Der Präsident des obersten deutschen Gerichts, Hans-Jürgen Papier, zeigt zugleich Sympathie für Länderfusionen.

Hamburg. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat mehr Finanzautonomie für die Bundesländer gefordert.

„Man könnte etwa den Bundesländern in stärkerem Maße originäre Einnahmequellen verschaffen, zum Beispiel eigene Steuern“, sagte Papier dem "Hamburger Abendblatt" (Silvester-Ausgabe). „Man könnte den Ländern auch die Möglichkeit geben, bei den großen Gemeinschaftssteuern wie der Einkommenssteuer eigenständig Aufschläge oder Abschläge zu erheben.“

Hans-Jürgen Papier im Abendblatt-Interview

Die finanzpolitische Eigenverantwortlichkeit der Länder sei „leider sehr gering“, kritisierte der Präsident. Die Föderalismuskommission habe die Aufgabe, die föderale Finanzverfassung zu reformieren, nicht gelöst. Papier forderte: „Wir sollten auch hier mehr Föderalismus wagen.“

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Der Präsident lehnte es ab, den Länderfinanzausgleich infrage zu stellen. „Die Bundesländer sind bislang unterschiedlich groß und ökonomisch unterschiedlich stark“, sagte er. „Solange nicht alle aus eigener Kraft überleben können, ist ein Finanzausgleich deshalb unumgänglich.“ Papier zeigte zugleich Sympathie für die Zusammenlegung von Bundesländern. „Eine Zusammenlegung könnte Bundesländern helfen, aus eigener Kraft finanzpolitisch zu überleben“, so der Präsident. „Allerdings sehe ich, dass Länderfusionen derzeit politisch nicht durchsetzbar sind.“

Papier ermahnte Bund und Länder eindringlich zur Begrenzung der Staatsverschuldung. Einnahmen und Ausgaben „müssen künftig in der Regel ohne Kreditaufnahme ausgeglichen sein“, sagte der Jurist. „Ansonsten könnte das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.“ Die neue Schuldenbremse mache „Staatshaushalte, die von den absoluten Vorgaben abweichen, verfassungswidrig“. Den politischen Akteuren werde „nichts anderes übrig bleiben, als das selbst gesetzte Ziel einzuhalten“.

Der Bundesrichter eine „Politik der Schuldenbegrenzung und des Schuldenabbaus“, die alle Staatsaufgaben „auf den kritischen Prüfstand“ hebe. Die Verschuldung der öffentlichen Hand sei mittlerweile enorm, kritisierte der Gerichtspräsident. Es sei „unausweichlich“, dass sich Bund, Länder und Kommunen der Frage stellten, welche Aufgaben sie noch wahrnehmen könnten und welcher sie sich entledigen müssten. „Das wird eine der zentralen politischen Entscheidungen der nächsten Jahrzehnte sein.“ Dabei dürfe „nicht nach dem Kriterium des Wünschbaren“, sondern es müsse „nach dem Kriterium des Notwendigen“ entschieden werden.