FDP-Landeschefin Homburger schlug dem Parteitag überraschend vor, Entwicklungsminister Niebel auf Platz eins der Landesliste zu wählen.

Villingen-Schwenningen. Überraschende Wende im Poker um den Spitzenplatz der Südwest-FDP für die Bundestagswahl: Anstelle einer Kampfabstimmung zwischen Landeschefin Birgit Homburger und dem früheren Landesvorsitzenden und Wirtschaftsminister Walter Döring haben sich die baden-württembergischen Liberalen für Entwicklungsminister Dirk Niebel entschieden.

Zuvor hatte Homburger auf der Landesvertreterversammlung am Sonnabend in Villingen-Schwenningen ihre Kandidatur überraschend zurückgezogen und Niebel als Spitzenkandidaten vorgeschlagen. Damit war auch Döring gezwungen zu verzichten, da er dies im Falle von Niebels Kandidatur in Aussicht gestellt hatte.

Niebel erhielt 331 von 390 gültigen Stimmen und schlug daraufhin Homburger für den zweiten Listenplatz vor. Homburger wurde mit 255 Stimmen und 127 Gegenstimmen auf den zweiten Platz gewählt.

Zuvor war die Aussprache in eine regelrechte Schlammschlacht ausgeartet, so dass Homburger die Bremse zog: „Ich wäre bereit auf Platz zwei zu gehen und Dirk Niebel auf Platz eins vorzuschlagen“, sagte sie. Außerdem seien beide Kandidaten in der Debatte zu sehr beschädigt worden, sagte sie. Mit ihrem Schwenk bootete sie ihren Konkurrenten Döring aus. „Mich haut nichts so schnell um. Sie werden mich erleben wie eh und je mit vollem Einsatz für die FDP“, bilanzierte die 47-Jährige nach ihrer Wahl.

Niebel sagte, dass Homburger und Döring ihre eigenen Ansprüche hinter das Wohl der Partei zurückstellten, sei „ehrenwert“ und stehe der FDP gut an. Die Partei wäre sonst gespalten gewesen. Er werde nun seine Arbeitsweise als Bundesminister umstellen, um mehr im Land zu sein.

In der zum Teil aggressiven Debatte hatten sich Homburger und Döring einen leidenschaftlichen Schlagabtausch geliefert. Döring begründete seine Kandidatur mit den Worten: „Ich stehe hier und kann nicht anders. Es zerreißt mich, wenn ich den Zustand unserer Partei ansehe.“ Die Erfolge der Partei müssten kämpferischer dargestellt werden. Er kritisierte auch, dass die Besetzung für die Landesliste bereits „festgenagelt“ sei.

Homburger konterte, sie biete als Kandidatin klare Inhalte, einen Kompass, Solidität und Seriosität in den Themen und Inhalten. „Was ich nicht bieten kann und nicht will, ist permanente persönliche Profilierung zulasten der eigenen Partei.“ Sie habe in der vergangenen Zeit die Chance gehabt, sich auf Kosten des „eigenen Ladens“ zu profilieren, aber „ich habe das nie getan“. Döring nannte sie indirekt einen „Selbstdarsteller, Schaumschläger und Windmacher“.

Die Aussprache nutzen einige Parteimitglieder zur offenen Abrechnung mit beiden Kandidaten. Einige warfen Homburger vor, die Besetzung der Liste abgesprochen zu haben. Die meisten Redner unterstützten aber die Landeschefin. In vielen Redebeiträgen wurde Döring dafür kritisiert, mit seiner kurzfristigen Kandidatur eine Art Putsch zu inszenieren. Er hatte sich erst am Vorabend erklärt. Daraufhin hatte der Ludwigsburger FDP-Politiker Alexander Deicke auf seine Kandidatur für den ersten Platz zugunsten von Döring verzichtet. Deicke waren kaum Chancen eingeräumt worden.

Wegen der schlechten Umfragewerte im Bund und dem schlechtesten Ergebnis bei einer Landtagswahl von 5,3 Prozent im vergangenen Jahr herrscht allgemeine Nervosität in der Partei. Dass wie nach dem historischen Wahlergebnis von 14,6 Prozent 2009 wieder 15 Abgeordnete aus Baden-Württemberg in den Bundestag einziehen, erwartet kaum ein Parteimitglied. Auf die aussichtsreichen ersten sechs Plätze wurden neben Niebel und Homburger die bisherigen Bundestagsabgeordneten Hartfrid Wolff, Michael Link, Florian Toncar und Judith Skudelny gewählt.