„Das Letzte, was die Truppe jetzt braucht, ist die Anwesenheit von geschätzten Talk-Show-Moderatoren.“ Grüne: „Das ist plumpe Eigen-PR“.

Berlin/Hamburg/Masar-i-Scharif. Nach der Opposition hat sich auch der Koalitionspartner FDP verstimmt gezeigt wegen der offensichtlichen Inszenierung der Afghanistan-Reise von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit seiner Frau Stephanie und dem Fernsehmoderator Johannes B. Kerner. Die sicherheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Elke Hoff, sagte: „Ich würde dem Minister zu mehr Zurückhaltung raten und ihm statt dessen empfehlen, die nach wie vor bestehenden Ausbildungs- und Ausrüstungsdefizite bei der Truppe zeitnah zu beheben“, sagte Hoff dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Das Letzte, was die Truppe jetzt braucht, ist die Anwesenheit von geschätzten Talk-Show-Moderatoren. Das passt einfach nicht.“

Die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, hat Guttenberg scharf angegriffen. „Karl-Theodor zu Guttenberg nutzt die vorweihnachtliche Kulisse in den deutschen Feldlagern in Masar-i-Scharif und Kundus für plumpe Eigen-PR“, sagte die Grünen-Chefin dem Hamburger Abendblatt. Während in Berlin über die Bilanz des bisherigen Einsatzes debattiert werde, produziere der Verteidigungsminister strahlende Bilder mit Gattin im Krisengebiet. „Der extra eingeflogene Hofberichterstatter samt Fernsehstudio wird dabei für die gewünschte Verbreitung sorgen“, hob sie hervor. „Statt noch vor der neuen Mandatsentscheidung zum schleichenden Wandel des Einsatzes vom Stabilisierungseinsatz hin zur aktiven Aufstandsbekämpfung Stellung zu nehmen, segelt Show-Minister Guttenberg im Tiefflug über das Thema Afghanistan hinweg.“

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Soldaten im Einsatz zu besuchen ist im Prinzip immer gut, noch dazu vor Weihnachten.“ Er könne allerdings nicht erkennen, dass dies die Aufgabe von Ministergattinnen ist. Natürlich müsse ein Minister auch in den Medien präsent sein. Der Verteidigungsminister habe jedoch längst die Balance verloren. Wenn jetzt auch noch Talkshows in Afghanistan aufgezeichnet und Bilder für die Regenbogenpresse inszeniert würden, dann dienten die Soldaten nur noch als Kulisse.

Arnold forderte: „Guttenberg sollte sich besser einer inhaltlichen Debatte über seine Reformpläne und den Afghanistan-Einsatz stellen.“ Die notwendigen Mittel für die vom Minister beabsichtigte Bundeswehrreform fänden sich weder in der aktuellen noch in der mittelfristigen Finanzplanung. Zudem werde 2011 ein entscheidendes Jahr in Afghanistan. Ende kommenden Jahres solle die Verantwortung in einigen Distrikten an afghanische Sicherheitskräfte übergeben werden. 2014 solle der Einsatz beendet werden. Die SPD dringe auf Einhaltung dieser Termine. „Wir sollten uns jetzt nicht aus der Verantwortung verabschieden, sondern das Mandat mittragen“, betonte Arnold.