Die gesetzlichen Krankenkassen haben 2011 Finanzreserven in Höhe von 19,5 Milliarden Euro erwirtschaftet. Rund vier Milliarden Euro Gewinn wurde eingefahren.

Berlin. Es ist wohl eine historisch einmalig hohe Summe: Die gesetzliche Krankenversicherung Finanzreserven von 19,5 Milliarden Euro angesammelt. Das geht aus den vorläufigen Ergebnissen für das vergangene Jahr hervor, die das Bundesgesundheitsministerium heute in Berlin veröffentlichte. Die Zahlen setzen sich zusammen aus den Überschuss, dass die Krankenkassen erwirtschaftet haben und rund 9,5 Milliarden Euro, die außerdem im Gesundheitsfonds angelaufen sind.

Nun fordert das Bundesgesundheitsministerium. die Krankenkassen auf, die Beiträge zurück zu erstatten. Der GKV-Spitzenverband sprach sich prompt dagegen aus und warnte davor, jetzt "das Minus von morgen“ zu organisieren.

2011 standen bei den Kassen Einnahmen in Höhe von rund 183,6 Milliarden Euro Ausgaben in Höhe von etwa 179,6 Milliarden Euro gegenüber. Zum Vergleich: Das Volumen des Bundeshaushalts liegt 2012 bei 306,2 Milliarden Euro.

Etliche Kassen verfügen laut Ministerium somit über Mittel, die in dieser Höhe nicht zur Absicherung gegen Risiken gebraucht würden. "Diese Krankenkassen sind gefordert, intensiv zu prüfen, ob vorhandene Prämienpotenziale an ihre Mitglieder weiterzugeben sind“, mahnt das Ressort von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Auch der Teil, der verfügbar sei, sei angesichts konjunktureller Risiken ein sinnvoller Puffer. Es handelt sich um 4,4 Milliarden Euro aus dem Fonds, die nicht unter anderem als Pflichtreserve gebunden sind.

Trotz des Milliardenpolsters warnte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor Einnahmekürzungen bei den Kassen. "Wer nur auf die Zahlen des vergangenen Jahres schaut und auf dieser Grundlage die künftigen Einnahmen kürzt, organisiert das Minus von morgen“, sagte der Vorsitzende des Verbandes, Johann-Magnus von Stackelberg.

Jetzt, wo die finanzielle Situation stabil sei, müssten die Rücklagen für schlechte Zeiten aufgebaut und gesichert werden, forderte er. "Ich habe großes Verständnis für die Krankenkassen, die auf langfristige Stabilität setzen, statt kurzfristig Prämien auszuschütten“, sagte er.

Die Linke fordert angesichts der Milliardenüberschüsse ein Ende der Praxisgebühr. Auch die Zuzahlung für Medikamente sollte abgeschafft werden, verlangte Fraktionschef Gregor Gysi. Mehrere Wissenschaftler hätten bestätigt, dass die erhofften Effekte von Praxisgebühr und Zuzahlungen nicht eingetreten seien. Eine Beitragssenkung, wie sie aus der Union gefordert wird, sei dagegen der falsche Weg, sagte Gysi. Davon würden vor allem Besserverdienende profitieren.

+++ Krankenkassen mit höherem Milliardenüberschuss als gedacht +++

+++ Lieber privat oder gesetzlich versichern? +++

Die Zahlen für das 2011 wurden mit Spannung erwartet. Seit Wochen debattieren Politik und Vertreter von Kassen, Ärzten und Kliniken zunehmend hitzig darüber, was mit den Milliardenreserven in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geschehen sollen." Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte jenen Kassen mit hohen Rücklagen bereits in der Vergangenheit nahegelegt, ihren Mitgliedern per Prämie etwas zurückzugeben. Doch auch die Geldsammelstelle der Kassen, der Gesundheitsfonds, hat Milliardenreserven. Zuletzt wuchs der Druck von Haushaltspolitikern der Koalition auf Bahr, von diesem Geld etwas dem Bundeshaushalt zum Schuldenabbau zur Verfügung zu stellen. (abendblatt.de/dapd/dpa)