Briten finden nach gemeinsamen Tagen Gefallen an Papst Benedikt XVI. Der Vatikan zieht eine positive Bilanz der Großbritannien-Reise.

London. Und am Ende hat es der Papst doch geschafft, die Herzen der Briten zu gewinnen. Die Menge jubelte, wann immer er sich in der Öffentlichkeit zeigte: am Ankunftstag in Schottland, bei den Veranstaltungen in London und nicht zuletzt in Birmingham, wo Benedikt XVI. den anglikanischen Konvertiten John Henry Newman (1801-1890) selig sprach.

Er segnete Junge und Alte und rief die Menschen auf, sich als Christen dem „moralischen Relativismus“ und der „modernen Glaubenskrise“ entgegenzustellen. Beim königlichen Empfang im Palast Holyroodhouse in Edinburgh schaute die Queen zu Beginn noch recht verkniffen, als sie ihre Hoffnung ausdrückte, der Papstbesuch werde die „Beziehungen zwischen der römisch-katholischen Kirche und den etablierten Kirchen von England und Schottland stärken“. Später witzelte sie ganz entspannt über das „kleine Auto“ - den Jaguar, in dem Benedikt XVI. vorfuhr.

Auch bei den okumenischen Gesprächen schienen der Papst und der gastgebende Anglikanerprimas Rowan Williams dieselbe Sprache zu sprechen. Letzterer betonte im Tenor des Papstes, es sei wichtig, „Trends in der Gesellschaft entgegenzutreten, die Religion als eine Beleidigung des Intellekts verstünden“. Etwaige Unstimmigkeiten über eine mögliche Abwerbung anglikanischer Priester schienen vergessen. Die abschließende Umarmung der beiden Kirchenführer sprach Bände.

Dabei war die Skepsis über einen Erfolg des Besuchs anfänglich groß. Kurz vor der Ankunft des Papstes hatte Kurienkardinal Walter Kasper die Briten noch mit einem „Dritte-Welt-Kommentar“ verärgert. Kasper habe nur die „kulturelle Vielfalt“ Großbritanniens gemeint, erklärte der Vatikan. Doch er hatte einen rohen Nerv getroffen.

Schließlich verärgerte Benedikt XVI. auch selbst zumindest den säkularen Teil der britischen Gesellschaft: Seine Bezugnahme auf Deutschlands Vergangenheit und die Bemerkung, dass der „Atheismus“ der Nazis zu „einer herabwürdigenden Sicht des Menschen“ geführt habe, wurde von Papstgegnern als Affront empfunden. Fast schon sah es aus, als würde die deutsch-britische Rivalität wieder aufflammen. Doch die Aufregung erschien fast künstlich; selbst der Kommentator des linksliberalen „Guardian“ sah ein, dass es der Papst wohl so nicht gemeint habe. Kurzfristig überschattete auch die Festnahme von sechs Terrorverdächtigen den Papstbesuch. Doch Benedikt ließ sich nicht ängstigen und setzte sein Programm wie geplant fort.

Es sei für ihn wohl eine „einmalige Gelegenheit“, den Papst zu sehen, sagte Rentner Roger Waterton (65) am Samstagabend auf dem Weg zur Abendandacht im Londoner Hyde Park. Auch Pilgerin Sheena Dickerson (58) erhoffte sich eine „wundervolle Erfahrung“. Sie wünschte sich, dass der Papstbesuch die Kirche wieder stärke. Die Missbrauchsfälle seien schlimm; sowas dürfe man „nicht unter den Teppich kehren“.

Erleichterung zeigte sich dann auch in den Medien, als das „sehr emotionale“ Treffen des Papstes mit fünf Missbrauchsopfern bekannt wurde. Damit habe Benedikt XVI. „großen moralischen Mut“ bewiesen, schrieb der „Sunday Telegraph“. Mut und Hoffnung strahlten auch die 80.000 Menschen aus, die am Samstagabend zum Abendgebet im Hyde Park zusammenkamen. Mit Musik und Tanz feierten sie schon am Nachmittag, während anderswo Demonstranten mit roten Pappmitren auf dem Kopf protestierten. Die „antikatholischen Tiraden“, so ein Zeitungskommentator, waren aber selbst einigen bekennenden Atheisten peinlich - passen sie doch nicht so recht in das britische Verständnis von Freiheit und Toleranz.

Am meisten überraschte viele Kommentatoren, dass Benedikt XVI. es offenbar geschafft hat, sein eigenes Image und das seiner Kirche in Großbritannien zu verbessern. „Er kam, sah und siegte,“ formulierte der ehemalige Erzbischof von Canterbury George Carey im Boulevardblatt „News of the World.“ Immer wieder verglichen die Medien den deutschen Papst zwar auch mit seinem Vorgänger Johannes Paul II., der so viel „charismatischer“ gewesen sei. Aber eigentlich sei Benedikt XVI. mit seiner „bewusst schlichten Art“ und seiner Bescheidenheit, diesem typischen „Understatement“, doch „viel britischer“, beobachtete ein BBC-Kommentator.