Künftig werden drei Bundesländer von Frauen regiert. Was der ersten deutschen Ministerpräsidentin Heide Simonis dazu einfällt.

Kiel. Der Aufstieg von Frauen auf Spitzenposten in der Politik ist nach Ansicht von Ex-Ministerpräsidentin Heide Simonis in wenigen Jahren von der absoluten Ausnahme zum Normalfall geworden. „Heute regt sich darüber niemand mehr auf“, sagte die frühere Kieler SPD-Regierungschefin der Nachrichtenagentur dpa. Sie war von 1993 bis 2005 erste und einzige Frau an der Spitze einer Regierung in Deutschland. Mit dem Amtsantritt von Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) im Saarland am 10. August werden es auf Länder- und Bundesebene vier zur gleichen Zeit sein.

„Als ich kam, ging die Welt nicht unter. Als Angela Merkel Kanzlerin wurde, auch nicht. Und als Christine Lieberknecht (CDU) in Thüringen sowie Hannelore Kraft (SPD) in Nordrhein-Westfalen folgten, immer noch nicht“, sagte Simonis. „Deutschland hat sich an Frauen in Führungspositionen gewöhnt“, beobachtete die 68-Jährige.

Bevor sie ans Ruder kam, war sie Finanzministerin und zwölf Jahre lang Bundestagsabgeordnete. Überall musste sie sich in einer von Männern dominierten Welt behaupten. „Das ging bis hin zur Sprache“, erinnerte sich Simonis. „Wenn es im Haushaltsausschuss zur Sache ging, habe ich als zunächst einzige Frau in dem Gremium schon mal kräftig wie die Männer geflucht oder auch lauthals meinen ganzen Krempel auf den Tisch geschmissen.“ Als mehr Frauen dazukamen, habe ihre verbale Aggressivität wieder abgenommen.

Ob „ihre“ Minister sie anders behandelten als Vorgänger Björn Engholm? „Zum Teil schon, und dann leider nicht besser.“ Simonis erinnerte an das Zerwürfnis mit ihrem damaligen Wirtschaftsminister Peer Steinbrück (SPD). Er warf ihr 1998 Politik auf „Pepita-Niveau“ vor. „Das würden Männer mit einem Mann als Chef nicht machen. Das glauben sie mit Frauen machen zu können, weil sie in ihren Augen eher hilflos sind.“ Steinbrück ging kurz darauf nach Nordrhein-Westfalen.

Aus Sicht von Simonis gehen Frauen Probleme konsensorientierter an. „Uns macht es auch nicht so schrecklich viel aus, mal eine Niederlage einzustecken.“ Am Stil der Kanzlerin erkenne sie nichts Weibliches. Merkel treffe einsame Entscheidungen: „Sie steht da und macht erst nichts, dann kommt sie und sagt „Nun machen wir es so“.“

Frauen gehen eher davon aus, dass sie eventuell etwas falsch machen, hat Simonis festgestellt. „Und sie grübeln länger, ob sie eine Sache schaffen können. So stehen sie sich manchmal selbst im Weg.“ Männer neigten viel weniger zu Selbstzweifeln. „Sie haben Angst, dass sie als ängstlich gelten könnten.“ Ihr Rat an die „Neue“ im Saarland? „Nerven bewahren, aber mit dem Schlimmsten rechnen.“ (dpa)