Nach ihrem Streit haben sich die Justizministerin und Bischof Zollitsch geeinigt: Sie wollen künftig bei Missbrauchsfällen enger zusammenarbeiten.

Wochenlange hatten sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, mit Vorwürfen attackiert. Leutheusser-Schnarrenberger warf der katholischen Kirche mangelnden Aufklärungswillen beim Missbrauchsskandal vor und Zollitsch der Ministerin, dass sie "maßlos polemisiere“. Nun haben sich beide erstmals nach ihrem Streit getroffen und sind dabei doch noch auf einen gemeinsamen Nenner gekommen.

Staat und Kirche wollen bei der Aufklärung von sexuellem Missbrauch in katholischen Einrichtungen künftig enger zusammenarbeiten. Im Mittelpunkt müssten dabei immer die Opfer stehen, erklärten Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, nach einem Treffen am Donnerstag in Berlin. Den Betroffenen sei großes Leid zugefügt worden, hieß es in der gemeinsamen Erklärung. „Sie haben ein Recht auf eine ehrliche Aufklärung.“

Leutheusser-Schnarrenberger begrüßte die von der katholischen Kirche ergriffenen Maßnahmen zur Aufklärung der Missbrauchsfälle. Die in Arbeit befindliche Änderung der Leitlinien müsse zum Ausdruck bringen, dass die innerkirchlichen Maßnahmen die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht behindern dürften. Staatliche Behörden seien bei Missbrauchsverdacht einzuschalten. Erzbischof Zollitsch bekräftigte, dass dem Opferschutz eine besondere Bedeutung beigemessen werde.

Grünen-Chefin Claudia Roth erklärte anlässlich des Treffens in Berlin: „Wir brauchen eine Aufklärung nach rechtsstaatlichen Regeln, die im Verdachtsfall unmittelbar wirksam wird, und nicht erst dann, wenn ein päpstliches Geheimverfahren das für richtig hält.“

Unterdessen ging in der Debatte um die Misshandlungsvorwürfe gegen den Augsburger Bischof Walter Mixa die heutige Leitung des Kinderheims in Schrobenhausen einem Bericht zufolge auf Distanz zu dem hohen Geistlichen. Der heutige Stadtpfarrer Josef Beyrer und der Heimleiter Herbert Reim haben der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge die Männer und Frauen angeschrieben, die Mixa vorwerfen, er habe sie als früherer Stadtpfarrer geschlagen. „Wir möchten Ihnen an dieser Stelle versichern, dass wir Ihre Vorwürfe ernst nehmen“, heißt es dem Bericht zufolge in dem Schreiben. „Leider haben wir keinen Einfluss darauf, wie Herr Bischof Dr. Mixa mit Ihren Vorwürfen umgeht.“

Nach Darstellung des ARD-Magazins „Panorama“ gibt es inzwischen eine achte eidesstattliche Erklärung, in dem eine Frau Misshandlungsvorwürfe gegen Mixa erhebt. Sie hatte den Angaben zufolge 1971 den Firmunterricht bei Walter Mixa besucht, der damals Dorfpfarrer in dem Ort Weilach war. „Er hat mich mehrmals geschlagen, mit der flachen Hand ins Gesicht“, versichert die Frau laut „Panorama“ an Eides statt, und führte weiter aus: „Ich musste mich bei ihm entschuldigen und seine Hand küssen.“

Das Augsburger Bistum weist alle Vorwürfe gegen Mixa zurück. Sie würden „nicht wahrer, indem man sie permanent wiederholt oder dass sie zahlenmäßig durch die ein oder andere anonyme eidesstattliche Erklärung ergänzt werden“, sagte Bistumssprecher Dirk Hermann Voß Anfang der Woche zu „Panorama“.

Anlässlich des am Donnerstag in Berlin tagenden „Runden Tischs Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren“ forderten 300 ehemalige Heimkinder mit einer Demonstration eine Beteiligung an dem Gremium. Die Demonstranten führten eine drei Meter hohe „Prügel-Nonne“ mit Kruzifix und Rohrstock bei sich, um auf Misshandlungen auch in kirchlichen Einrichtungen aufmerksam zu machen.