Birgit Homburger, Landeschefin der FDP in Baden-Württemberg, ruft ihre Partei vor dem wichtigen Dreikönigstreffen zum Aufbruch auf.

Berlin. Die Anspannung unter den Mitgliedern vor dem Dreikönigstreffen der FDP wächst. Birgit Homburger, Landeschefin der FDP in Baden-Württemberg, hat die von der Parteikrise gebeutelten Liberalen in Stuttgart zum Aufbruch aufgerufen. „2012 muss die Wende bringen“, sagte Homburger am Donnerstag vor 400 Delegierten auf dem Parteitag der baden-württembergischen FDP. „Schluss mit der Beißhemmung“, forderte die frühere Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion. Nach Personalquerelen und Umfrage-Tiefstwerten müsse solide Sacharbeit und der Angriff auf den politischen Gegner im Mittelpunkt stehen. Von dem Dreikönigstreffen müsse das Signal ausgehen, dass Schluss sei mit Selbstbeschäftigung. „Die Auferstehung der FDP beginnt hier und heute“, so Homburger. Zwar habe die Partei Mitglieder verloren, unter den verbliebenen wachse aber die Bereitschaft, sich zu engagieren, versicherte Homburger den Delegierten. In Baden-Württemberg kehrten im vergangenen Jahr gut acht Prozent der Mitglieder der FDP den Rücken.

+++ Generalsekretär Döring: "Rösler ist kein Kämpfer" +++
+++ Neuer Wirbel vor Dreikönigstreffen +++

Zum Auftakt des Landesparteitages kritisierte die Generalsekretärin Gabriele Heise vor allem die Finanzpolitik der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg. Die Koalition stehe für alles andere als eine verantwortungsvolle Finanzpolitik, sagte Heise. Der Landesparteitag findet traditionell am Tag vor dem Dreikönigstreffen der Bundespartei statt. Gastredner ist der Chef der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Brüderle. Beim Dreikönigstreffen am Freitag will Parteichef Philipp Rösler versuchen, der FDP einen Weg aus der Krise aufzuzeige, denn der Druck auf den Vorsitzenden wächst.

Immer mehr Stimmen aus der Parteispitze werden laut, die klare Forderungen an ihn formulieren: Bundesentwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) erwarte nicht viel weniger als eine Trendwende. Und auch der beim FDP-Mitgliederentscheid unterlegene Euro-Rebell Frank Schäffler mahnte Rösler: Die Parteiführung dürfe die Positionen großer Teile der aufbegehrenden Partei nicht einfach übergehen.

Derweil stimmt sich auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring auf Versöhnung ein. Seine Äußerungen über Rösler, er sie "kein Kämpfer" relativierte er wieder. In einem „stern“-Porträt über den 38-Jährigen wurden mehrere Zitate eines dreistündigen Gesprächs gedruckt, in denen er Rösler als „Wegmoderierer“ bezeichnet und betont, dieser sei kein Kämpfer. Die Aussagen verärgerten viele in der Partei. In einem Brief an die Mitglieder von Bundesvorstand und Fraktion betonte Döring, die Äußerungen, Wertungen und Deutungen seien „vollständig aus dem Zusammenhang eines längeren Gesprächs gerissen“. Das „Jeder-gegen-Jeden“ sei Rösler genauso zuwider wie ihm selbst, „weil er kein Kämpfer, sondern ein Wegmoderierer ist“, wird Döring wiedergegeben. Auf die Frage, ob Rösler im Überlebenskampf der Partei ein besserer Minister als Parteivorsitzender wäre, wird Döring mit den Worten zitiert: „Kann sein.“

In dem Schreiben an die FDP-Kollegen stellt Döring nun klar, er habe nichts anderes gesagt als in zahlreichen anderen Gesprächen: „Wir haben in der FDP-Führung unterschiedliche Temperamente, Stile und Tonalitäten. Und das ist gerade gut so.“ Rösler sei „ein hervorragender Vorsitzender – aber vom Stil her kein Raufbold, sondern in erster Linie Stratege und Motivator“. Dies bleibe seine Stärke. Döring versucht sich in dem Gespräch laut „Stern“ auch in Deutungen von Röslers Seelenleben und berichtet etwa, wie schlecht es Rösler im Herbst gegangen sei und wie dünnhäutig er geworden sei. Zu seiner eigenen direkten Art sagt Döring: „Ich bin rhetorisch so geschult, nicht die Girlanden zu winden, sondern durchzumarschieren.“

Forderungen gegenüber Rösler

Gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“, sagte Birgit Homburger: „Beim Dreikönigstreffen hat der Bundesvorsitzende die Chance, die Partei inhaltlich klar zu positionieren und ihr Profil zu schärfen.“ Die Lage würde sich nur verbessern, wenn man sich gemeinsam wieder den Zielen der Partei nährt. Mit Geschlossenheit und Sacharbeit. Das Bild der FDP müsse weg von der Reduktion auf eine reine Steuersenkungspartei. Die baden-württembergische Landesvorsitzende empfahl ihren Landesverband als Vorbild, der bei der Landtagswahl 2011 knapp über fünf Prozent der Stimmen gekommen war. Gleichzeitig stützte Homburger ihren Parteichef und widersprach dem neuen Generalsekretärs Patrick Döring, der Rösler einen „Wegmoderierer“ genannt hatte. Im Gegenteil, sagte Homburger, Rösler habe Kämpferqualitäten bewiesen.

Dirk Niebel forderte, die FDP müsse deutlich machen, dass sie die Partei der sozialen Marktwirtschaft und der sozialen Verantwortung sei. „Wir wollen, dass sich die Menschen aus ihrem eigenen Einkommen ihren Lebensunterhalt finanzieren können. Das müssen wir 2012 klar herausstellen.“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Unsere zentrale Botschaft muss sein: Wir sind wieder da! Wir haben aufgehört, uns mit uns selbst zu beschäftigen.“ Auf die Frage, ob er Nachfolger Röslers werden wolle, sagte Niebel: „Ich habe das bisher zu keinem Zeitpunkt angestrebt.“ Es gehe darum, Rösler zu stützen und die FDP wieder erfolgreich zu machen.

Der Euro-Rebell Schäffler, der mit dem von ihm initiierten Mitgliederentscheid die Parteiführung in eine schwere Bredouillie brachte, verlangte von Rösler, die Vorschläge zu einer Insolvenzordnung von Euro-Staaten zu unterfüttern. „Wenn wir Rettungsschirme haben, müssen sie befristet und im Volumen begrenzt sein sowie eine zwingende Gläubigerbeteiligung vorschreiben“, sagte Schäffler ebenfalls gegenüber der „Welt“. Er verweist darauf, dass sich der Parteichef bei der Mitgliederbefragung selbst verpflichtet hat. „Jetzt muss er diese Positionen in der Bundesregierung deutlich machen und auch durchsetzen“, sagte Schäffler.

Der schleswig-holsteinische Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki sagte, Rösler werde die FDP beim Dreikönigstreffen neu aufstellen und wieder angreifen. Die FDP müsse nach vorn schauen und stärker als bisher liberales Profil zeigen. Er sei sehr gespannt auf Röslers Rede. „Ein ’Weiter so’ darf es nicht geben“, sagte Kubicki der „Passauer Neuen Presse“. Der Chef der Jungen Liberalen, Lasse Becker, dämpfte die Erwartungen an Röslers Auftritt. Die Vorstellung, der Parteichef müsse in Stuttgart die Rede seines Lebens halten sei Quatsch, sagte Becker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Wenn das Magazin „Stern“ Döring mit der Aussage zitiere, Rösler sei kein Kämpfer, sei dies von „Interpretationslust“ geprägt. Der Generalsekretär habe zum Ausdruck gebracht, dass Rösler ein einfühlsamer, auf Moderation und Motivation bedachter Politiker sei.

Mit Material von dpa/dapd