter Malia und Sasha stehen neben ihr. Barack Obama erhebt seine rechte Hand zum Schwur, legt die linke auf das heilige Buch. Die Eidesformel, die ihn für weitere vier Jahre zum US-Präsidenten macht, spricht er dem Obersten Richter des Landes diesmal fehlerlos nach. Bescheiden wirkt die Zeremonie im Weißen Haus, fast intim. Ganz anders am Montag - dann wiederholt sich das Schauspiel im ganz großen Stil.

Seit Tagen schon verbauen Tribünen die Sicht aufs Weiße Haus. Ein Drahtzaun umrankt das Kapitol. Das Regierungsviertel glänzt. Für Washington ist es das Fest der Feste. Hunderttausende wollen dabei sein, wenn Obama am Montag nochmal seinen Eid auf den Stufen des Kapitols erneuert. Dennoch denkt mancher mit Wehmut zurück ans „erste Mal“. Denn die Feier 2013 fällt deutlich abgespeckter aus als die Premiere.

So strömen diesmal nach Informationen des Fremdenverkehrsamts nur knapp halb so viele Schaulustige herbei wie 2009. Die Vereidigung des ersten schwarzen Präsidenten hatte da rund 1,8 Millionen Menschen in die Metropole gelockt. Damals waren die Hotels rund um Washington schon Wochen vorher ausgebucht. Diesmal sind noch Zimmer frei – wenn auch zu hohen Preisen. „Zweite Vereidigungen sind immer weniger aufregend als erste“, erklärt der Historiker und Präsidentenexperte Robert Dallek der dpa. „Die Öffentlichkeit hat da bereits die Grenzen ihres Präsidenten kennengelernt.“

Auch die andauernde kritische Wirtschaftslage zwingt Obama zu Bescheidenheit. So wurde das traditionelle Mega-Popkonzert im Vorfeld der Vereidigung sang- und klanglos gestrichen. Außerdem tanzen die Obamas lediglich auf zwei statt vorher zehn Vereidigungsbällen.

An guter Stimmung mangele es aber trotzdem nicht, meint ein Händler. Im Schatten des Kapitols bietet er T-Shirts und Taschen mit dem Konterfei des 44. Präsidenten an. „Inauguration 2013“ (Vereidigung 2013) – dieses Logo findet reißenden Absatz in den Souvenirläden. Ob auf Keksdosen mit den Lieblings-Cookies der First Lady, Plastikpuppen der politischen Akteure oder Luxusfüllern für schlappe 33 000 Dollar (umgerechnet 25 000 Euro). Wem das noch nicht exklusiv genug ist, der leistet sich für 47 000 Dollar ein nobles Vereidigungs-Paket in einem Luxushotel: vier Nächte inklusive Tribünen-Tickets und einem Ghostwriter für Nachrichten beim Mitteilungsdienst Twitter.

„Es ist ein besonderer Tag für unser Land – wie ein Geburtstag“, meint ein Besucher aus New Orleans. Er hat eins der 250 000 kostenlosen Tickets bekommen, die das Festkomitee unters Volk gebracht hat. Den Glücklichen ist ein Stehplatz nahe dem Kapitol sicher. Neben dem weißen Kuppeldom wird Obama gegen 11.55 Ortszeit (17.55 MEZ) erneut vor dem Obersten Richter John Roberts seinen Amtseid auf die Bibeln seines Idols Abraham Lincoln und des Bürgerrechtlers Martin Luther King schwören. Und zwar zehn Minuten nach seinem Vize Joe Biden, dessen Eid Verfassungsrichterin Sonia Sotomayor abnimmt.

1600 Sitzplätze umrahmen das Plateau, auf dem Obama nach 21 Kanonensalven seine Rede hält. Sie sind reserviert für Ehrengäste, Kongressmitarbeiter sowie Mäzene, die bis zu eine Million US-Dollar gespendet haben, um zu helfen, die Kosten für die Zeremonie zu decken. Umrahmt wird das Programm unter anderem von den Sängerinnen und Sängern Kelly Clarkson und James Taylor. R&B-Star Beyoncé singt die Nationalhymne. Auch Poesie gibt es: Der Dichter Richard Blanco wird ein Gedicht vorlesen. Der Schriftsteller mit kubanischen Wurzeln sei der erste Homosexuelle, der diese Aufgabe übernehme, so das Komitee.

Von der Bühne verbannt ist hingegen der Geistliche, der eigentlich den Segen sprechen sollte: Der als Kämpfer für Menschenrechte bekannte Pastor Louie Giglio wurde kurzfristig ausgewechselt, nachdem seine ketzerischen Bemerkungen über Homosexuelle bekanntgeworden waren.

Eine Stunde bleibt den Obamas, um beim Lunch im Kapitol zu verschnaufen. Dann führen sie die Parade entlang der Pennsylvania Avenue zum Weißen Haus an. Traditionell legt das First Couple dabei ein paar Meter zu Fuß zurück. Ein Alptraum für den Secret Service, der Washington in diesen Tagen zusammen mit den Sicherheitsbehörden zum Hochsicherheitstrakt macht. Aufatmen können die Bodyguards erst, wenn der frischvereidigte Präsident hinter Panzerglas auf der Tribüne vorm Weißen Haus sitzt, um das Ende der Parade zu sehen.