Die Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, will sich mehr für die Religionsfreiheit einsetzen.

Berlin/Hannover. Nach dem Schweizer Referendum gegen den Minarettbau hat die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, Moscheen als „Teil unserer Wirklichkeit“ gewürdigt. Die Gotteshäuser von Menschen nicht zu respektieren, bedeute auch, die Menschen nicht zu respektieren, sagte Käßmann am Donnerstagabend in Berlin laut Manuskript bei der Vorstellung des neuen Rates der EKD. Die hannoversche Landesbischöfin steht seit Ende Oktober an der Spitze der 25 Millionen Protestanten in Deutschland.

Bei einer Volksabstimmung am vergangenen Sonntag hatten 57,5 Prozent der Schweizer für ein Bauverbot für Minarette in der Verfassung gestimmt. Eine Gruppe rechtsnationaler Politiker hatte die Initiative gestartet.

Religion dürfe Konflikte nicht verschärfen, sondern müsse sie entschärfen, sagte Käßmann. Politische Agitation dürfe nicht durch Religion geschürt werden. Das Referendum habe aber auch gezeigt, dass ein offener Dialog zwischen den Religionen dringend notwendig sei. Zugleich forderte Käßmann, die Ängste vor dem Islam ernst zu nehmen. „Wer in unserem Land lebt, hat seine Verfassung zu respektieren“, betonte die Ratsvorsitzende. Zugleich müsse deutlich sein, dass das Recht der freien Religionsausübung für alle gelte.

Käßmann bezeichnete es als zentrale Aufgabe der EKD, für den Schutz und die Entfaltung der Menschenrechte und damit für ein weltweites Zusammenleben in Freiheit und Gerechtigkeit einzutreten. Angehörige religiöser Minderheiten litten unter massiver Bedrängnis. Deshalb werde die EKD im kommenden Jahr erstmals einen „Tag der verfolgten Christen“ begehen.

Beim Festakt zur Vorstellung des neuen Rates und zur Verabschiedung der bisherigen Ratsmitglieder warb der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, dafür, dass sich beide großen Kirchen weiter gemeinsam gesellschaftlich einmischen. Christen müssten sich für die Grundlagen eines guten und lebenswerten menschlichen Miteinanders in der heutigen Gesellschaft und für die künftigen Generationen einsetzen. „Mischen wir uns ein! Schämen wir uns nicht, Christ zu sein!“ sagte er.

Der katholische Erzbischof verwies auf das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Ladenöffnung an Sonntagen. Dabei habe sich gezeigt, dass sich der Einsatz beider Kirchen zusammen lohne. Das höchste deutsche Gericht hatte das Berliner Ladenschlussgesetz zum Teil gekippt und eine Ladenöffnung an allen vier Adventssonntagen untersagt. Die Kirchen hatten gegen das Gesetz geklagt.

Der neue Rat der EKD wurde Ende Oktober bei der EKD-Synode in Ulm gewählt. Er hat derzeit 14 Mitglieder. Die Präses der Synode, Katrin Göring-Eckardt, gehört dem Rat automatisch durch ihr Amt an. Ein Platz blieb unbesetzt, weil sich für keinen der verbliebenen Kandidaten eine ausreichende Mehrheit fand. Die Nachwahl soll bei der Synode im November 2010 erfolgen. Dem Rat gehören leitende Geistliche und Theologen aus den Landeskirchen sowie Laien an.