Im Kampf gegen die Taliban benutzt die Nato in Afghanistan dem „Stern“ zufolge Todeslisten. Auch die Bundeswehr soll daran beteiligt sein.

Hamburg. Die Nato-Truppen in Afghanistan führen nach einem Bericht des Magazins „Stern“ geheime „Todeslisten“, um Taliban- Kommandeure auf hoher und mittlerer Ebene aufzuspüren, gefangen zu nehmen oder zu töten. Der „Stern“ berichtet in seiner neuen Ausgabe, bei solchen Operationen sei neben US-Spezialeinheiten das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr beteiligt. Im Einsatzführungskommando in Potsdam werde darüber entschieden, wen die Deutschen auf diese Listen setzten. Die endgültige Genehmigung erteile dann das Hauptquartier der Nato-geführten Internationalen Schutztruppe ISAF in Kabul.

Laut „Stern“ würden Aufständische auf den Listen in den Kategorien „c“ und „c/k“ geführt, wobei „c“ für „capture“ (ergreifen) und „k“ für „kill“ (töten) stehe. Als Beleg für Existenz und Verwendung dieser Listen führt das Magazin „Dokumente und Aussagen von Beteiligten“ an. Näher erläutert werden die Quellen nicht. Das Magazin schreibt weiter: „Die Bundeswehr trägt angeblich nur Zielpersonen in die Liste ein, die gefangen genommen werden sollen.“ Diese Informationen seien aber auch Nato-Partnern zugänglich, deren Spezialeinheiten gezielt töteten.

Dem Bericht zufolge benutzen amerikanische Spezialkräfte (Special Operations Forces/SOF) den deutschen Stützpunkt in Masar-i-Scharif für ihre Einsätze. Die Stationierung von 300 US-Elitekämpfern sei vom Pentagon Anfang August 2009 beantragt worden, ohne dass der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung und das Bundeskanzleramt darüber informiert worden seien, schreibt der „Stern“. Erst nach dem vom Bundeswehroberst Georg Klein angeordneten Bombardement in Kundus im vergangenen September, bei dem neben Taliban-Kämpfern auch Zivilisten starben, seien die politisch Verantwortlichen in Berlin aufgeklärt worden.

Zu dem umstrittenen Luftangriff wurde mittlerweile ein Untersuchungsausschuss eingesetzt. Oberst Klein will ihm heute umfassend Rede und Antwort stehen. Das kündigte sein Anwalt Bernd Müssig unmittelbar vor der Ausschusssitzung in einer schriftlichen Erklärung an.