Die traditionalistische Piusbruderschaft hat drei Jahre nach der Holocaust-Leugnug durch Bischof Richard Williamson den Briten aus der emeinschaft geworfen.

Stuttgart/Menzingen. Bischof Richard Williamson gehört nicht mehr der Piusbruderschaft an. Die Gemeinschaft hat den Briten drei Jahre nach seiner Holocost-Leugnung rausgeworfen. Wie das Generalhaus der Traditionalisten am Mittwoch im schweizerischen Menzingen mitteilte, habe sich der Bischof „seit mehreren Jahren von der Führung und Leitung der Priesterbruderschaft entfernt.” Ein weiterer Grund war zudem, dass Williamson sich ferner geweigert habe, „den Respekt und den Gehorsam zu bezeigen, den er seinen rechtmäßigen Oberen schuldet“.

Anfang Oktober hatten der Generalobere der Piusbrüder, Bernard Fellay, und sein Rat dem Briten den Angaben zufolge eine letzte Frist eingeräumt, sich unterzuordnen. Williamson lenkte jedoch nicht ein – im Gegenteil: Nach Ablauf dieser Frist habe er einen „offenen Brief“ angekündigt, in dem er den Generaloberen auffordern werde, zurückzutreten, schilderte die Piusbruderschaft.

Das führte nun zum Schlussstrich unter die monatelangen Auseinandersetzungen zwischen Williamson und dem Generalhaus. „Diese schmerzhafte Entscheidung ist notwendig geworden aus Sorge um das Gemeinwohl der Bruderschaft St. Pius X. und einer guten Leitung derselben“, heißt es in der Mitteilung weiter. Die Deutsche Bischofskonferenz wollte die Nachricht auf Anfrage zunächst nicht kommentieren.

Der Ausschluss Williamsons nährt nun Spekulationen über eine mögliche Spaltung der Piusbruderschaft. Der Bischof ist ein scharfer Kritiker einer Annäherung zwischen dem Vatikan und den Traditionalisten. Williamson hatte im November 2008 im oberpfälzischen Zaitzkofen im Interview mit einem schwedischen Fernsehteam die Existenz von Gaskammern zur NS-Zeit bestritten. Auch seien nicht sechs Millionen Juden, sondern 200.000 bis 300.000 von den Nazis ermordet worden.

Das Interview wurde erst im Januar 2009 im Zusammenhang mit der Aufhebung der Exkommunikation der vier Traditionalistenbischöfe bekannt, löste einen Sturm der Entrüstung aus und setzte Benedikt XVI. unter großen Druck. Die Piusbruderschaft ging umgehend auf Abstand zu Williamson und enthob ihn seiner Ämter.

Ein Überblick über Williamson und die drei verbliebenen Piusbrüder

Am 29. Juni 1988 weihte der Alterzbischof von Dakar, Marcel Lefebvre (1905-1991) in Econe/Schweiz gegen den ausdrücklichen Willen des Papstes vier Männer seiner Priesterbruderschaft St. Pius X. zu Bischöfen. Dadurch zog er sich und den von ihm Geweihten automatisch die Tatstrafe der Exkommunikation zu. Obwohl unerlaubt, sind die Weihen nach dem katholischen Kirchenrecht gültig. Die Exkommunikation der Geweihten wurde am 29. Januar 2009 aufgehoben.

Bernard Fellay

Bernard Fellay (54), geboren am 12. April 1958 in Sierre in der französischen Schweiz, trat im Alter von 19 Jahren in das Traditionalisten-Seminar St. Pius X. im schweizerischen Econe ein. 24-jährig wurde er von Erzbischof Marcel Lefebvre zum Priester geweiht. Durch die Bischofsweihe 1988 zog er sich wie seine drei Weihekollegen die Exkommunikation zu.

Seit seiner Priesterweihe für wirtschaftliche Belange der Gemeinschaft zuständig, wurde er 1994 zum Generaloberen gewählt. Die Bruderschaft verlängerte sein Mandat 2006 um weitere zwölf Jahre. Papst Benedikt XVI. empfing im August 2005, wenige Monate nach seinem Amtsantritt, Fellay zu Gesprächen in Castelgandolfo. In der Aussöhnung mit dem Vatikan zeigte sich Fellay teils vermittelnd, teils kompromisslos. In den Einigungsgesprächen mit der Glaubenskongregation seit Juli 2010 war er Wortführer der Piusbruderschaft, ohne jedoch immer vollen Rückhalt bei seinen Leuten zu finden.

Bernard Tissier de Mallerais

Bernard Tissier de Mallerais (67), geboren am 14. September 1945 in Sallanches im Haute-Savoie, ist der einzige Bischof aus dem starken französischen Zweig der Piusbruderschaft. Der studierte Biologe trat 1969 bei der Bruderschaft ein und wurde 1975 zum Priester geweiht. In Econe wirkte er anschließend als Professor, später als Regens (1979-1983) und als Generalsekretär der Bruderschaft (1984-1996). 2008 legte er eine Monografie über Erzbischof Lefebvre vor. Ein weiteres Spezialgebiet ist das von den Traditionalisten kritisierte Konzilsdokument über die Religionsfreiheit.

Tissier de Mallerais lehnt die Einigung mit dem Vatikan ab. Von ihm stammen markige Äußerungen, die im Verlauf der theologischen Gespräche zwischen der Bruderschaft und dem Vatikan häufig zitiert werden. So nannte er Papst Benedikt XVI. Ende 2008 einen Häretiker und Modernisten. Anfang Februar 2009, unmittelbar nach der Aufhebung seiner Exkommunikation durch Benedikt XVI., kündigte Tissier de Mallerais an, man werde gegenüber dem Vatikan nicht nachgeben, sondern werde umgekehrt „Rom bekehren“.

Alfonso de Galarreta

Alfonso de Galarreta (55) wurde am 14. Januar 1957 im spanischen Torrelavega geboren. Seine Eltern wanderten später mit ihm nach Argentinien aus. Nach drei Jahren in einem dortigen katholischen Priesterseminar trat Galarreta 1978 in Econe ein. Nach seiner Weihe 1980 lehrte er noch zu Zeiten der Militärdiktatur am traditionalistischen Seminar im argentinischen La Reja. Später war er bis zu seiner Bischofsweihe 1988 Distriktoberer für Lateinamerika. Als Bischof der Piusbruderschaft wurde Galarreta zunächst Rektor in La Reja, ab 1994 dann Distriktoberer für Spanien und Portugal.

2010/11 leitete er die theologische Kommission der Piusbrüder bei den Gesprächen mit der vatikanischen Glaubenskongregation. Bei einer Priesterweihe im Juni 2011 bezeichnete er den Versuch eines Ausgleichs zwischen Kirche und Welt, zwischen katholischem Glauben und liberalen Grundsätzen, als das zentrale „Übel unserer Zeit, unserer Gesellschaft und vor allem auch in der Kirche“.

Richard Williamson

Richard Williamson (72), am 8. März 1940 als Sohn anglikanischer Eltern in London geboren, trat mit 30 Jahren zum Katholizismus über. Wenig später trat er ins Priesterseminar in Econe ein. Lefebvre weihte ihn 1976 zum Priester und 1988 zum Bischof. Williamson bekleidete in seiner Gemeinschaft verschiedene Lehr- und Leitungsfunktionen in der Schweiz, den USA und Argentinien. Dort wurde er im Februar 2009 ausgewiesen.

Die Aufhebung seiner Exkommunikation durch Papst Benedikt XVI. am 21. Januar 2009 löste Kritik und eine Krise der katholisch-jüdischen Beziehungen aus, weil Williamson kurz zuvor in einem TV-Interview den Holocaust geleugnet hatte. Der Vatikan berief sich darauf, von dem Interview nichts gewusst zu haben. Ein Gericht in Regensburg verurteilte ihn 2010 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe. Williamson lehnte sich in den vergangenen Jahren immer mehr gegen den Kurs und die Leitung der Piusbruderschaft auf. Am Mittwoch wurde offiziell sein Ausschluss aus der Bruderschaft mitgeteilt.

Mit Material von kna