Gaddafis Truppen greifen die west-libysche Stadt Al-Sawijah offenbar mit Panzern und Artillerie an. Immer mehr arabische Länder fordern eine Flugverbotszone über Libyen. Westerwelle warnt vor überhasteten Entscheidungen.

Tripolis/Kairo. Mit Panzern und Artillerie sollen Truppen des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi die west-libysche Stadt Al-Sawijah angegriffen haben. Die Meldung sei bisher aber noch nicht bestätigt. Ein Augenzeuge habe lediglich über Twitter eine Kurzmitteilung verschickt, in der es hieß: "Die Panzer schießen überall auf uns. Sie verschonen kein Haus, keine Moschee, keine Schule.“ Andere Quellen bestätigten diese Details vorerst noch nicht. Die Stadt Al-Sawijah war aber bereits am letzten Wochenende heftig umkämpft. Mehrfach waren die Truppen des Regimes in das Zentrum der Stadt 50 Kilometer westlich von Tripolis eingedrungen. Wegen des Widerstands mussten sie sich aber stets wieder zurückziehen.

Unterdessen fordern mehrere arabische Länder, angesichts der anhaltenden Luftangriffe auf libysche Aufständische, die Durchsetzung einer Flugverbotszone. Die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) sprach sich ebenso für ein Flugverbot aus, wie es schon zuvor der Golfkooperationsrat getan hatte. Verhandlungen mit Machthaber Muammar al-Gaddafi lehnen die Rebellen ab. Sie sicherten Gaddafi aber Straffreiheit zu, sollte er ins Exil flüchten.

Ekmeleddin Ihsanoglu, der Generalsekretär der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC), plädierte für die Einrichtung einer Flugverbotszone in Libyen. Der Golfkooperationsrat hatte zuvor an den UN-Sicherheitsrat appelliert, zum Schutz von Zivilisten notfalls auch ein Flugverbot zu erlassen. Auch die Arabische Liga ünterstütze ein Flugverbot, wie das französische Außenministerium mitteilte. Sie trifft sich diese Woche zu einer Sondersitzung zu Libyen, die am Dienstag auf Sonnabend verschoben wurde.

Großbritannien und Frankreich arbeiten derzeit an einer Entschließung des UN-Sicherheitsrats für ein Flugverbot über Libyen. Gefordert hatten dies die libyschen Aufständischen vergangene Woche. Vor der Einrichtung einer Flugverbotszone müsste allerdings die libysche Luftabwehr zerstört werden. Daher warnte Bundesaußenminister Guido Westerwelle vor einer überhasteten Entscheidung. Eine Flugverbotszone sei "eine Option – die muss aber durchdacht und auch durchgesetzt werden“, sagte Westerwelle der "Schwäbischen Zeitung“ (Mittwochsausgabe).

Regierungsvertreter in Tripolis nannten die Behauptung, Gaddafi habe den Aufständischen einen Dialog angeboten, "dummes Zeug“. Der Präsident des oppositionellen Nationalrats in Bengasi, Mustafa Abdel Dschalil, sagte, eine Gruppe von Anwälten aus Tripolis habe angeboten, bei Verhandlungen mit Gaddafi zu vermitteln, der Rat habe diese Vermittlung jedoch abgelehnt. Dschalil erneuerte jedoch sein Angebot, Gaddafi Straffreiheit zu gewähren, wenn er freiwillig das Land verlasse.

Der Internationale Strafgerichtshof leitete allerdings schon Ermittlungen gegen Gaddafi wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. Diese müssten schnell vorangetrieben werden, um auch eventuelle Kriegsverbrechen zu untersuchen, sagte Chefankläger Luis Moreno-Ocampo in Madrid.

Unterdessen setzten Einheiten Gaddafis ihre Angriffe auf die von den Rebellen gehaltenen Städte fort. Wie Reporter berichteten, flogen Kampfflugzeuge Angriffe auf Ras Lanuf östlich von Tripolis. Dabei wurden mindestens vier Menschen verletzt. Die Stadt Sintan 120 Kilometer südwestlich von Tripolis befand sich weiter in der Hand der Aufständischen, wurde aber von Regierungstruppen belagert, wie ein französischer Dokumentarfilmer sagte.

Das Welternährungsprogramm (WFP) brachte nach eigenen Angaben die erste UN-Ernährungshilfe in Form von 70 Tonnen nährstoffreicher Fruchtriegel nach Libyen. Drei Tage nach ihrem Ablegen in Tunesien trafen am Dienstag drei Schiffe der Bundesmarine mit mehr als 400 Flüchtlingen an Bord in Ägypten ein. Die 412 aus Libyen geflohenen Ägypter seien nach Alexandria gebracht worden, teilte das Bundesverteidigungsministerium mit.

Die US-Regierung erteilte Forderungen nach Waffenlieferungen an die Gegner Gaddafis vorerst eine Absage. Die EU einigte sich am Dienstag auf Expertenebene im Grundsatz auf eine Ausweitung ihrer Sanktionen gegen die libysche Führung. (abendblatt.de/dpa/afp)