Gut zwei Monate vor der Bundestagswahl erhielt der 60-Jährige auf dem Parteitag in Nürnberg rund 88 Prozent der Stimmen. Ein akzeptables Ergebnis, doch erst im vergangenen Oktober kam Seehofer noch auf ein Ergebnis von 90,3 Prozent.

Nürnberg. Gut zwei Monate vor der Bundestagswahl hat die CSU ihrem Parteivorsitzenden Horst Seehofer bei der Wiederwahl einen leichten Dämpfer verpasst. Der 60-Jährige erhielt am Samstag auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg 88,1 Prozent der gültigen Stimmen. Damit blieb er hinter den Erwartungen und den 90,3 Prozent bei seiner ersten Wahl im vergangenen Oktober zurück. Geradezu abgestraft wurde Seehofers Personaltableau für die engste Parteispitze. Drei von vier Vizes blieben bei den Vorstandswahlen unter 80 Prozent, darunter auch Bundestags-Spitzenkandidat Peter Ramsauer mit 78,9 Prozent.

Seehofer schwor seine Partei auf einen kämpferischen und selbstbewussten Wahlkampf ein. Dabei sicherte er der CDU mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Spitze erneut die volle Unterstützung zu und ging im Union-Streit über die Europapolitik auf die CDU zu. Er betonte aber auch die Eigenständigkeit seiner Partei. CDU und CSU könnten nur „partnerschaftlich und im Miteinander führende politische Kraft in Deutschland bleiben“. Die CSU habe jedoch die Pflicht, in Brüssel und Berlin Schaden von Bayern abzuwenden. „Davon wird mich auch künftig niemand abhalten.“

Die Christsozialen beschlossen einstimmig einen eigenen Wahlaufruf, in dem sie in zentralen Punkten über das gemeinsame Wahlprogramm mit der CDU hinausgehen. So fordert die CSU Steuerentlastungen ab 2011. Die CDU will kein konkretes Datum nennen. Seehofer erhielt bei seiner Wiederwahl 710 von 806 gültigen Stimmen. 96 Delegierte verweigerten ihm dabei die Zustimmung. Davon stimmten 82 mit Nein, 14 votierten für sonstige Kandidaten, obwohl es keine Gegenbewerber gab. 29 der 835 abgegebenen Stimmen waren ungültig. Ein schlechteres Ergebnis ohne Gegenkandidaten hatte mit 85,3 Prozent zuletzt Theo Waigel bei seiner letzten Wiederwahl 1997 erhalten. Üblich sind bei der CSU Ergebnisse von über 90 Prozent.

Seehofer hatte nach dem CSU-Fiasko bei der Landtagswahl im vergangenen Herbst Erwin Huber an der Parteispitze abgelöst. Der frühere Bundesagrarminister führt die CSU seither unangefochten, aber auch mit harter Hand. In seiner Parteitags-Rede bat er dafür indirekt um Verständnis. „Wenn man hart zu sich selbst ist, eisenhart, dann passiert es gelegentlich auch, das möchte ich durchaus zugestehen, dass man aus der Sicht anderer vielleicht das eine oder andere Maß an vernünftigem Gespräch, Diplomatie, Einfühlungsvermögen oder auch Zeit nicht so einbringen kann wie man sich das persönlich vorstellt.“ Im „Münchner Merkur“ (Samstag) hatte Seehofer schon für den Fall vorgebaut, dass er sein 90-Prozent-Ergebnis nicht würde steigern können. Er habe „in den letzten Monaten doch viel umgekrempelt“, sagte der CSU-Chef der Zeitung. „Und Bewegung schafft immer Unruhe.“

Als Partei-Vizes bestätigt wurden neben Ramsauer auch Landtagspräsidentin Barbara Stamm, die bayerische Justizministerin Beate Merk und der langjährige Europa-Abgeordnete Ingo Friedrich. Seehofer sagte auf dem Parteitag mit Blick auf die Bundestagswahl: „Die Christlich-Soziale Union hat wieder Selbstbewusstsein.“ Es gehe nicht um Arroganz und Übermut. Die CSU sei aber „gut in Form“. Zum Abschluss des Parteitags appellierte er an die CSU-Delegierten: „Ich bitte Euch, jetzt auszuschwärmen, Bayern zu missionieren.“

Nach den unionsinternen Querelen über die Mitspracherechte von Bundestag und Bundesrat bei EU-Entscheidungen rechnet Seehofer mit einer Einigung. „Wir werden einen vernünftigen Kompromiss finden“, sagte er. Die Verhandlungen zwischen CDU und CSU würden „gar nicht so schwierig“. Es gehe in erster Linie noch darum, wie verbindlich Stellungnahmen von Bundestag und Bundesrat sein sollen. Im Wahlaufruf der CSU sind all die Punkte enthalten, die Seehofer im gemeinsamen Wahlprogramm mit der CDU nicht durchsetzen konnte, so auch die Forderung nach einer niedrigeren Mehrwertsteuersatz für Hotels und Gastronomie. Die Erbschaftsteuer soll regionalisiert werden. Für Eltern, die ihre Kinder vor allem zu Hause erziehen, soll es ein Betreuungsgeld von 150 Euro geben. Hinzu kommt die Forderung nach Volksabstimmungen über den Beitritt weiterer Länder zur EU.

Der frühere CSU-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Theo Waigel wurde vom Parteitag zum zweiten Ehrenvorsitzenden der CSU neben Edmund Stoiber gekürt. Seehofer würdigte den 70-Jährigen als „Ausnahmepolitiker, wie es sie nur selten gibt“.