Touristen-Attraktionen müssten schließen, Beamte in Zwangsurlaub gehen. Scarlett Johansson protestiert mit YouTube-Video.

Washington/Hamburg. Sie machen die Schotten dicht. Die Amerikaner nennen es „Government Shutdown“, wenn die Regierung mal wieder Museen und andere staatliche Einrichtungen schließen muss, weil der Kongress den Haushalts-Entwurf von Präsident Barack Obama verschleppt. Aus guten Gründen, wie die Republikaner meinen. Der dramatische Parteienstreit um Einsparungen im US-Bundeshaushalt ist in die entscheidende Phase getreten. Den Führern der Republikaner und Demokraten blieben am Freitag nur noch Stunden, um die Blockade der Regierungsfinanzen abzuwenden. Es wäre das erste Mal seit 15 Jahren, dass die Regierungsausgaben eingefroren werden müssten. Es seien zwar Fortschritte erzielt worden, sagte US-Präsident Barack Obama. Aber er sei „noch nicht in der Lage, wilden Optimismus zu verbreiten“. Das klang beinahe ironisch.

Doch die Lage ist so ernst wie zu Bill Clintons Regierungszeit, als zuletzt zeitweise ehrwürdige und renommierte Institutionen schließen mussten. Der Wettlauf gegen die Zeit, um einen Kompromiss für den erbitterten Konflikt zu finden, setzte sich in Nachtsitzungen fort. Einen für Freitag in Indianapolis (Indiana) geplanten Auftritt sagte Obama kurzfristig ab, um weitere Treffen im Weißen Haus einzuberufen. Können sich die Parteien bis Mitternacht nicht wenigstens auf eine vorübergehende Weiterfinanzierung der Staatsgeschäfte einigen, müssen viele Behörden und öffentliche Einrichtungen umgehend schließen. Nach Medienberichten würden 800.000 „nicht für Notfälle benötigte“ Bundesbedienstete beurlaubt, vielleicht sogar ohne Bezahlung. Zu Obamas Verhandlungen kamen der republikanische Parlamentspräsident John Boehner, der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat Harry Reid sowie zuletzt auch Vize-Präsident Joe Biden.

Rund 4,4 Millionen Menschen arbeiten für die Bundesregierung in den USA, rund 800.000 von ihnen droht die vorübergehende Arbeitslosigkeit. Nur diejenigen unter ihnen, die als unentbehrlich gelten, würden im Job bleiben: Polizisten, Feuerwehrleute, Fluglotsen oder Gefängniswärter etwa. Allerdings könnten auch sie ihre Gehaltsschecks erst einlösen, wenn die Finanzierung des Staates wieder gesichert wäre. Das gilt sogar für die rund 140.000 US-Soldaten, die in Afghanistan und im Irak im Einsatz sind. Rentenzahlungen sowie die Leistungen der staatlichen Gesundheitsprogramme für Ärmere und Alte, Medicaid und Medicare, wären dagegen nicht betroffen.

Ein finanzieller Stillstand in Washington würde dazu führen, dass US-Botschaften in aller Welt keine Visa mehr ausstellen könnten. Auch Touristen, die in die USA reisen, würden die Auswirkungen merken: Das Smithsonian Institute in Washington etwa, der größte Museumskomplex der Welt, müsste vorübergehend dichtmachen. Das gleiche gilt für Nationalparks und andere Monumente, die unter der Verwaltung von Bundesbehörden stehen.

Derweil rufen Prominente in den USA zu Protesten gegen die von den Republikanern geplanten Kürzungen bei Familienplanungsprogrammen aufgerufen. Die US-Schauspielerin Scarlett Johansson brachte am Donnerstag ein Video heraus , in dem sie die Bürger aufruft, einen offenen Brief an den Kongress zu unterschreiben. „Ein unentdeckter Krebs, eine unbehandelte sexuell übertragbare Krankheit, eine Frau, die nicht die Geburtenkontrolle erhält, die sie benötigt, um ihre Familie zu planen und ihr Schicksal zu bestimmen – dies ist die desaströse Vision einiger Politiker im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten“, sagte der Hollywood-Star in dem Video.

Die Fernsehstars David Eigenberg und Connie Britton kritisierten vor mehreren Hundert rosa gekleideten Demonstranten an den Stufen zum Kongress in Washington die geplante Haushaltskürzung als Angriff auf die Rechte der Frauen. Die republikanische Mehrheit will die von US-Präsident Barack Obama für Familienplanung vorgesehenen 327 Millionen Dollar (229 Millionen Euro) komplett streichen. Gestrichen werden soll damit die staatliche Unterstützung für die Organisation Planned Parenthood Federation of America. Die Republikaner werfen der Organisation vor, mit Steuergeld Abtreibungen zu finanzieren. Die Organisation weist diesen Vorwurf zurück. Die Staatsgelder würden für Verhütung, Krebsvorsorge und zur Behandlung sexuell übertragbarer Krankheiten verwendet, erklärte sie. (abendblatt.de/dpa/dapd/AFP)