Es ist eine heikle Mission: Frankreichs Präsident machte noch vor wenigen Jahren Geschäfte mit Gaddafi. Der Diktator meldet sich wieder zu Wort.

Tripolis/Paris. 15.23 Uhr: Nach mehr als einem halben Jahr will Deutschland seine Botschaft in der libyschen Hauptstadt Tripolis nächste Woche wieder öffnen. Das verlautete aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. In der kommenden Woche soll dann auch der neue Botschafter Rainer Eberle seine Arbeit aufnehmen. In den vergangenen Tagen war bereits ein Vorauskommando aus deutschen Diplomaten vor Ort. Die Botschaft wurde Anfang März, kurz nach Beginn des Aufstands gegen Gaddafi aus Sicherheitsgründen geschlossen. Seit Mai arbeitete dann ein deutsches „Verbindungsbüro“ in der Rebellen-Hochburg Bengasi. Die Botschaft und das Gelände wurden durch die Unruhen kaum in Mitleidenschaft gezogen.

14.34 Uhr: Libyen wird nach Angaben der neuen Führung bei künftigen Geschäften die westlichen Verbündeten im Kampf gegen Gaddafi bevorzugen. Der Vorsitzende des Nationalen Übergangsrats in Libyen, Mustafa Abdel Dschalil, sagte bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und dem britischen Premierminister David Cameron, die Geschäfte sollten aber transparent sein. Es habe keine vorherigen Absprachen gegeben. Bestehende Verträge würden weitergeführt. Manche müssten jedoch auf Korruption überprüft werden.

14.26 Uhr: Das neue Libyen beansprucht nun auch den bisherigen Uno-Sitz des Landes für sich. „Wir haben Frankreich und Großbritannien ersucht, unseren diesbezüglichen Antrag bei der Uno-Vollversammlung kommende Woche zu unterstützen“, sagte der zweite Mann des libyschen Übergangsrates, Mahmud Dschibril.

14.02 Uhr: Der britische Premierminister David Cameron hat sich für die Freigabe der eingefrorenen libyschen Gelder ausgesprochen. „Wir haben damit bereits begonnen, als wir in Großbritannien gedruckte libysche Dinar rücküberführt haben“, sagte Cameron auf einer Pressekonferenz in Tripolis. Allein in Großbritannien seien weitere libysche Guthaben im Wert von zwölf Milliarden Dollar eingefroren, die freigegeben werden könnten. Die Uno hatte Sanktionen gegen Libyen verhängt und die ausländischen Guthaben und Werte des ölreichen Landes bis auf weiteres eingefroren. London und Paris würden eine Resolution des Uno-Sicherheitsrats unterstützen, die Sanktionen jetzt aufzuheben, sagte Cameron.

13.26 Uhr: Libyen will binnen zehn Tagen mit dem Ölexport vom Hafen Tobruk im Osten des Landes beginnen, sagte der Chef des staatlichen Ölkonzerns NOC, Nuri Beruin, zu Reuters. In sechs Monaten könne das Land seine Förderung auf eine Million Barrel pro Tag herauffahren.

12.08 Uhr: Die chinesische Führung hat den libyschen Rebellen Unterstützung bei ihrem Wunsch nach Übernahme des libyschen Sitzes bei den Vereinten Nationen zugesagt. Außenminister Jiang Yu erklärte, seine Regierung befürworte eine Übernahme des Uno-Sitzes durch die Rebellen.

10.35 Uhr: Der britische Premierminister David Cameron ist in Libyen eingetroffen. Cameron sei zusammen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy in Tripolis, bestätigte die Regierung.

9.22 Uhr: Der französische Präsident Nicolas Sarkozy ist nach Angaben von Finanzminister François Baroin unterwegs zu einem Blitzbesuch in Libyen. Baroin sprach im Rundfunksender France Info von einem „historischen Augenblick“ und sagte, Sarkozy befinde sich bereits auf dem Weg ins nordafrikanische Land. Eine offizielle Bestätigung von Sarkozys Amt gab es bisher allerdings noch nicht. Nach übereinstimmenden Angaben mehrerer französischer Medien ist bereits ein Kontingent von 150 Gendarmen in Libyen vor Ort. Sie sollen den Besuch in Zivilkleidung, aber mit schusssicheren Westen absichern. Handys seien ihnen verboten, berichtete der TV-Sender BFM.

9.04 Uhr: Die Staaten des lateinamerikanischen Wirtschaftsbündnisses Alba sind nach Aussage des venezolanischen Uno-Botschafters dagegen, dass der Nationale Übergangsrat der libyschen Rebellen künftig das nordafrikanische Land bei den Vereinten Nationen vertritt. Die Alba-Gruppe sei sich einig, dass der libysche Uno-Sitz nicht von einer „illegitimen, vorübergehenden Instanz“ besetzt werden dürfe, die durch eine ausländische Intervention an die Macht gelangt sei, schrieb Botschafter Jorge Valero an den Präsidenten der Uno-Generalversammlung, Nassir Abdulasis al-Nasser. Bislang wird Libyens Sitz bei den Vereinten Nationen noch von der Regierung des früheren Machthabers Gaddafi gehalten. Die Führung der Rebellen hatte unlängst in einem Brief an Uno-Generalsekretär Ban Kimoon ihr Interesse an dem Sitz bekundet.

Noch vor einigen Jahren empfing er ihn in Paris mit allem Pomp. Unterschrieb Geschäfte über die Lieferung von Airbus-Jets , verhandelte mit dem Diktator über Öl. Und jetzt reist Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in das Reich des untergetauchten Diktators Muammar al-Gaddafi, als sei er der Bezwinger des Unrechts auf der Welt. Sarkozys heikle Mission in Tripolis fällt außerdem zusammen mit dem Tag, da die französischen Sozialisten sich für die Präsidentenwahl 2012 medienwirksam warmlaufen. Auch da setzt der amtierende Präsident mit dem inszenierten und bilderreichen Trip nach Tripolis einen Kontrapunkt.

Der britische Premierminister David Cameron und Sarkozy werden die ersten westlichen Regierungschefs sein, die nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Gaddafi das nordafrikanische Land besuchen. Cameron und Sarkozy würden zunächst in Tripolis den Vorsitzenden des Übergangsrates (NTC), Mustafa Abdel Dschalil, treffen, um dann weiter nach Bengasi zu reisen, sagte der NTC-Vize Abdel Hafis Ghoga der Nachrichtenagentur Reuters. Weder die Regierung in London noch in Paris bestätigte eine geplante Reise nach Libyen. Frankreich und Großbritannien haben den Nato-Militäreinsatz vorangetrieben und sich in großem Umfang beteiligt. Die Luftangriffe des Militärbündnisses haben entscheidend zum Vormarsch der Rebellen beigetragen, die verbliebene Getreue Gaddafis in wenige Städte zurückgedrängt haben.

Am Donnerstag wird auch der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan in Libyen erwartet. Er befindet sich derzeit auf einer viel umjubelten Reise durch mehrere arabische Länder, die ihre autoritären Staatschefs gestürzt haben. Großbritannien bemüht sich Diplomaten zufolge um eine Lockerung der Sanktionen gegen das nordafrikanische Land. In einem von den Briten eingebrachtem Resolutionsentwurf, der Reuters vorlag, wird der Uno-Sicherheitsrat unter anderem aufgefordert, Sanktionen gegen einen staatlichen Öl-Konzern und die Zentralbank aufzuheben.

Der flüchtige Gaddafi hat sich derweil erneut zu Wort gemeldet. In der am Mittwoch von einem syrischen Fernsehsender verbreiteten Audiobotschaft kritisiert er die Nato-Angriffe auf seine Heimatstadt Sirte als „beispiellose Zerstörung und Terrorismus“. An die Vereinten Nationen appellierte er, der Belagerung der Stadt ein Ende zu setzen. Die Gaddafi-Hochburg Sirte ist eine der wenigen Städte, die weiterhin von den Anhängern des Ex-Diktators kontrolliert werden. „Wir können Libyen nicht dem Kolonialismus ausliefern“, sagte Gaddafi. „Das libysche Volk hat keine andere Wahl als zu kämpfen, bis es einen Sieg errungen und den Kolonialismus niedergeschlagen hat.“

Der Chef des Übergangsrats Dschalil hat für den Kampf gegen Gaddafi-Anhänger um Waffenlieferungen gebeten. Dschalil sagte dem britischen Sender BBC, die Kämpfer des Übergangsrates benötigten die Waffen, um die Landesteile zu erobern, die noch den gestürzten Diktator unterstützten. Gaddafi sei im Süden Libyens und plane Racheangriffe. Ziele könnten Städte, Ölfelder und Kraftwerke sein, sagte Dschalil. Dschalil betonte, der Übergangsrat werde erst vollständig nach Tripolis umziehen, wenn auch die letzten Widerstandsnester erobert seien.

Ein Gesandter von US-Präsident Barack Obama hat bei einem ersten Besuch in Tripolis die unkontrollierte Verbreitung von Waffen aus den Beständen des zerfallenen Gaddafi-Regimes als Hauptsorge bezeichnet. Die USA hätten bereits Experten vor Ort, die mit der Militärführung des libyschen Übergangsrates zusammenarbeiten würden, um gefährliche Waffen wie tragbare Luftabwehrraketen wieder einzusammeln und zu sichern, erklärte der Abteilungsleiter für den Nahen Osten, Jeffrey Feltman, in Tripolis.

Nachforschungen der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ hatten in der Vorwoche ergeben, dass Luftabwehrraketen aus geplünderten Gaddafi-Arsenalen spurlos verschwanden. Waffen dieser Art sind bei Terroristen begehrt, die damit Anschläge auf zivile Flugzeuge verüben möchten. Libyen verfügte auch über Senfgas. Dieses wurde aber in nicht waffenfähiger Form an bekannten Orten gelagert.

In Libyen sind nach Angaben des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in den vergangenen drei Wochen mindestens 13 Massengräber gefunden worden. IKRK-Mitarbeiter hätten an zwölf Orten bei der Bergung von 125 Leichen geholfen, teilte die in Genf ansässige Organisation mit. Weitere 34 Tote seien in einem Bergdorf im Westen Libyens entdeckt worden. Jede Woche würden neue Massengräber entdeckt, sagte IKRK-Sprecher Steven Anderson. Die Organisation versucht dabei zu helfen, die Opfer zu identifizieren und Angehörige zu informieren. Hinweise auf mögliche Kriegsverbrechen werden dabei nicht gesammelt. (abendblatt.de/rtr/dpa/dapd)