Bei der Wahl in Frankreich ist laut Umfragen der Sozialist François Hollande der Favorit. Amtsinhaber Nicolas Sarkozy bestätigte seine Kandidatur.

Paris. Nicolas Sarkozy will weitere fünf Jahre an der Spitze Frankreichs stehen. Der Konservative bestätigte gestern Abend erstmals öffentlich, dass er bei den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr antreten wird. "Ja, ich bin Kandidat", sagte der 57-Jährige in einem Live-Interview des Fernsehsenders TF1.

Die Ankündigung kam spät, kam sie womöglich zu spät? Wahlumfragen sehen ihn derzeit nur auf Position zwei. Das ist kein Platz, mit dem sich Nicolas Sarkozy je zufriedengegeben hat. Für ihn geht es nun ums Ganze, denn es bedürfte schon eines kleinen Wunders, damit der risikofreudige und amerikafreundliche Präsident wiedergewählt wird - auch wenn er sich im Libyenkonflikt profilierte und als Retter des Euro präsentierte.

Es sind nur noch etwas mehr als zwei Monate, bis am 22. April die erste Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich abgehalten wird. Trotz seines Erfolgs auf der internationalen Bühne war Sarkozy für die meiste Zeit seiner Amtszeit zu Hause unbeliebt. Meinungsforscher des Instituts Ifop merkten an, dass Sarkozy nun den49. Monat in Folge Zustimmungswerte von unter 50 Prozent hat. Das sind zusammengerechnet mehr als vier von insgesamt fünf Jahren seiner Amtszeit. Seit Monaten führt sein Gegner in den Umfragen, der Kandidat der Sozialisten, François Hollande.

Kein Präsidentschaftskandidat in der Geschichte der Fünften Republik konnte so kurz vor der Wahl einen so großen Rückstand wettmachen. "Wenn wir sie mit vergangenen Wahlen vergleichen, ist das eine sehr, sehr, sehr schlechte Ausgangssituation", sagt der Meinungsforscher Emmanuel Rivière von der Agentur TNS Sofres.

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Sarkozys Präsidentschaft begann im Jahr 2007 bereits holprig. Sein Image nahm Schaden an öffentlichen Fehltritten, an einer Steuerpolitik, die so wirkte, als sollten vor allem seine reichen Freunde von ihr profitieren. Und nach einer schnellen Scheidung war sein Image trotz des glamourösen Umwerbens von Supermodel Carla Bruni angekratzt. Umfragen suggerieren, dass Hollande und Sarkozy beim ersten Wahlgang am 22. April den ersten und den zweiten Platz belegen könnten und dann bei einer Stichwahl am 6. Mai gegeneinander antreten müssten. Einer Umfrage aus der vergangenen Woche zufolge hätte Hollande eine Führung von 20 Punkten bei einer Stichwahl. Für Sarkozy kommt erschwerend der Erfolg der Rechtspopulisten und ihrer Kandidatin Marine Le Pen hinzu. Diese schaffte es, in dem europäischen Land mit den meisten Muslimen islamfeindliche Ressentiments zu schüren.

Dass Sarkozy die Ankündigung seiner Kandidatur so lange hinauszögerte, dürfte damit zusammenhängen, dass er sich so bis zuletzt die Aura des Obersten Befehlshabers bewahrt. So muss er erst ganz zuletzt umschwenken und zum obersten Wahlkämpfer werden. Der französische Politikwissenschaftler Dominique Moisi ist sich sicher, dass Sarkozys politische Zukunft besiegelt ist. Der Schaden, den er in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit angerichtet habe, lasse sich nicht mehr aus dem Gedächtnis der Wähler löschen.

Den Tag der Verkündigung einer erneuten Kandidatur begann Sarkozy mit einem öffentlichen Statement - via Twitter. "Guten Tag an alle, ich bin sehr glücklich, heute mein Twitter-Konto zu starten", schrieb der Präsident um 8.14 Uhr unter dem Kürzel "NS". "Danke an alle, die mir folgen werden." Zwei Stunden später hatte Sarkozy bereits mehr als 13 000 "Follower". So werden Internetnutzer bezeichnet, die bei Twitter Nachrichten einer bestimmten Person kostenlos abonniert haben. Sarkozy wiederum hatte zunächst nur die Einträge seines Élysée-Palastes abonniert, der schon länger twittert.

Der französische Staatspräsident folgt damit unter anderem Barack Obama aus den USA, Dmitri Medwedew aus Russland, David Cameron aus Großbritannien oder den Regierenden aus Ländern wie Jordanien, Norwegen, Neuseeland und auch Ruanda, die allesamt twittern. Zum Vergleich: US-Präsident Barack Obama "folgten" am Mittwoch mehr als zwölf Millionen Nutzer. Obama hatte Twitter einst als Wahlkampf-Instrument etabliert. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verzichtet bislang auf eine persönliche Präsenz bei Twitter. Allerdings ist ihr Sprecher Steffen Seibert hier seit gut einem Jahr aktiv.

Noch bevor Sarkozy seine Kampagne offiziell verkündete, erntete er Protest. Französische Eltern beklagen einen ungewollten Auftritt ihrer Kinder für den Staatspräsidenten. Sarkozy hatte vor einer Woche einer Kindertagesstätte im südfranzösischen Tarn einen Besuch abgestattet. Vor Fernsehkameras und Fotografen hatten die Drei- bis Fünfjährigen französische Fahnen geschwenkt und Nicolas Sarkozy zugejubelt. "Unsere Kinder wurden für Propaganda missbraucht", kritisierten die Eltern in einer Pressemitteilung. Der Bürgermeister, der das Treffen organisiert hatte, sprach hingegen von einer wichtigen Demokratie-Lektion für den Nachwuchs.