Brahimi glaubt nicht an schnelles Ende des Blutvergießens. Rebellen erobern Aktivisten zufolge wichtigen Militärflughafen.

New York/Beirut. Die Hoffnung auf ein baldiges Ende des blutigen Bürgerkriegs in Syrien mit Zehntausenden Toten schwindet - und das selbst beim internationalen Sondergesandten für die Krisenregion. „Wenn Sie mich fragen, ob eine Lösung hinter der nächsten Ecke wartet, bin ich mir da nicht sicher“, lautete Lakhdar Brahimis düstere Prognose am Freitag in New York. Sein Treffen mit den Vize-Außenministern Russlands und der USA, Michail Bogdanow und William Burns, ging dem Anschein nach ohne konkrete Ergebnisse zu Ende. Unterdessen eroberten syrische Rebellen nach Angaben von Aktivisten einen strategisch wichtigen Militärflughafen.

„Wir sind uns des Leidens der syrischen Bevölkerung, das schon viel zu lange anhält, sehr, sehr bewusst“, sagte Brahimi nach dem fünfstündigen Treffen. „Und wir haben alle betont, wie wichtig ein schnelles Ende des Blutvergießens, der Zerstörung und Gewalt in Syrien ist.“ Bogdanow und Burns wollten sich anschließend überhaupt nicht zum Inhalt der Gespräche äußern. Brahimi versprühte denn auch wenig Hoffnung, dass eine politische Lösung in greifbarer Nähe wäre. Eine militärische Lösung, da seien sich alle einig, komme aber nicht infrage. Vielmehr müsse sich die internationale Gemeinschaft und insbesondere der Weltsicherheitsrat um einen Durchbruch bemühen.

Er sei „absolut sicher“, dass die Russen genauso an einer Lösung interessiert seien wie die Amerikaner und er selbst, sagte Brahimi - obwohl Moskau zusammen mit Peking bislang jedwede Resolution im Sicherheitsrat blockiert hat. Zu Chinas Rolle äußerte sich Brahimi nicht. Allerdings wies er Damaskus’ Vorwurf der Parteinahme zugunsten der Rebellen im Bürgerkrieg zurück: „Ich habe die Stellungnahme der syrischen Regierung gesehen. Sie hat ihre Meinung dargelegt, aber gleichzeitig hat sie auch gesagt, dass sie zu einer weiteren Kooperation mit mir bereit ist.“

Das Außenministerium in Damaskus hatte am Donnerstag in einer Mitteilung erklärt, Brahimi sei „eklatant einseitig“ und erschwere damit eine diplomatische Lösung des seit beinahe zwei Jahren anhaltenden Blutvergießens. Mit seinen Äußerungen in den Medien habe sich der Diplomat „vom Kern seiner Mission entfernt“ und Partei genommen für jene, die sich gegen den syrischen Staat „verschworen“ hätten.

Im Interview der britischen Rundfunkanstalt BBC hatte Brahimi jüngst für tiefgreifenden und nicht nur kosmetischen Wandel in Syrien plädiert und Staatspräsident Baschar al Assad vorgeworfen, den Hoffnungen seiner eigenen Bevölkerung zuwider zu handeln. Mit Blick auf die von ihm geforderte Übergangsregierung ergänzte Brahimi nun: „Ich habe nie gesagt, dass es keinen Platz für Mitglieder der (aktuellen) Regierung geben wird.“ Ohnehin werde die Übergangslösung aber nicht von langer Dauer sein. Sie müsse jedoch die gesamte Staatsgewalt übertragen bekommen, sagte er. Für die Rebellen ist vor allem eine politische Rolle für Präsident al Assad ein Tabu.

Nach tagelangen heftigen Gefechten eroberten die Aufständischen nach Angaben von Aktivisten am Freitagmorgen einen strategisch wichtigen Militärstützpunkt im Norden des Landes. Kämpfer der islamistischen Gruppe Dschabhat al Nusra hätten nach wochenlangen Scharmützeln den Flugplatz Taftanas unter ihre Kontrolle gebracht, sagte der Aktivist Mohammed Kanaan. Von dem Stützpunkt in der Provinz Idlib aus hatten die Regierungstruppen immer wieder Hubschrauberangriffe auf Stellungen der Aufständischen geflogen und ihre eigenen Truppen versorgt.

Taftanas sei der erste große Militärflugplatz unter der Kontrolle der Rebellen, sagte der Leiter der in Großbritannien ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdul Rahman. Aktivisten zufolge fielen den Aufständischen durch ihren Erfolg mehrere Hubschrauber, Panzer und Raketenabschussstationen in die Hand.

Seit Beginn des Aufstands gegen das Assad-Regime im März 2011 sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen mehr als 60.000 Menschen im Bürgerkrieg ums Leben gekommen. Die UN-Flüchtlingshilfe zeigte sich am Freitag besorgt, dass der harte Winter den mehr als 600.000 syrischen Flüchtlingen in den Nachbarländern Jordanien, Libanon, Irak, Ägypten und der Türkei große Probleme bereiten dürfte. „Viele der Neuankömmlinge sind barfuß, tragen durchnässte Kleidung und sind voll mit Schnee und Schlamm“, sagte ein Sprecher der Hilfsorganisation.