Ein Ex-Terrorist belastet den anderen. Im RAF-Prozess gegen Verena Becker gibt Peter-Jürgen Boock aber selbst chronisches Lügen zu.

Stuttgart. Der ehemalige Terrorist und RAF-Aussteiger Peter-Jürgen Boock hat erneut seinen früheren Weggefährten Stefan Wisniewski als Mittäter des Attentats auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback genannt. Er gehe davon aus, dass es Wisniewski gewesen sei, der die anderen Mitglieder der „Roten Armee Fraktion“ über den aus ihrer Sicht erfolgreichen Mordanschlag informierte, sagte Boock vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Boock hatte schon früher Wisniewski als möglichen Täter des Anschlags auf Buback 1977 genannt. Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft führten bislang aber zu keinem Ergebnis. In Stuttgart ist Verena Becker als mögliche Mittäterin angeklagt.

Er habe mit anderen RAF-Mitgliedern in Amsterdam das Attentat abgewartet, sagte Boock. „Aus allem heraus war es klar, dass es Stefan Wisniewski war, der angerufen hat“, so Boock. „Ich denke auch, dass er zu dem Kommando gehörte und wusste, dass es geklappt hat. Sonst hätte er das nicht mitteilen können.“ Verena Becker ist angeklagt, weil sie bei der Entscheidung für den Anschlag sowie der Organisation eine maßgebliche Rolle gespielt haben soll. Der Sohn des Ermordeten, der Nebenkläger Michael Buback, glaubt hingegen, dass Becker selbst seinen Vater erschossen hat.

Boock besteht auf dem Wahrheitsgehalt seiner heutigen Aussagen. Es sei nicht so, dass er „versuche, zu mauern“, sagte Boock. Er bekannte aber, nach seiner Verhaftung im Jahr 1981 nicht die Wahrheit gesagt zu haben. „Ich habe gelogen, was das Zeug hielt“, sagte Boock. Das gelte auch noch für die Strafverfahren, in denen er wegen Beteiligung an der Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer und am Anschlag auf Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Seit einem von ihm selbst verfassten Schreiben an den damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker im Jahr 1992 seien seine Angaben jedoch richtig, versicherte Boock. Er habe nach seiner Verhaftung „zu früheren Genossen keinerlei Kontakt mehr gehabt“, sagte er. Die Glaubwürdigkeit Boocks war in der Vergangenheit mehrfach angezweifelt worden.

Boock entlastete am Donnerstag die Angeklagte Becker weiter. Nach Angaben Boocks war der frühere RAF-Terrorist Christian Klar an der unmittelbaren Tat und auch an deren Planung oder Vorbereitung „nicht beteiligt“. Denn Klar habe zu diesem Zeitpunkt gar nicht zu der Karlsruher Gruppe gehört. Klar wurde jedoch als Mittäter beim Buback-Attentat verurteilt. Als Tatbeteiligte kommen aus Boocks Sicht die RAF-Leute Günter Sonnenberg und Knut Folkerts in Betracht. Gegen Sonnenberg war das Verfahren eingestellt worden. Folkerts wurde wie Klar als Mittäter verurteilt.