Gaddafis Frau, zwei Söhne und eine Tochter seien in Algerien. Chamis Gaddafi, sein Sohn, soll bei Kämpfen nahe Tripolis getötet worden sein.

Tripolis/Algier/Rom. Die Familie des untergetauchten libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi ist nach Angaben des algerischen Außenministeriums nach Algerien geflüchtet. Seine Frau Safija, die Söhne Hannibal und Mohammed sowie die Tochter Aischa seien am Montag in Algerien eingetroffen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und die libysche Übergangsregierung seien davon unterrichtet worden, berichtete die algerische Nachrichtenagentur APS unter Berufung auf das Ministerium.

Die libysche Übergangsregierung kritisierte die Aufnahme von Familienmitgliedern Gaddafis als „Akt der Aggression“. Über den Aufenthaltsort Gaddafis gibt es weiterhin keine gesicherten Erkenntnisse. Er soll noch in Libyen sein. Nach einem Bericht der italienischen Nachrichtenagentur Ansa ist der flüchtige Diktator in Bani Walid 100 Kilometer südöstlich von Tripolis untergetaucht.

Gaddafi sei mit seinem Sohn Al-Saadi zusammen, während die Familie sich in Algerien aufhalte, meldete die Agentur unter Berufung auf „diplomatische libysche Quellen“. Gaddafis Sohn Chamis, der eine Eliteeinheit seines Vaters gegen die Rebellen kommandierte, sei mit höchster Wahrscheinlichkeit während des Rückzugs auf der Straße nach Bani Walid erschossen worden.

Die algerische Zeitung „Al Watan“ berichtete, Algerien wolle nun die Grenze zu Libyen schließen. Zur Aufnahme von Familienmitgliedern Gaddafis in Algerien, sagte der Informationsminister der libyschen Übergangsregierung, Mohammed Schammam: „Dies ist ein Akt der Aggression gegen das libysche Volk und seine Hoffnungen. Wir werden alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um diese Kriminellen zurückzubekommen und sie vor Gericht zu stellen.“

Zugleich warnte Schammam laut einem Bericht des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira davor, Gaddafi selbst Unterschlupf zu gewähren. Jeder, der dies versuche, sei ein „Feind des libyschen Volkes“.

Der Rebellenvormarsch auf die Geburtsstadt Gaddafis kommt unterdessen nur langsam voran. Für die Operation in der Küstenstadt Sirte fehlten erfahrene Kämpfer, berichtete eine Korrespondentin des Nachrichtensenders Al-Dschasira am Montag. Die Nato beschoss nach eigenen Angaben zuletzt Radarstationen sowie Abschussbasen für Boden-Luft-Raketen in der Umgebung von Sirte.

Die Übergangsregierung in Tripolis verhandelte am Montag weiter mit Stammesführern in Sirte über eine friedliche Übergabe der Stadt. Nach Einschätzung der militärischen Führung könnte es noch zehn Tage dauern, bis die Rebelleneinheiten Sirte erreicht haben.

Der Vorsitzende des libyschen Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, rief die Nato zur Fortsetzung des Kampfes gegen Gaddafi auf. Gaddafi sei „immer noch in der Lage, etwas Grauenvolles anzurichten“, sagte Dschalil in Doha bei einem Treffen mit Vertretern der Nato-Staaten. „Wenn die Nato Libyen nicht unterstützt hätte, wäre es zum größten Massaker in der modernen Menschheitsgeschichte gekommen.“

Ein Nato-Vertreter sagte, der Einsatz des Bündnisses sei noch nicht zu Ende, schließe aber keine Bodentruppen in Libyen ein. „Die Anwesenheit solcher Truppen hängt von der Entscheidung des Nationalen Übergangsrates ab, der bestimmt, was in der nächsten Phase geschieht“, sagte der Kommandeur der Nato-Einsatzzentrale in Neapel, Samuel J. Locklear, der Nachrichtenagentur dpa.

Unterdessen bleibt die Versorgungslage in der Millionenmetropole kritisch. Die Lebensmittelgeschäfte hätten am Montag wieder geöffnet, die Regale seien aber meist leer, berichtete eine Al-Dschasira-Reporterin. Zudem gebe es kaum Wasser, Strom nur zeitweise.

Nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef kämpfen humanitäre Organisationen in Tripolis vor allem mit logistischen Problemen. Zwar kämen Medikamente oder Wasser in der libyschen Hauptstadt an, sagte Sprecher Rudi Tarneden der Nachrichtenagentur dpa. Bei der Verteilung werde aber die Hilfe von Behörden oder örtlichen Organisationen benötigt – und die sei schwer zu organisieren. Am Montag eröffnete die EU in Tripolis ein Büro für humanitäre Hilfe.

Trotz der schlechten Versorgungslage kehren bereits viele Libyer, die nach Tunesien geflohen waren, in ihre Heimat zurück. Anders als in der vergangenen Woche, als täglich Hunderte Familien über den Grenzübergang Wassan nach Tunesien gefahren waren, bildeten sich nun Warteschlangen in der anderen Richtung, berichtete eine dpa-Reporterin.

Einen Tag nach der Entdeckung von bis zu 150 verkohlten Leichen in einem Lagerhaus in Tripolis, bei denen es sich um Opfer der Gaddafi-Truppen handeln soll, appellierte ein Sprecher der Übergangsregierung an die eigenen Anhänger, keine Rache zu nehmen. Gleichzeitig rief er alle Einwohner der Stadt dazu auf, sich am Wiederaufbau zu beteiligen.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erhob schwere Vorwürfe gegen Gaddafi-Getreue. Es gebe Beweise für willkürliche Hinrichtungen von Häftlingen, als die Rebellen in die Hauptstadt Tripolis einrückten. Selbst medizinisches Personal sei getötet worden. Auch in Krankenhäusern waren zahlreiche Leichen entdeckt worden.

Unterdessen wurde bekannt, dass der libysche Lockerbie-Attentäter Abdelbaset al-Megrahi zwei Jahre nach seiner umstrittenen Freilassung aus einem schottischen Gefängnis offenbar im Sterben liegt. Wie der US-Sender CNN berichtete, fand ein Reporter des Senders den Krebskranken am Sonntag in seinem Haus in Tripolis. Bei dem Attentat auf eine PanAm-Boeing 747 waren über dem schottischen Lockerbie 1988 insgesamt 270 Menschen gestorben – darunter viele Amerikaner. (dpa/abendblatt.de)

Der Montag im Liveticker

21.30 Uhr: Einer der Gaddafi-Söhne soll bei Kämpfen nahe Tripolis getötet worden sein. Das meldeten die Rebellen. Chamis Gaddafi sei in der Nähe von Ben Walid und Tarhoni schwer verwundet worden, sagte ein Kommandeur der Aufständischen. Später sei er seinen Verletzungen in einem Krankenhaus erlegen und in der Region beerdigt worden. Zum Zeitpunkt des Todes äußerte er sich nicht. Eine unabhängige Bestätigung lag nicht vor. Chamis Gaddafi führte zuletzt eine nach ihm benannte Armeebrigade, die mit Massenmorden in Verbindung gebracht wird.

21.14 Uhr: Die US-Regierung vermutet den bisherigen Machthaber Muammar al Gaddafi noch immer in seiner Heimat Libyen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass Gaddafi Libyen verlassen habe, erklärte das Weiße Haus am Montag. Sprecher Jay Carney sagte, sollte Washington seinen Aufenthalt erfahren, werde die Regierung diese Information weitergeben.

19.18 Uhr: Nach Angaben des Außenministeriums in Algerien sind die Frau des ehemaligen libyschen Machthabers Gaddafi, seine Söhne Hannibal und Mohammed sowie seine Tochter Aischa am Montag in der Hauptstadt Algier eingetroffen. Über den Aufenthaltsort Gaddafi gibt es weiterhin keine gesicherten Erkenntnisse. Nach einem Bericht der italienischen Nachrichtenagentur Ansa soll der flüchtige Diktator in Bani Walid 100 Kilometer südöstlich von Tripolis untergetaucht sein. Die Agentur meldete dies unter Berufung auf „diplomatische libysche Quellen“.

17:49 Uhr: Die Afrikanische Union (AU) befürchtet, dass die Aufständischen in Libyen wahllos Schwarzafrikaner töten. Unschuldige Arbeiter würden möglicherweise mit Söldnern verwechselt, sagte der AU-Vorsitzende Jean Ping am Montag. Unter anderem wegen dieser Bedenken verweigere die AU bislang eine offizielle Anerkennung des Übergangsrats der libyschen Rebellen. Der Übergangsrat «scheint Schwarze mit Söldnern durcheinanderzubringen... sie töten normale Arbeiter», erklärte Ping. Sowohl die Rebellen als auch die Kämpfer des langjährigen Machthabers Muammar al Gaddafi rief er auf, die Gewalt zu beenden.

17.21 Uhr: Der Übergangsrat der libyschen Rebellen hat die Nato aufgefordert, den Druck auf die verbliebenen Vertreter des Regimes von Muammar al Gaddafi aufrecht zu erhalten. Der Vorsitzende des Nationalen Übergangsrats, Mustafa Abdel Dschalil, sagte am Montag bei einem Treffen mit ranghohen Nato-Vertretern in Katar, Gaddafi sei immer noch in der Lage „Schreckliches“ anzurichten.

16.38 Uhr: Die EU-Kommission hat ein Büro für humanitäre Hilfe in der Hauptstadt Tripolis eröffnet. Nach Mitteilung der Kommission in Brüssel soll das Büro dafür sorgen, dass die Hilfe der EU rasch an die richtigen Empfänger gerät. Die EU hat zunächst zehn Millionen Euro für Soforthilfe in Libyen bereitgestellt – vor allem Nahrung, medizinische Güter und Trinkwasser.

15.52 Uhr: Das von der Europäischen Union eingefrorene Auslandsvermögen von Gaddafi ist offenbar noch nicht wieder komplett freigegeben. Ein moderner Canadair-Jet CRJ 900 der Libyan Airlines steht noch immer am Flughafen Hamburg. Die Maschine für bis zu 86 Passagiere war zu Wartungsarbeiten bei der Lufthansa City Line und in Hamburg festgesetzt worden. Ausgangspunkt war nach Auskunft des Bundeswirtschaftsministeriums die Uno-Resolution 1973, aus der eine EU-Verordnung geworden ist. Und diese Verordnung, die in den nächsten Tagen vermutlich aufgehoben wird, gilt noch immer. Die Maschine gehört offenbar dem libyschen Staat. Wer Rechtsnachfolger des geflüchteten Machthabers Muammar al-Gaddafi wird, ist noch unklar.

14.26 Uhr: Der katholische Bischof Giovanni Innocenzo Martinelli hat die Rebellen in Libyen in die Pflicht genommen, sich für eine Aussöhnung im Land einzusetzen. Auch wenn sie verlangten, dass Gaddafi selbst sich bedingungslos ergibt, sollten sich die Rebellen mit dem Rest der Bevölkerung von Tripolis um Versöhnung bemühen, sagte der Bischof der libyschen Hauptstadt dem vatikanischen Pressedienst Fides. Das Klima in Tripolis werde unterdessen „ruhiger und gelassener“, so der Bischof unter Berufung auf Gewährsleute vor Ort. Martinelli hält sich derzeit zur medizinischen Behandlung in Italien auf.

13.23 Uhr: Frankreich hat eine Gruppe Diplomaten nach Tripolis entsandt. Der Sprecher des französischen Außenministeriums, Bernard Valero, sagte dem Radiosender RTL, es dürfe keine Zeit verloren werden, um Libyen beim Wiederaufbau zu unterstützen. Zudem müsse die geplünderte französische Botschaft wieder hergerichtet werden. Am Donnerstag soll in Paris eine internationale Libyen-Konferenz stattfinden. Frankreich gilt als wichtiger Unterstützer der Rebellen und hat mehrere diplomatische Treffen zu ihrer Unterstützung abgehalten.

13.07 Uhr: Angesichts von Gewalt und Versorgungsengpässen hat die Internationale Organisation für Migration (IOM) 850 Gastarbeiter aus Tripolis evakuiert. Die Flüchtlinge würden mit einer gecharterten Fähre zunächst in die Hafenstadt Bengasi im Osten des Landes und dann weiter in ihre Heimatländer gebracht, teilte die IOM mit.

12.38 Uhr: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Donnerstag an der Unterstützungskonferenz für Libyen in Paris teilnehmen. Die Vertreter des libyschen Übergangsrates sollten auf dem Treffen ihre Pläne für die Zukunft und den Bedarf an Hilfen aus dem Ausland darlegen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Allen sei klar, dass man schnell handeln müsse, damit die Libyer den Unterschied zwischen dem alten und neuen Regime spürten. Das Pariser Treffen sei aber keine Geberkonferenz, es werde dort nicht um konkrete finanzielle Zusagen gehen, sagte Seibert.

11.58 Uhr: Libysche Rebellen haben nach Angaben eines Sprechers seit ihrem Einmarsch in Tripolis vergangene Woche mehr als 10.000 Häftlinge aus Gefängnissen des bisherigen Machthabers Gaddafi befreit. Rund 50.000 Menschen seien aber verschollen, sagte Rebellensprecher Ahmed Bani. Gaddafis Regierung hatte versucht, den Aufstand mit Hilfe der Gefangennahme Tausender Menschen einzudämmen.

11.13 Uhr: Als eine der letzten Bastionen des Gaddafi-Regimes im Ausland hat nun auch die Botschaft des nordafrikanischen Staates in Moskau die rot-schwarz-grüne Fahne der Rebellen gehisst. „Die Botschaft vertritt die Meinung des Volkes“, sagte Konsul Ali Abu Bakr nach Angaben der Agentur Itar-Tass bei einer Zeremonie. Russland war für das Gaddafi-Regime stets einer der wichtigsten Wirtschafts- und Rüstungspartner. Mehrere Exil-Libyer, die an der Zeremonie teilnahmen, riefen: „Für ein neues Libyen! Lang leben Freiheit und Demokratie!“ Angeblich war die Botschaft in Gaddafi-Anhänger und Unterstützer der Rebellen geteilt.

10.16 Uhr: Die Nato nimmt zunehmend die noch nicht vom Nationalen Übergangsrat kontrollierte Heimatstadt Gaddafis unter Beschuss. Am Sonntag wurden in Sirte und der Umgebung vier Radarstationen, drei Militärfahrzeuge, eine Antenne und zwei Boden-Luft-Raketensysteme zerstört, teilte die Nato am Montag mit. Auch 20 Behälter für Boden-Luft-Raketen seien getroffen worden.

10.01 Uhr: Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat Libyen eine verstärkte wirtschaftliche Kooperation angeboten. Der Umbruch in Nordafrika sei zuallererst politisch eine große Chance, sagte BDI-Präsident Hans-Peter Keitel der „Frankfurter Rundschau“. „Die Freiheit, die Millionen von Menschen gerade gewinnen, bietet auch wirtschaftliche Chancen – auch für deutsche Unternehmen“, fügte er hinzu. Libyen sei „aus guten Gründen“ in der Vergangenheit kein bevorzugter deutscher Markt gewesen. „Mit derselben Klugheit und der aus den Abläufen der letzten Monate gebotenen politischen Zurückhaltung sollten wir alle Chancen nutzen“, betonte Keitel.

9.21 Uhr: Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hält die Enthaltung der Bundesregierung im Libyen-Konflikt im Uno-Sicherheitsrat für einen „nicht vertrauensfördernden“ Alleingang. Allerdings könne nicht vom größten deutschen außenpolitischen Debakel der Nachkriegszeit gesprochen werden, sagte Ischinger im Deutschlandfunk. „Joschka Fischer und einige andere sollten die Kirche im Dorf lassen“. Ischinger sagte weiter, er halte es für sehr unwahrscheinlich, dass die Vereinten Nationen gegen Syrien ähnlich weitreichende Sanktionen wie zuvor gegen Libyen beschließen.

Die Serie der in Libyen aufgedeckten Grausamkeiten reißt nicht ab. Während der Schlacht um Tripolis sind zahlreiche Verbrechen gegen die Menschlichkeit von Seiten des Regimes von Muammar al-Gaddafi bekannt geworden. In einem Stadtteil sahen Fotoreporter ein Lagerhaus mit mehreren verkohlten Leichen. Anwohner berichteten, die Gaddafi-Truppen hätten in dem Gebäude Zivilisten gefangen gehalten. Als sie das Gelände nicht mehr hätten halten können, hätten sie das Gebäude angezündet. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erhob schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte Gaddafis. Es gebe Beweise für willkürliche Hinrichtung von Häftlingen, als die Rebellen in die Hauptstadt Tripolis einrückten, teilte die Organisation mit. Gaddafi-Getreue hätten außerdem selbst medizinisches Personal getötet.

Der Übergangsrat sucht nach mehr als 50.000 Häftlingen, die spurlos verschwunden sind. Diese Gefangenen würden möglicherweise in unterirdischen Bunkeranlagen festgehalten, sagte Sprecher Ben Ali. Nach der Einnahme von Tripolis hätten die Aufständischen auch in Krankenhäusern verkohlte Leichen Hunderter Gefangener gefunden. Der libysche Übergangsrat räumte knapp eine Woche nach dem Fall von Tripolis erstmals eine humanitäre Krise in der Hauptstadt ein. Der Sprecher des Rates, Schamsiddin Ben Ali, forderte deshalb alle im Ausland arbeitenden libyschen Ärzte auf, sofort in ihre Heimat zurückzukehren.

Die Lage in den Krankenhäusern der Hauptstadt sei dramatisch, sagte Ben Ali. Neben Ärzten sei wegen der vielen Verletzten auch mehr Nachschub an Medikamenten und medizinischem Gerät notwendig, sagte der Sprecher dem arabischen Fernsehsender al-Dschasira.

Die Rebellen stehen nach eigenen Angaben zum Angriff auf Sirte bereit, der Geburtsstadt Gaddafis. Die Übergangsregierung verhandelt seit Tagen über eine friedliche Übergabe der strategisch wichtigen Küstenstadt. Sie liegt etwa in der Mitte zwischen Tripolis und der Rebellen-Hochburg Bengasi. Die Küstenstraße zwischen Tripolis und Sirte sei inzwischen unter Kontrolle, sagte ein Militärsprecher der Übergangsregierung.

Den Kämpfern bereiteten mögliche Chemiewaffen und Raketen größerer Reichweite der Gaddafi-Truppen am meisten Kopfzerbrechen, zitierte der arabische Nachrichtensender al-Dschasira Fadl Harun, einen Befehlshaber der Rebellen. Im Fall eines Angriffs würden sie auf Unterstützung der Nato setzen: „Sobald die Nato den Weg freigemacht hat, werden wir auf Sirte vorrücken“, sagte Harun. Der Chef der Übergangsregierung, Mahmud Dschibril, räumte ein: „Das Regime ist noch nicht gestürzt. Der Fall von Tripolis ist ein Symbol“, sagte er der arabischen Tageszeitung „Shark al-Awsat“.

Die Arabische Liga rief den Uno-Sicherheitsrat und alle betroffenen Länder dazu auf, Gelder des Gaddafi-Regimes jetzt freizugeben. Zuvor hatte erstmals seit sechs Monaten wieder ein Vertreter Libyens an einer Sitzung der Liga teilgenommen: der Chef der erst vor wenigen Tagen anerkannten Übergangsregierung, Mahmud Dschibril.

Die Jagd nach Ex-Diktator Gaddafi macht derweil offenbar keine großen Fortschritte. Der Chef des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, räumte ein, dass es derzeit keine gesicherten Informationen über den Aufenthaltsort des 69-Jährigen gebe. Ein Militärsprecher schloss Verhandlungen mit dem Diktator aus. Rebellen zeigten ausländischen Journalisten die Privatgemächer der Diktatoren-Familie. Dabei wurde verschwenderischer Luxus offenbar. Auch führten sie Fotografen durch eine Maschine Gaddafis am Flughafen der Hauptstadt Tripolis. Ob es eine Regierungsmaschine oder ein Privatjet Gaddafis war, lässt sich kaum auseinanderhalten.

Der im Jahr 2009 aus der Haft freigelassene Lockerbie-Attentäter Abdelbaset al-Megrahi liegt nach einem Bericht des US-Nachrichtensenders CNN offenbar im Sterben. Der Sender hat nach eigenen Angaben al-Megrahi in seinem Haus in Tripolis gefunden, wo er von seiner Familie versorgt werde. Er liege im Koma, erhalte Sauerstoff und hänge am Tropf. Die Familie beklagte, dass er nicht ärztlich betreut werde, sondern zu Hause gepflegt werden müsse.

Der krebskranke al-Megrahi war aus schottischer Haft entlassen worden, weil ihm Ärzte eine Lebenserwartung von damals nur noch wenigen Monaten bescheinigt hatten. Bei dem Attentat auf einen Jumbojet Boeing 747 der US-Fluggesellschaft PanAm über dem schottischen Lockerbie waren 1988 insgesamt 270 Menschen gestorben – darunter viele Amerikaner. Al-Megrahi ist der einzige, der jemals dafür zur Rechenschaft gezogen wurde.

Der Übergangsrat der libyschen Rebellen wird al-Megrahi nach eigenen Angaben nicht ins Ausland abschieben. Kein libyscher Staatsbürger werde ausgeliefert, sagte der Justizminister der Aufständischen, Mohammed al-Alagi. (dpa/dapd/abendblatt.de)