Die Bundeskanzlerin lobt Anette Schavan für ihre geleistete Arbeit. VroniPlag-Gründer Heidingsfelder verlangt die Aberkennung des Titels.

Der Gründer der Plagiat-Plattform VroniPlag, Martin Heidingsfelder, hat den Rücktritt von Bundesforschungsministerin Annette Schavan gefordert. „Das Gutachten scheint eindeutig und zumindest nicht entlastend“, sagte Heidingsfelder am Montag zu Reuters mit Hinweis auf ein Gutachten für die Promotionskommission der Universität Düsseldorf. Nach eigenen Prüfungen der Doktorarbeit Schavans sei er zu dem Schluss gekommen, es sei berechtigt, Schavan die Doktorwürde abzuerkennen, auch wenn möglicherweise kein Vorsatz bei der Nutzung fremder Quellen bestanden habe. Gerade für eine Doktorarbeit sei aber wichtig, dass man die Formalien für wissenschaftliches Arbeiten einhalte.

Nach einem Bericht des „Spiegel“ wertet ein Gutachten für Universität Düsseldorf die Dissertation Schavans in Teilen als Plagiat. „Eine leitende Täuschungsabsicht ist nicht nur angesichts der allgemeinen Muster des Gesamtbildes, sondern auch aufgrund der spezifischen Merkmale einer signifikanten Mehrzahl von Befundstellen zu konstatieren“, zitierte der „Spiegel“ aus dem Bericht. Die Ministerin hat „die Unterstellung einer Täuschungsabsicht“ entschieden zurückgewiesen. Sie habe sorgfältig gearbeitet, hätte hier und da aber auch noch sorgfältiger formulieren können, sagte sie in Interviews. Zudem verwies sie darauf, dass sie vom Promotionsausschuss der Universität zu den Vorwürfen gehört werden müsse.

Heidingsfelder sagte, Schavan müsse die politischen Konsequenzen tragen. „Ein Landwirtschaftsminister muss nicht unbedingt eine Kuh melken können. Aber der akademische Hintergrund einer Wissenschaftsministerin muss blütenrein sein“, sagte er. „Sie schädigt sonst das Ansehen der Politiker, der Wissenschaft, der Union und der Regierung.“

Heidingsfelder hatte sich an die Überprüfung der Doktorarbeit gemacht, nachdem die Plattform VroniPlag entschieden hatte, das Thema nach einer ersten Prüfung nicht weiter zu verfolgen, weil sie die Vorwürfe eines unsauberen Zitierens anderer Quellen für nicht so gravierend hielt.

Unterdessen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Schavan den Rücken gestärkt. Schavan sei eine „hervorragende und erfolgreiche“ Ressortchefin, die „für Bildung und Forschung viel erreicht“ habe, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin und betonte: „Die Bundeskanzlerin hat volles Vertrauen zu ihr“.

Der Promotionsausschuss der Universität Düsseldorf arbeite nach „eigenem Zeitplan“, zudem habe Schavan ein „Recht auf Stellungnahme“, sagte Seibert und fügte hinzu: „Wir sollten der Entscheidung nicht vorgreifen“.

Ministerin kritisiert Universität

Schavan sagte der „Rheinischen Post“: „Ich habe zu keinem Zeitpunkt bei der Arbeit an meiner Dissertation versucht zu täuschen. Sobald mir der Promotionsausschuss Gelegenheit dazu gibt, werde ich zu den Vorwürfen Stellung nehmen.“ Zugleich kritisierte sie die Universität. „Es ist ein bemerkenswerter Vorgang, dass ein vertrauliches Gutachten eines Hochschullehrers der Presse vorliegt, bevor die Betroffene von der Existenz des Gutachtens weiß.“

Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf will sich derzeit nicht zu den Plagiatsvorwürfen gegen Schavan äußern und verweist auf das laufende Verfahren. „Die zuständigen Organe und Gremien dieses Verfahrens haben zu keiner Zeit öffentlich Stellungnahmen abgegeben oder sich an Spekulationen beteiligt und werden es auch weiterhin nicht tun“, teilte die Hochschule auf Anfrage mit.

Die Beratungen an der Philosophischen Fakultät befinden sich den Angaben zufolge „noch im laufenden Verfahren“. Dabei gehe es darum, ob bei Schavans Doktorarbeit der „fachliche begründete Verdacht eines Plagiates“ besteht und deswegen ein Verfahren zur Rücknahme des Doktortitels eingeleitet werden soll. Mit der Voruntersuchung sei der Promotionsausschuss der Fakultät beauftragt, der dem Fakultätsrat eine Empfehlung vorlegen werde.

Künast hält Schavan bereits für beschädigt

Oppositionspolitiker halten Schavan für politisch erledigt, falls sich die Plagiatsvorwürfe bestätigen. Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, nannte es beschämend, dass Schavan die Sache aussitzen wolle. Noch habe Schavan ihr Amt formal inne. „Aber die Glaubwürdigkeit, die sie für eine gute Amtsführung braucht, hat sie schon verloren“, sagte Künast der „Rheinischen Post“. „Eine für Wissenschaft zuständige Ministerin muss doch die Regeln des ehrlichen wissenschaftlichen Arbeitens hochhalten.“

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Ernst Dieter Rossmann, forderte den Rücktritt der Ministerin, falls sie den Doktortitel verliert. „Am Ende kommt es darauf an, ob die Universität ihr den Doktortitel belässt oder nicht“, sagte er der „Berliner Zeitung“.

Die forschungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Petra Sitte, sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“, für Rücktrittsforderungen sei es noch zu früh. Sitte betonte allerdings: „Wenn Frau Schavan die Vorwürfe nicht entkräften kann, dann hat sie praktisch keinen Handlungsspielraum mehr.“