Hamburgs Bürgermeister fordert eine europaweite Schuldenbremse. Harsche Kritik an Röslers Gedankenspiel einer Griechenland-Pleite.

Berlin/Hamburg. In der Diskussion um die Griechenland-Krise und den Euro-Rettungsschirm hat sich jetzt auch Hamburgs Erster Bürgermeister zu Wort gemeldet. Olaf Scholz, stellvertretender SPD-Parteivorsitzender, warf der FDP-Führung in der SWR-Talkshow 2+Leif einen unverantwortlichen Populismus vor: „Die FDP sagt aus innenpolitischen Gründen etwas, was weltweite Krisen auslösen kann“, so Scholz in der Sendung, die an diesem Montag um 23 Uhr ausgestrahlt wird. Gleichzeitig verlangte Scholz die Einführung einer europaweiten Schuldenbremse: „Wir brauchen eine europaweite Schuldengrenze in all den nationalen Verfassungen, weil das letztendlich dazu beträgt, dass die Politik von der Droge Schulden wegkommt.“

Sollte die schwarz-gelbe Regierungskoalition in der Euro-Abstimmung keine eigene Mehrheit haben, forderte Scholz in 2+Leif Neuwahlen: „Die SPD sollte jetzt nicht Opposition, um der Opposition willen machen. Wir werden der Regierung dabei helfen, das Notwendige und mit den anderen Regierungen von Europa Vereinbarte zu beschließen, aber wir werden nicht der Regierung helfen. Wenn die Koalition darüber zusammenbricht, dass sie keine eigene Mehrheit hat, dann gibt es nicht eine neue Koalition, sondern Neuwahlen.“

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat hoch verschuldete europäische Länder wie Griechenland dazu aufgerufen, ihre Hausaufgaben zu machen. „Hilfe kann nur für die fortgesetzt werden, die alle Anstrengungen machen, ihr Haus in Ordnung zu bringen.“ Das sagte Barroso nach Angaben seines Büros in Berlin. Dort hatte er zuvor Bundeskanzlerin Angela Merkel getroffen.

Barroso nannte bei seiner Warnung Griechenland nicht explizit. „Die Kanzlerin und ich haben in einem umfassenden Gedankenaustausch die Lage in der Eurozone besprochen“, sagte der Behördenchef. Der Euro bleibe ein Plus für Deutschland und die EU – die Deutschen hätten viel mehr zu gewinnen als bei ihrem Beitrag für den Euro-Rettungsschirm zu verlieren.

In der Krise sei mehr Europa nötig und nicht weniger. Mit einer vertieften europäischen Integration könnten Schuldenkrisen in Zukunft vermieden werden. „Die Bürger und die (Finanz-)Märkte wollen politische Entschlossenheit und wirtschaftliche Disziplin. Das muss die EU liefern“, sagte Barroso.

Die Bundesregierung will sich nicht an der Diskussion über einen Euro-Austritt oder eine Staatsinsolvenz Griechenlands beteiligen. „Die Bundesregierung geht davon aus, dass Griechenland alles tut, um seine Auflagen zu erfüllen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Allein der kommende Bericht der Troika-Mission von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds bilde die Grundlage für das weitere Vorgehen.

Die SPD hat unterdessen mit Empörung auf die Äußerungen von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) reagiert, wonach in der Euro-Krise eine Griechenland-Pleite nicht ausgeschlossen werden könne. Das derzeitige Verhalten der Bundesregierung sei für die SPD nicht nachvollziehbar, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Nahles und der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, forderten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, ihren Vizekanzler Rösler in die Schranken zu weisen.

Die Äußerung Röslers vom Wochenende, wonach eine geordnete Insolvenz Griechenlands zur Euro-Stabilisierung nicht ausgeschlossen sei, habe schweren Schaden angerichtet und sei schlicht untragbar, sagte Nahles nach Beratungen des SPD-Präsidiums. Die Bundeskanzlerin müsse rasch deutlich machen, welchen Kurs die Regierung in der Euro-Debatte anstrebe. Es sei an der Zeit das die Kanzlerin Führungskraft beweise und in ihren eigenen Reihen ihre Kanzlermehrheit sichere. Oppermann bezeichnete Röslers Äußerungen als unverantwortlich. „Ein Wirtschaftsminister und Vizekanzler darf nicht ohne Plan und Ziel über Pleiten und Konkurse schwadronieren“, kritisierte der SPD-Politiker. Offenbar sei sich Rösler seiner Verantwortung nicht bewusst.

CSU-Chef Horst Seehofer hält als letzte Möglichkeit auch einen Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone für denkbar. Seehofer betonte vor einer CSU-Vorstandssitzung in München zwar, primär gehe es jetzt um „solidarische Hilfen gebunden an starke Sanierungsmaßnahmen“. Er sagte aber auch: „Als Ultima Ratio muss man immer die Überlegung anstellen: Was ist, wenn dies nicht zu schaffen ist?“ Auf die Frage, ob ein Ausschluss überhaupt rechtlich möglich sei, sagte der CSU-Chef: „Wir diskutieren jetzt politisch und nicht juristisch.“ Seehofer betonte, die CSU sei eine Partei Europas, aber auch eine Partei der Geldwertstabilität. Dies schließe aus, dass Deutschland dauerhaft Schulden anderer Staaten übernehme.

Seehofer stellte sich hinter FDP-Chef Philipp Rösler, der zuletzt auch von einer Insolvenz Griechenlands gesprochen hatte. „Ich bin froh, dass jetzt einmal in den letzen Tagen diese Gedanken auch ausgesprochen wurden“, betonte der bayerische Ministerpräsident. Es gehöre dazu, dass man derlei transparent und offen bespreche. „Wenn wir die Überschuldung nicht überwinden, dann wird Europa eine Schuldenunion – und das wollen wir unter keinen Umständen“, stellte Seehofer klar. Das beschädige auch die europäische Idee. (dpa/dapd/ryb)