Die SPD-Chefin von Nordrehin-Westfallen geht davon aus, dass ein Viertel der Hartz-IV-Empfänger nie mehr einen regulären Job finden wird.

Frankfurt/Main. Die nordrhein-westfälische SPD-Chefin Hannelore Kraft will Langzeitarbeitslose zu gemeinnütziger Arbeit heranziehen. Hartz-IV-Empfänger könnten zum Beispiel in Altenheimen oder Sportvereinen eingesetzt werden, sagte Kraft im „Spiegel“. CDU, FDP und Linke reagierten auf den Vorstoß mit scharfer Kritik, aus der SPD kam Unterstützung für den Vorschlag. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte unterdessen die Prüfung von Sachleistungen für Hartz-IV-Kinder an.

Kraft sagte: „Wir müssen so schnell wie möglich einen gemeinwohl-orientierten Arbeitsmarkt aufbauen.“ Hartz-IV-Empfänger ohne Aussicht auf reguläre Arbeit sollten „die Chance bekommen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Gesellschaft etwas zu leisten“. Als Lohn für die langfristige Beschäftigung in gemeinnützigen Jobs reiche ein symbolischer Aufschlag auf die Hartz-IV-Sätze, der ohne Mehrkosten für den Staat realisierbar sei. „Wir müssen endlich ehrlich sein: Rund ein Viertel unserer Langzeitarbeitslosen wird nie mehr einen regulären Job finden“, wird Kraft zitiert.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner erklärte, Krafts Äußerungen entlarvten, „dass die SPD die von Guido Westerwelle angestoßene Sozialstaatsdebatte bisher als Wahlkampfpolemik instrumentalisiert hat“. Mit den Äußerungen von Kraft gestehe die SPD erstmals ein, dass es im Sozialstaat einen Erneuerungsbedarf gebe. Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) warf Kraft vor, sie kenne ihr eigenes Bundesland nicht. „Bereits heute arbeiten mehr als 70.000 Menschen in solchen Jobs“, erklärte Laumann. Es sei unerträglich, „dass Frau Kraft einem Viertel der rund 570.000 Hartz-IV-Empfängern keine Chance mehr einräumt. Damit schreibt die SPD-Vorsitzende fast 150.000 Menschen in Nordrhein-Westfalen ab.“ Auch der stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, kritisierte die Forderung von Kraft.

Dagegen begrüßte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles Krafts Vorschlag. „Der gemeinnützige oder soziale Arbeitsmarkt muss eine klare Alternative zu den Ein-Euro-Jobs sein“, sagte sie laut „Spiegel online". Sie betonte aber, dass es sich um ein „freiwilliges Angebot“ handeln müsse. Ähnlich äußerte sich im „Kölner Stadt-Anzeiger“ der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil. Merkel kündigte an, die Bundesregierung werde „prüfen, wie kinderspezifische Bedarfe am besten abgegolten werden können, also auch durch Sachleistungen wie schulische Angebote und nicht nur durch Transferzahlungen“. Außerdem sollten Bezieher des Arbeitslosengelds II bessere Anreize bekommen, wieder in das Arbeitsleben einzusteigen, sagte sie im „Kölner Stadt-Anzeiger“.